Rz. 13

Erkennt die zentrale Stelle nachträglich, d. h. nach Auszahlung, dass der Zulageanspruch ganz oder teilweise nicht besteht, also von vornherein nicht bestanden hat oder zwar zunächst bestanden hat, dann aber weggefallen ist, so hat sie die zu Unrecht gewährte Zulage zurückzufordern (§ 90 Abs. 3 S. 1 EStG). Dies ist grundsätzlich innerhalb der Festsetzungsfrist möglich, die nicht vor Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Antrag nach § 89 EStG gestellt worden ist.[1] Ab dem Beitragsjahr 2019 gelten für die zentrale Stelle allerdings Fristen, innerhalb derer sie den Zulageanspruch überprüfen und zu Unrecht gewährte Zulagen zurückfordern darf (Rz. 13b).

Die Gründe, die zu der Kenntnis aufseiten der zentralen Stelle geführt haben, aus denen sich ergibt, dass der Anspruch auf Zulage entweder nicht oder nicht in der zunächst ermittelten Höhe besteht, nennt § 90 Abs. 3 S. 1 EStG bislang nicht. Im Zuge des JStG 2022 stellt der Gesetzgeber klar, dass ab Vz 2024 nur neue, berichtigte oder stornierte Daten, die die zentrale Stelle im Rahmen des Datenaustauschs erhält, zu einer neuen Erkenntnis führen.

Nach seiner Konzeption ist § 90 Abs. 3 EStG als Ausnahme zur Regel des § 90 Abs. 2 EStG zu verstehen; der weit überwiegende Teil der Zulageberechtigten macht bei Antragstellung korrekte Angaben, sodass sich diese bei Überprüfung bestätigen. Insbesondere für die Konstellationen, in denen die Angaben des Zulageberechtigten sich im Überprüfungsverfahren nicht bestätigten, kam bislang § 90 Abs. 3 EStG zur Anwendung. Diese Konstellationen werden durch die Neuregelung des § 90 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG zum 1.1.2024 und der dahingehenden Verschiebung des Auszahlungszeitpunkts künftig ausgeschlossen.

Eine Rückforderung nach § 90 Abs. 3 EStG bleibt ungeachtet dessen möglich, wenn der Anspruch rückwirkend wegfällt oder sich vermindert. Eine solche Änderung der Verhältnisse muss der Zulageberechtigte dem Anbieter im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten (§ 89 Abs. 1 S. 5 EStG) mitteilen, so z. B. beim Wegfall des Kindergelds für ein Kind, für das Kinderzulage beantragt wird (§ 89 EStG Rz. 19). Der Anbieter übermittelt der zentralen Stelle die Änderung der Verhältnisse per Datensatz (§ 89 Abs. 2 S. 3 EStG).

Die Auszahlung begründet aufseiten des Zulageberechtigten keinen Vertrauensschutz dahingehend, die einmal ausgezahlte Zulage behalten zu dürfen.[2] Die derartige Konzeption des Verfahrens ist verfassungsgemäß.[3]

 

Rz. 13a

Abzugrenzen sind die unter § 90 Abs. 3 EStG zu fassenden Fallkonstellationen von denen einer schädlichen Verwendung (§ 93 EStG). Während erstgenannte Vorschrift die Rückforderung zu Unrecht gewährter Zulagen betrifft, normiert § 93 Abs. 1 S. 1, 2 EStG eine spezielle Rückzahlungsverpflichtung, wenn bzw. soweit gefördertes Altersvorsorgevermögen nicht zweckgerecht verwendet wird (§ 93 EStG Rz. 2). Das Verfahren bei schädlicher Verwendung regelt § 94 EStG.

 

Rz. 13b

Mit der Neufassung des § 90 Abs. 3 S. 1 EStG durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BetrRSG) v. 17.8.2017[4] wurden der zentralen Stelle Fristen für die Überprüfung des Zulageanspruchs und die Rückforderung zu Unrecht gewährter Zulagen vorgegeben. Die hiermit einhergehende Fristverkürzung wurde durch die Verkürzung der Frist für die Abgabe der Einwilligung nach § 10a Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 EStG für Besoldungsempfänger und Gleichgestellte (§ 10a EStG Rz. 51b) ermöglicht.[5] Diese Fristen gelten ab dem Beitragsjahr 2019 und sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung die für Rückforderungen allein maßgeblichen sein.[6]

Unter Geltung des neuen Fristenregimes darf die zentrale Stelle den Zulageanspruch nur bis zum Ende des zweiten auf die Ermittlung der Zulage (Rz. 3) folgenden Jahres überprüfen. Erkennt die zentrale Stelle, dass der Zulageanspruch ganz oder teilweise nicht besteht oder weggefallen ist, muss sie zu Unrecht gutgeschriebene oder ausgezahlte Zulagen zurückfordern.

Die Jahresfrist für die Rückforderung knüpft an den Zeitpunkt der Erkenntnis aus dem Überprüfungsverfahren an. In der Praxis hat sie aber regelmäßig keine Bedeutung: Nach der Konzeption des Überprüfungsverfahrens wird umgehend nach der maschinellen Prüfung das geänderte Ermittlungsergebnis dem Anbieter per Datensatz mitgeteilt. Ein Überschreiten der Frist für die Rückforderung nach § 90 Abs. 3 S. 1 EStG kommt im Regelfall also nicht zum Tragen.

 

Rz. 13c

Die Fristen des § 90 Abs. 3 S. 1 EStG sind für jeden Zulageanspruch gesondert zu betrachten. Anknüpfungspunkt ist stets der Zeitpunkt der Ermittlung der jeweiligen Zulage. Ein Gleichlauf der Fristen für den unmittelbar Zulageberechtigten (§ 79 S. 1 EStG) sowie den mittelbar zulageberechtigten Ehegatten (§ 79 S. 2 EStG) besteht also nicht.

Das kann insbesondere Bedeutung im Falle der Nichterbringung des Mindesteigenbeitrags (§ 86 EStG) haben. Wurde bspw. der Mindesteigenbeitrag durch den unmittelbar Zulageberechtigten nicht erbracht, sind dessen Zulageanspruch sowie der des mittelbar begünstigten Ehegatten mit einem einheitlichen Kürzungsfaktor zu k...

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