Rz. 23

Da es sich bei den Bezügen i. S. d. § 7 S. 1 UmwStG um Einnahmen aus Kapitalvermögen handelt, unterliegen sie der KapESt nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.[1] Die KapESt beträgt nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 25 %. Zwar setzt der Abzug von KapESt nach § 44 Abs. 1 S. 3 EStG einen Schuldner und einen Gläubiger der Kapitalerträge voraus. Daran fehlt es – mangels einer Forderung des Anteilseigners gegen die übertragende Körperschaft – in den Fällen des § 7 S. 1 UmwStG. Auch besteht kein echter Zahlungsfluss, von dem KapESt einbehalten werden könnte. Dies steht aber der Verpflichtung nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht entgegen.[2] § 43 Abs. 3 S. 1 EStG, der auf einen Schuldner mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland abstellt, soll lediglich den Inlandsbezug der Körperschaft sicherstellen. Auch setzt § 43 Abs. 3 S. 1 EStG kein Schuldverhältnis im zivilrechtlichen Sinne voraus. Da die der Besteuerung unterliegenden offenen Rücklagen i. S. d. § 7 S. 1 UmwStG von der übertragenden Körperschaft stammen, ist sie als Schuldner der Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 3 S. 1 EStG anzusehen, sodass sie bei unbeschränkter Steuerpflicht zum Abzug der KapESt für Rechnung des Anteilseigners verpflichtet ist. Diese Verpflichtung zur Abführung der KapESt geht auf den übernehmenden Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über.[3]

 

Rz. 24

Die Einnahmen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 7 S. 1 UmwStG gelten – ungeachtet der Rückwirkung der Verschmelzung – am steuerlichen Übertragungsstichtag als zugeflossen. Zu diesem Zeitpunkt entsteht dann an sich auch die KapESt nach § 44 Abs. 1 S. 2 EStG. Um den dadurch bedingten rückwirkenden Anfall der KapESt zu vermeiden, ist für die Entstehung der KapESt nicht auf den steuerlichen Übertragungsstichtag, sondern auf die Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register abzustellen. Die Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1, 2 UmwStG kann insoweit keine Anwendung finden. Im Übrigen steht auch erst im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register fest, dass diese stattfindet. Gleiches gilt hinsichtlich der an der Verschmelzung teilnehmenden Anteilseigner. Da die KapESt erst zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register entsteht[4], entsteht sie auch erst auf der Ebene des übernehmenden Rechtsträgers, sodass eine entsprechende Passivierung in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft nicht in Betracht kommt.[5] Handelt es sich bei dem übernehmenden Rechtsträger um eine Personengesellschaft, führt die KapESt zu einer Minderung des Kapitalkontos desjenigen Gesellschafters bei der Personengesellschaft, dem die Bezüge i. S. d. § 7 S. 1 UmwStG zuzurechnen sind.[6] In der Entnahme ist keine schädliche Gegenleistung i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG zu sehen.[7] Anzumelden und abzuführen ist die KapESt bis zum 10. des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die maßgebende Eintragung der Verschmelzung in das öffentliche Register erfolgt ist.[8]

 

Rz. 25

Bei Anteilseignern, die die Voraussetzungen des § 44a Abs. 7 S. 1, 2 EStG bzw. § 44a Abs. 8 S. 1, 2 EStG erfüllen, ist der Abzug von KapESt nicht bzw. nur in Höhe von drei Fünfteln vorzunehmen. Bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften als Gläubiger von Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 EStG ist § 44a Abs. 9 EStG zu beachten.

 

Rz. 26

Handelt es sich bei der übertragenden Körperschaft um eine im Ausland ansässige Körperschaft, stellen die Bezüge nach § 7 S. 1 UmwStG keine inl. Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar.[9] KapESt ist nicht einzubehalten. Nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG unterliegen jedoch auch ausl. Kapitalerträge der KapESt, wenn eine auszahlende Stelle i. S. d. § 44 Abs. 1 EStG existiert. Bei Umwandlungen ist dies regelmäßig nicht der Fall.[10] Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Umwandlungsvorgang eine der deutschen KapESt vergleichbare Steuer im Sitzstaat der ausl. Gesellschaft auslöst. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem maßgeblichen ausl. Recht. Ob ein inl. Anteilseigner bei einem Abzug ausl. KapESt in Deutschland freizustellen ist oder eine Anrechnung der ausl. KapESt erfolgt, bestimmt sich nach dem jeweiligen DBA, sonst nach § 34c EStG bzw. nach § 26 KStG.[11]

 

Rz. 26a

Nach § 43b Abs. 1 S. 1, Abs. 2 EStG wird eine im EU-Ausland ansässige Muttergesellschaft, die zu mindestens 10 % am Kapital einer deutschen Tochtergesellschaft beteiligt ist, grundsätzlich von der KapESt auf Dividenden und andere Gewinnausschüttungen befreit. Dies gilt nach § 43b Abs. 1 S. 4 EStG allerdings nicht für Kapitalerträge, die anlässlich einer Liquidation oder Umwandlung einer Tochtergesellschaft zufließen. Unter diese Regelung, die auf der Mutter-Tochter-Richtlinie[12] beruht, fallen nach Auffassung der Finanzverwaltung auch Bezüge i. S. d. § 7 S. 1 UmwStG.[13] Gefolgt werden kann dem nicht. Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie lässt eine Ausnahme nur für die Liquidation...

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