Leitsatz

Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet Arbeitgebern auch bei der Gewährung von Weihnachts- und Urlaubsgeld willkürliche Maßstäbe anzulegen und seine Arbeitnehmer ungleich zu berücksichtigen, sofern nicht eine sachgerechte und billigenswerte Differenzierung vorgenommen wird und dies für die Mitarbeiter auch erkennbar ist. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt daher vor, wenn bei einem Fruchtgroßhandel beschäftigten Lagerarbeitern und Lastwagenfahrern seit über 10 Jahren Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt wurde, nicht jedoch den Obstsortiererinnen. Die Firma begründete im Prozess die unterschiedliche Behandlung bei der Gewährung von Gratifikationen mit dem gesteigerten betrieblichen Interesse , bei den Lagerarbeitern und Lastwagenfahrern Fluktuationen zu vermeiden, wohingegen dieses Interesse bei den Obstsortiererinnen nicht gegeben sei, da diese auf dem Arbeitsmarkt jederzeit zur Verfügung stünden und eine Einarbeitungszeit nicht erforderlich sei. Das BAG ließ die Gründe jedoch nicht gelten, denn die Firma habe mit der Urlaubs- und Weihnachtsgeldregelung gegenüber der Belegschaft erkennbar gemacht, den erhöhten finanziellen Bedarf der Arbeitnehmer während der Urlaubs- und Weihnachtszeit teilweise abzugelten. Derartige erhöhte Aufwendungen fielen aber auch bei den Obstsortiererinnen an. Zwar sei auch die Betriebstreue ein zulässiges Differenzierungskriterium , dieses Kriterium wird aber ebenfalls von allen Mitarbeitern erfüllt, die arbeitsvertraglich vereinbart zu einem bestimmten Stichtag beschäftigt sind. Es können daher nur Unterscheidungsmerkmale für eine Gruppenbildung berücksichtigt werden, wenn sie für den Mitarbeiter erkennbar waren oder rechtzeitig offengelegt wurden. Der Arbeitgeber hatte seine Absicht, die Lagerarbeiter und Lastwagenfahrer durch die Gratifikationen langfristig an den Betrieb zu binden, nicht rechtzeitig zum Ausdruck gebracht, etwa mittels einer Vereinbarung von Rückzahlungsvorbehalten. Im übrigen stellt das Interesse des Arbeitgebers, bestimmte Gruppen der Belegschaft zu binden, nur hinsichtlich der unterschiedlichen Höhe, nicht aber des völligen Ausschlusses der Gratifikation einen sachlichen Grund dar. Die vollständige Nichtberücksichtigung der Obstsortiererinnen war somit in keinem Fall sachlich gerechtfertigt ( → Weihnachts-/Urlaubsgeld ).

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 27.10.1998, 9 AZR 299/97

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