Leitsatz

Die im Anschluss an die Umwandlung einer Organgesellschaft in eine Personengesellschaft erzielten und mit Gewerbesteuer belasteten Veräußerungs- und Aufgabegewinne unterliegen der Steuerermäßigung des § 35 Abs. 2 EStG.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, § 35 EStG, § 2, § 7 Satz 2 GewStG, § 3, § 4, § 5 Abs. 2, § 18 Abs. 4 UmwStG 1995, § 18 Abs. 4 UmwStG 2002, § 18 Abs. 3 UmwStG 2006, § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 68 Satz 1, § 121 Satz 1, § 127 FGO

 

Sachverhalt

Eine Organgesellschaft (GmbH) war im Jahr 2002 formwechselnd in eine GmbH & Co. KG (Tochter-KG) umgewandelt worden. Im Jahr 2005 veräußerte die alleinige Gesellschafterin und frühere Organträgerin (eine Holding-KG) die Kommanditanteile an der Tochter-KG sowie die Anteile an deren Komplementär-GmbH an einen Investor. Der dabei erzielte Veräußerungsgewinn wurde in den Gewerbeertrag der Tochter-KG einbezogen. Den auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Teil des Gewerbesteuermessbetrags berücksichtigte das FA allerdings im Gewinnfeststellungsbescheid für die Tochter-KG nicht bei der Fest­stellung des nach § 35 EStG anrechenbaren GewSt-Messbetrags und bezog sich dazu auf § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG damaliger Fassung (heute: § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG).

Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.6.2012, 3 K 2236/09, Haufe-Index 3274863, EFG 2012, 1946) hielt diese Handhabung für richtig.

 

Entscheidung

Anders sah es der BFH. Nach § 18 Abs. 3 UmwStG heutiger Fassung der GewSt unterliegende Veräußerungsgewinne seien grundsätzlich von der Anrechnung nach § 35 EStG ausgenommen. Zwar ergebe sich hier die Einbeziehung in den Gewerbeertrag aus dem vorrangigen § 7 Satz 2 GewStG. Die Wertung des § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG sei aber im Wege einer teleologischen Reduktion auch bei Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG zu berücksichtigen. Dennoch sei der betreffende GewSt-Messbetrag anrechenbar, weil von der Anrechnung nur solche Gewinne ausgeschlossen sein sollten, die bei der umgewandelten Kapitalgesellschaft der GewSt unterlegen hätten und keiner Anrechnung zugänglich gewesen seien. Sei die umgewandelte Kapitalgesellschaft aber – wie hier – Organgesellschaft einer zur Anrechnung befugten Organträgerin, hätte der Gewinn auf der Ebene der Organträgerin der GewSt unterlegen und wäre nach § 35 EStG anrechenbar gewesen.

 

Hinweis

1. Nach § 18 Abs. 3 UmwStG (früher Abs. 4) unterliegen Gewinne aus der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs einer Personengesellschaft sowie aus deren Veräußerung eines Teilbetriebs oder von Anteilen an der Personengesellschaft der GewSt, wenn die Personengesellschaft zuvor innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren durch Umwandlung aus einer Kapitalgesellschaft hervorgegangen ist. Damit soll verhindert werden, dass die bei einer Betriebsveräußerung der vormaligen Kapitalgesellschaft entstehende GewSt durch vorherige Umwandlung in eine Personengesellschaft umgangen werden kann. Zusätzlich bestimmt § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, dass der auf einen solchen Gewinn entfallende GewSt-Messbetrag nicht zur Anrechnung nach § 35 EStG führt. Der BFH hat den Ausschluss von der Anrechnung damit gerechtfertigt, dass die bei Veräußerung des Betriebs der vormaligen Kapitalgesellschaft anfallende GewSt ebenfalls nicht hätte angerechnet werden können (BFH vom 15.4.2010, IV R 5/08, BFH/NV 2010, 1926).

2. Der Urteilsfall betrifft einen Sachverhalt, in dem der Gewinn aus der Betriebsveräußerung der Kapitalgesellschaft allerdings doch zur Anrechnung nach § 35 EStG geführt hätte. Denn die Kapitalgesellschaft war Organtochter einer KG. Der Gewinn aus der Betriebsveräußerung wäre bei der KG zu erfassen gewesen, hätte bei dieser eine GewSt ausgelöst und hätte zur Feststellung eines anrechenbaren GewSt-Messbetrags nach § 35 EStG geführt. Die Anteilseigner der KG wären dadurch in den Genuss der Anrechnung gekommen. Würde man in einem solchen Fall die Anrechnung der GewSt auf den nach der Umwandlung entstandenen Gewinn versagen, käme es zu einer höheren Steuerbelastung, als wenn die Kapitalgesellschaft ihren Betrieb veräußert hätte. Dafür bietet § 18 Abs. 3 UmwStG keine Grundlage.

3. Soweit nicht natürliche Personen an einer Personengesellschaft beteiligt sind, werden Veräußerungs- und Aufgabegewinne nach § 7 Satz 2 GewStG ohnehin in den Gewerbeertrag einbezogen. Der diesbezügliche GewSt-Messbetrag kann bei doppelstöckigen Personengesellschaften für die mittelbar beteiligten natürlichen Personen zur Anrechnung führen. Liegen für den betreffenden Gewinn zugleich die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 UmwStG vor, soll ein daraus folgendes Anrechnungsverbot nach Meinung des BFH trotz der systematischen Vorrangigkeit des § 7 Satz 2 GewStG durchgreifen, um eine bewusste Umgehung des Anrechnungsverbots zu vermeiden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.5.2015 – IV R 27/12

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