Rz. 34

[Autor/Stand] Unterschiedliche Ebenen. Das Verhältnis des Betriebsausgabenbegriffs zu den Gewinnkorrekturvorschriften im Allgemeinen und zu § 1 im Besonderen erklärt sich aus den unterschiedlichen Ebenen, auf denen § 4 Abs. 4 EStG einerseits und die Gewinnkorrekturvorschriften andererseits angewendet werden, sowie aus der teilweise anderen Zielvorstellung der Gewinnkorrekturvorschriften. § 4 Abs. 4 EStG wird stets innerhalb der Ermittlung des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 EStG bzw. der Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG angewendet. Die Rechtsfolge der Gewinnkorrekturvorschriften setzt dagegen erst gedanklich später bei dem ermittelten Unterschiedsbetrag an. Daraus folgt, dass § 4 Abs. 4 EStG keine Gewinnkorrektur ausschließt. Dies gilt auch für die vGA in der Form unangemessener Aufwendungen der Gesellschaft. Diese Aufwendungen sind Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Der Betriebsausgabencharakter der Aufwendungen ist Voraussetzung für die Annahme einer Minderung des Unterschiedsbetrags, die durch die Gewinnkorrektur gerade ausgeglichen werden soll. Es ist deshalb im Grundsatz falsch, wenn die vGA häufig mit der fehlenden betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen begründet wird. Wenn die Kapitalgesellschaft nur Betriebsvermögen haben kann, müssen alle ihre Aufwendungen i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst sein. Es ist gerade das Ziel des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, die von § 4 Abs. 4 EStG ausgehende Rechtsfolgewirkung in der Form einer Einkünftekorrektur "rückgängig" zu machen. Aus diesem Grunde kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nicht mit einer fehlenden betrieblichen Veranlassung gleichgesetzt werden. Allerdings können sowohl die vGA als auch § 1 sog. verhinderte Einnahmen korrigieren. In einem solchen Fall ist die Annahme einer Betriebsausgabe undenkbar, weshalb sich auch die Frage nach einem Konkurrenzverhältnis nicht stellen kann. Entsprechendes gilt im Verhältnis zwischen einer Betriebsausgabe und einer (verdeckten) Einlage. Die Betriebsausgabe setzt eine Vermögensminderung voraus, während die Einlage in das Vermögen eines Unternehmens zu einer Betriebsvermögensmehrung führt. Auch insoweit kann sich die Frage nach dem Verhältnis der Betriebsausgabe zu einer (verdeckten) Einlage als Form einer Gewinnkorrektur nicht stellen.

 

Rz. 34.1

[Autor/Stand] Betriebsausgabe und vGA. Nach der BFH-Rspr. hat eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre.[3] Daraus folgt zwingend, dass alle Aufwendungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft durch deren Existenz veranlasst und in diesem Sinne deren Betriebsausgaben sind. An sich gilt dies auch für sog. "offene Ausschüttungen". Für diese hat sich jedoch insb. handelsbilanziell die Auffassung durchgesetzt, dass der Ausschüttungs- den potenziellen Betriebsausgabencharakter verdrängt. Dies ist insoweit zutreffend, als offene Ausschüttungen i.d.R. erst nach dem Bilanzstichtag beschlossen werden. Am Bilanzstichtag ist noch keine Ausschüttung gegeben. "Offene Ausschüttungen" sind deshalb keine Betriebsausgaben. VGA sind dagegen vor allem handelsrechtlich Betriebsausgaben bzw. verhinderte Betriebseinnahmen, die jedoch kraft ausdrücklichem steuerrechtlichen Gesetzesbefehl den Gewinn nicht mindern dürfen. Entsprechend mindern vGA auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung den Unterschiedsbetrag und sind deshalb auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung außerhalb der Steuerbilanz dem Unterschiedsbetrag wieder zuzurechnen.[4] Die Aufgabe der 2. Stufe der Gewinnermittlung ist es, den Unterschiedsbetragsminderungseffekt auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung zu neutralisieren. Entsprechend setzt die Gewinnkorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stets voraus, dass eine Unterschiedsbetragsminderung eintritt. Fehlt es an einer solchen, so kann die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht zum Tragen kommen. Gerade deshalb kommt der zutreffenden Ermittlung des Unterschiedsbetrags große Bedeutung zu.

[Autor/Stand] Autor: Ditz/Wassermeyer, Stand: 01.03.2023
[Autor/Stand] Autor: Ditz/Wassermeyer, Stand: 01.03.2023
[3] BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFHE 182, 123 = FR 1997, 311 = DB 1997, 707; v. 8.7.1998 – I R 123/97, BFHE 186, 540 = FR 1998, 1091 m. Anm. Pezzer = BFH/NV 1999, 269; v. 8.8.2001 – I R 106/99, BFHE 196, 173 = BStBl. II 2003, 487; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = BFHE 218, 523 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth; zur Kritik an dieser Rspr. s. Weber-Grellet in Schmidt34, § 20 EStG Rz. 41; Bareis in FS Krawitz, 2010, S. 3 ff.; Bareis, DB 2010, 2637; Briese, GmbHR 2006, 1136; Hüttemann in FS Raupach, S. 495 ff.; zur Kritik an der Auffassung von Hüttemann s. Wassermeyer, DB 2011, 1828; Wassermeyer in FS Frotscher, S. 685 ff.
[4] Vgl. Wassermeyer, DB 2010, 1959.

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