Haftung des Anlageberaters

Anlageberater treffen besondere Aufklärungspflichten zu Finanzprodukten. Insbesondere müssen sie auf mögliche Risiken hinweisen. Komplizierte, nicht standardisierte Anlagen, bei denen die Rückzahlung nicht sicher ist, dürfen nicht als sicher bezeichnet werden, so der BGH.

Insgesamt 36.000 Euro investierte eine ehemalige Musiklehrerin in fünf Datenspeichersysteme. Eingefädelt wurde das Geschäft von einem Finanzberater, der das Unternehmen, das Datenspeichersysteme vermietet, mit der Anlegerin zusammenbrachte. Die Anlegerin kaufte die Systeme und überließ diese dann vertragsgemäß dem Unternehmen. Der Vertrag sah einen bedingten Rückkauf durch das Unternehmen nach 36 Monaten vor.

Gesellschaft wurde insolvent – Verdacht auf Schneeballsystem

Die Anlage entwickelte nicht so, wie von der Anlegerin erwartet. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde etwa eineinhalb Jahre nach dem Vertragsabschluss das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter äußerte den Verdacht, das Unternehmen habe ab 2012 eine Art Schneeballsystem, also kein reales Geschäft betrieben, sondern die Einzahlungen neuer Kunden/Vertragspartner dazu genutzt, alte Vertragspartner zu bezahlen.

Anlageberater weist nicht auf die Risiken der Anlage hin

Die Anlegerin zog vor Gericht, sie fühlte sich getäuscht. Der Anlageberater habe die Anlage ihr gegenüber in einem persönlichen Gespräch als „bombensicher“ beschrieben. Sie habe die Kauf- und Überlassungsverträge aufgrund der Zusicherung und der unterlassenen Risikohinweise des beklagten Anlageberaters sowie aufgrund der Bestätigungen des Wirtschaftsprüfers gezeichnet.

Der Anlageberater verteidigte sich unter anderem damit, die Frau habe sich über ihre Schwester und deren Ehemann bereits mit der Anlage befasst. Die Risiken seien ihr bekannt gewesen. Eine längerfristige Anlage mit weniger Risiko und geringerer Rendite sei nicht gewünscht gewesen.

Oberlandesgericht sah keine Pflichtverletzung des Anlageberaters

Das Landgericht Stuttgart hatte der Klage der Anlegerin auf Zahlung von gut 25.000 Euro stattgegeben, das Oberlandesgericht (OLG) sie im Berufungsverfahren jedoch abgewiesen. Zwar sei zwischen Anlegerin und Berater bezüglich der Geldanlage ein Auskunftsvertrag geschlossen worden. Eine Pflichtverletzung des Anlageberaters sah das OLG allerdings nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) kam zu einer anderen Einschätzung und hob das Urteil des OLG auf. Das Berufungsgericht habe sich in den Gründen seiner Entscheidung nicht mit der Aussage der Klägerin befasst, wonach der Anlageberater die Anlage als „bombensicher“ beschrieben habe.

BGH: Riskante Anlage darf nicht sicher oder bombensicher bezeichnet werden

Bei den Verträgen zum bedingten Rückkauf des Storage-Systems durch das Unternehmen hätte auch im Falle redlichen Verhaltens der Geschäftsführer der Gesellschaft keinesfalls die Gewissheit bestanden, dass die Frau ihr investiertes Geld in vollem Umfang zurückbekommen werde. Infolgedessen könne solch eine Kapitalanlage nicht als „sicher“ und schon gar nicht als „bombensicher“ bezeichnet werden.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der Äußerungen der Klägerin zu einer anderen, für die Klägerin günstigeren Beurteilung gekommen wäre, so der BGH.

(BGH, Urteil v. 5.5.2022, III ZR 327)


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