Rn. 254

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Bei den sonstigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt (§ 12 Nr 4 EStG Alt 2), handelt es sich vor allem um die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74ff StGB). Nicht erfasst ist dagegen regelmäßig die Einziehung von Taterträgen (früher "Verfall", §§ 73ff StGB). Die neue Terminologie beruht auf dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung v 13.04.2017 (BGBl I 2017, 872). Mit diesem Gesetz ist die strafrechtliche Vermögensabschöpfung mit Wirkung zum 01.07.2017 reformiert worden. Die neuen Regelungen finden auf sämtliche Fälle Anwendung, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht rechtkräftig entschieden worden sind (Art 316h EGStGB).

 

Rn. 255

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Eine Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten liegt vor, wenn eine strafgerichtliche Entscheidung anordnet, dass das Eigentum an einer Sache oder die Inhaberschaft an einem Recht auf den Staat übergeht (§ 74 Abs 1 u Abs 2 StGB iVm § 75 Abs 1 S 1 StGB), weil

  • die Sache oder das Recht durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht worden ist (Tatprodukte) oder
  • die Sache oder das Recht zur Begehung oder Vorbereitung einer Straftat gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist (Tatmittel) oder
  • sich die Sache oder das Recht auf eine Straftat bezieht (Tatobjekte).

Betroffen sein können beispielsweise gefälschte Münzen oder Urkunden, die durch die Straftat hervorgebracht wurden, oder das Fluchtfahrzeug bzw die Waffe, mit der die Tat begangen wurde. Eingezogen werden kann auch der Wertersatz, wenn der Gegenstand vor der Entscheidung über die Einziehung veräußert oder verbraucht oder die Einziehung auf andere Weise vereitelt worden ist (§ 74c Abs 1 StGB).

 

Rn. 256

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Die Einziehung hat Strafcharakter, wenn der eingezogene Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehört oder zusteht (§ 74 Abs 3 S 1 StGB) oder dieser ihn vorher verwertet hat (§ 74c Abs 1 StGB). In diesen Fällen greift das Abzugsverbot des § 12 Nr 4 EStG ein. Dagegen hat die Einziehung keinen Strafcharakter, wenn die Einziehung nur deshalb erfolgt, weil der Gegenstand seiner Art nach und nach den Umständen die Allgemeinheit gefährdet oder die Gefahr besteht, dass der Gegenstand der Begehung rechtswidriger Taten dienen wird (§ 74b Abs 1 StGB, sog Sicherungseinziehung). Es handelt sich in diesen Fällen nicht um eine repressive, sondern um eine präventive Maßnahme mit ordnungsrechtlichem Charakter. Dies zeigt sich an § 74b Abs 1 Nr 1 StGB, wonach eine Einziehung in diesen Fällen auch zulässig ist, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat. Liegt eine Einziehung gemäß § 74b Abs 1 StGB vor, greift das Abzugsverbot gemäß § 12 Nr 4 EStG nicht ein. Gleiches gilt für das Unbrauchbarmachen von Vorrichtungen zur Herstellung von Verkörperungen mit strafbarem Inhalt (§ 74d Abs 1 S 2 StGB).

 

Rn. 257

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten ist von der Einziehung von Taterträgen (nach früherer Terminologie sog "Verfall", vgl §§ 73ff StGB) abzugrenzen. Die Einziehung von Taterträgen wird bezüglich Gegenständen (§ 73 Abs 1 StGB) und Nutzungen (§ 73 Abs 2 StGB) angeordnet, die der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für eine solche erlangt hat. Hierbei handelt es sich um Vermögensvorteile aus Straftaten, beispielsweise um die Erlöse aus einem Betäubungsmittelhandel. Die Einziehung der Taterträge kann auch den Wertersatz umfassen (§ 73c StGB). Die Anordnung der Einziehung von Taterträgen hat regelmäßig keinen Strafcharakter. Es handelt sich um eine quasi-kondiktionelle Abschöpfungsmaßnahme, mit der dem Täter oder Teilnehmer auf öffentlich-rechtlichem Weg das rechtswidrig Erlangte abgenommen wird (BT-Drucks 18/9525, 55). § 12 Nr 4 EStG greift in diesen Fällen nicht ein. Der Strafcharakter soll ausnahmsweise gegeben sein, wenn es sich um Tatentgelte handele, die aus dem Vermögen eines Tatbeteiligten stammen (BT-Drucks 10/1314, 6).

 

Rn. 258

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Diese Grundsätze sind nicht nur für das bis 1992 für den Verfall geltende Nettoprinzip (mit dem Verfall konnte nur der Nettoerlös aus der Straftat abgeschöpft werden; vgl dazu ausführlich BFH IV R 31/99, BStBl II 2001, 536; auch BFH VIII R 1/85, BStBl II 1987, 212), sondern auch für das ab 1992 (Gesetz zur Änderung des AußenwirtschaftsG, des StGB und andere Gesetze v 28.02.1992, BGBl I 1992, 372) geltende Bruttoprinzip (es wird alles eingezogen, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat) anwendbar (BFH X R 23/12, BStBl II 2014, 684 mit Hinweis auf BVerfG 2 BvR 564/95, NJW 2004, 2073; BGH 1 StR 115/02, NJW 2002, 3339 und BGH 1 StR 46/06, NJW 2006, 2500). Zur Umsetzung des Bruttoprinzips bestimmt § 73d Abs 1 S 2 Hs 1 StGB, dass dasjenige, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, strafrechtlich nicht abzugsfähig ist. Abzugsfähig bleiben dagegen Leistungen zur Erfüllung ...

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