Entscheidungsstichwort (Thema)

(Keine außersteuerliche Sphäre und damit keine Liebhaberei bei Kapitalgesellschaften - Konkurrenz der §§ 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG, 8 Abs.3 Satz 2 KStG - Gewerblichkeit jeglicher Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft - Behandlung von Verlusten einer Kapitalgesellschaft aus dem Unterhalten von im Interesse der Gesellschafter liegenden Wirtschaftsgütern - Verdeckte Gewinnausschüttung: von GmbH gepachtete, in einem Mittelmeerhafen liegende Segeljacht - § 12 EStG nicht anwendbar auf Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft - Leistung der Kapitalgesellschaft an dem beherrschenden Gesellschafter nahestehende Person oder im Interesse dieser Person: fehlende klare, von vornherein abgeschlossene Vereinbarung als Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine außerhalb der Steuerbilanz zuzurechnende nichtabziehbare Betriebsausgabe i.S. des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG hindert weder die Annahme einer vGA noch die einer anderen Ausschüttung.

2. §§ 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG und 8 Abs.3 Satz 2 KStG sind nicht kumulativ anzuwenden.

3. Steuerlich gesehen hat eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre (Änderung der Rechtsprechung: vgl. BFH-Urteile vom 2. November 1965 I 221/62 S, BFHE 85, 121, BStBl III 1966, 255, und vom 4.März 1970 I R 123/68, BFHE 98, 259, BStBl II 1970, 470).

4. Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft gilt gemäß § 8 Abs.2 KStG auch insoweit als Gewerbebetrieb, als sie nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs.1 EStG fällt.

5. Unterhält eine Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter ein Wirtschaftsgut und entstehen ihr aus diesem Anlaß Verluste, ohne daß sich der oder die Gesellschafter zu einem Verlustausgleich zuzüglich der Zahlung eines angemessenen Gewinnaufschlages verpflichtet haben, so ist in dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzanspruches in Höhe des im jeweiligen Veranlagungszeitraum angefallenen Verlustes zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags eine vGA i.S. des§ 8 Abs.3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG anzunehmen. Evtl. Einnahmen oder sonstige Vorteile, die die Kapitalgesellschaft aus der Verlusttätigkeit erzielt, können die vGA mindern.

 

Orientierungssatz

1. Die §§ 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG und 8 Abs.3 Satz 2 KStG sind nicht gegeneinander vorrangig bzw. nachrangig, sondern überlagern sich in dem Sinne, daß sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen Vorschrift vollzogen wurde. Solange die Rechtsfolgen der Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüft. Von Bedeutung ist dies insbesondere für die Anwendung der Rechtsfolge des --gegenüber § 31 Abs.1 Nr.4 KStG vorrangigen-- § 27 Abs.1 KStG. Auch wenn das FG nur auf § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG abgestellt hat, ist der BFH revisionsrechtlich nicht gehindert, seinerseits auf § 8 Abs.3 Satz 2 KStG abzustellen.

2. Im Streitfall: Verdeckte Gewinnausschüttung einer inländischen GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Herstellung von und Handel mit Maschinen", die eine Jacht --mit Liegeplatz in einem Mittelmeerhafen-- als "Sozialstation" für die Betriebsangehörigen, zu Erprobungsfahrten, zur Vercharterung und zur privaten Nutzung einer der GmbH nahestehenden Person einsetzte (Ausführungen zur Frage der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen für die Jacht und zur Beurteilung der Leerstandszeiten wie z.B. Reparaturzeiten oder Nichtbelegungszeiten).

3. Die Annahme einer außerbetrieblichen Sphäre der Kapitalgesellschaft verbietet sich nicht zuletzt deshalb, weil es im KStG an Vorschriften fehlt, die die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das außerbetriebliche Vermögen der Kapitalgesellschaft und umgekehrt wie eine Ausschüttung bzw. eine Einlage erfassen. § 13 KStG ist auf derartige Sachverhalte nicht anwendbar, §§ 27 ff. KStG sind insoweit lückenhaft. Diese Gesetzeslücke spricht dafür, das gesamte Vermögen einer Kapitalgesellschaft in der Steuerbilanz anzusetzen. Damit erübrigt sich auch jede gliederungsrechtliche Sonderbehandlung von Liebhabereiverlusten.

4. Nur wenn eine Kapitalgesellschaft ausschließlich aus betrieblichem Interesse und nicht auch gleichzeitig im Interesse einzelner oder mehrerer Gesellschafter ein verlustbringendes Wirtschaftsgut unterhält, ist die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung generell ausgeschlossen.

5. Die Vorschrift des § 12 EStG ist ihrem Wortlaut nach nicht auf die Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft anwendbar.

6. Bei Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Personen oder im Interesse von Personen, die ihrem beherrschenden Gesellschafter nahestehen, ist das Fehlen einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung (vgl. BFH-Urteil vom 2.3.1988 I R 103/86; im Streitfall: zu mehr als 50% an einer KG --der Alleingesellschafterin der Kapitalgesellschaft-- beteiligter Steuerpflichtiger als der Kapitalgesellschaft nahestehende Person).

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 3 S. 2; EStG § 4 Abs. 5 Nr. 4, § 2 Abs. 1, § 12; KStG 1977 § 8 Abs. 1-2, §§ 13, 31 Abs. 1 Nr. 4; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb in dem Streitjahr 1982 die Herstellung von und den Handel mit Maschinen. Alleingesellschafterin war die Firma G-KG (KG).

Die Klägerin hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. März. Streitig ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1981/82.

Geschäftsführer der Klägerin war der Gesellschafter G. Er hielt als Komplementär eine Beteiligung von mehr als 50 v.H. an der KG und war auch deren Geschäftsführer.

Mit Wirkung ab 1. April 1981 verpachtete die KG ihr Handelsgeschäft (Betrieb einschließlich aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände einschließlich Firmenwert) an die Klägerin. Als Pachtzins wurde vereinbart, daß "der Verpächter Ersatz seiner sämtlichen, nicht aktivierungspflichtigen Aufwendungen für das verpachtete Handelsgeschäft" erhalte. Nach dem Vertrag beinhaltete der Pachtzins auch den "Ersatz der Abschreibungen des Verpächters auf das verpachtete Handelsgeschäft".

Zum verpachteten Gesamthandsvermögen der KG gehörte eine Segeljacht. Bei der KG war die Frage, inwieweit Aufwendungen für die Segeljacht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, bereits Gegenstand von inzwischen rechtskräftigen Entscheidungen des III.Senats des Finanzgerichts (FG) Nürnberg vom 10. Dezember 1993 (Az. III 319/88 und III 320/88). Was die Übernahme der Aufwendungen für die Segeljacht ab dem Wirtschaftsjahr 1981/82 durch die Klägerin betrifft, so stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Rahmen einer das Streitjahr erfassenden Betriebsprüfung folgendes fest:

Die Jacht wurde von 1977 bis 1979 von einer norddeutschen Werft erbaut und gehörte zum Anlagevermögen der KG. Sie wurde am 6. November 1979 unter dem Namen "A" in das Schiffsregister beim Amtsgericht B eingetragen. Das Schiff wurde aus Aluminium gefertigt, hatte eine Länge von 13,69 m, eine Breite von 4,28 m und eine Tiefe von 2,12 m. Die Bruttoregistertonnen beliefen sich auf 23,71; die Maschinenleistung betrug 80 PS (Dieselmotor). Nach Probefahrten in Nord- und Ostseegewässern wurde sie zu Beginn der Segelsaison 1980 in das Mittelmeer überführt und dort endgültig in Betrieb genommen. Im Dezember 1981 wurde hierfür ein Liegeplatz in einem Mittelmeerhafen erworben. Für die Jacht und die mit ihr in Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter ermittelte das FA folgende Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten:

DM

Jacht 662 125

Dieselsonde 1 800

Kurzwellenanlage 71 326

Radaranlage 13 367

Geringwertige Wirtschaftsgüter

wie Rettungswesten, Navigations-

geräte, Seehandbücher und -karten 7 443

Geschäftsanteile zum Erwerb eines

Liegeplatzes 154 709

--------

Insgesamt 910 770

Der Schiffsbetrieb führte im Streitjahr zu einer Belastung des steuerlichen Gewinns der Klägerin in Höhe von 263 700 DM; nämlich Pachtzahlung an die KG im Umfang der dort angefallenen Abschreibungen für die Jacht von 78 570 DM sowie Betriebskosten von 185 130 DM.

Das FA vertrat die Auffassung, die Aufwendungen für den Betrieb der Jacht und für Pachtzahlungen dürften den steuerlichen Gewinn der Klägerin nicht mindern. Von dem nicht berücksichtigungsfähigen Gesamtbetrag in Höhe von 263 700 DM seien allerdings die Chartereinnahmen von 30 000 DM und die bisher angesetzte Privatnutzung in Höhe von 10 000 DM abzuziehen, so daß sich ein Zurechnungsbetrag von nur 223 700 DM ergebe.

Nach den der Betriebsprüfung vorgelegten Aufzeichnungen war die Jacht in den Jahren 1981 und 1982 wie folgt genutzt worden:

1981 1982

Kalenderwochen Kalenderwochen

Gesamt 50 52

Davon:

Winterlager 18 23

Segelsaison 32 = 100 v.H. 29 = 100 v.H.

-- --

Davon Nutzung durch:

Vercharterung 6 = 19 v.H. 2 = 7 v.H.

Betriebsangehörige 6 = 19 v.H. 12 = 41 v.H.

Geschäftsführer 2 = 6 v.H. 2 = 7 v.H.

Geschäftsfreunde zu

Repräsentationszwecken 2 = 6 v.H. 4 = 14 v.H.

Probefahrten in Zusammenhang

mit den Betriebserfindungen 3 = 9 v.H. 2 = 7 v.H.

Reparaturen 4 = 13 v.H. 2 = 7 v.H.

Nichtbelegungszeiten 9 = 28 v.H. 7 = 24 v.H.

- ------- - -------

32 = 100 v.H. 31 = 100 v.H.

-- -------- -- --------

Das FA war der Auffassung, der Minderung des steuerlichen Gewinns stünden hinsichtlich der Aufwendung für den Betrieb der Jacht § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und hinsichtlich der Nutzung durch Betriebsangehörige § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.7 EStG entgegen. Ein Abzug nach Maßgabe des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Juli 1980 I R 111/77 (BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58) komme nicht in Betracht, weil die klassischen Anwendungsmerkmale des § 4 Abs.5 EStG, nämlich Eigennutzung und Repräsentation, mit 20 v.H., 12 v.H. und 21 v.H. im Prüfungszeitraum nicht von untergeordneter Bedeutung gewesen seien. Es behandelte deshalb den Zurechnungsbetrag von 223 700 DM als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe und setzte in seinem Bescheid vom 12. März 1984 abweichend von der Steuererklärung das zu versteuernde Einkommen und die Körperschaftsteuer fest.

Der Einspruch blieb erfolglos. Die Klage war nur in geringem Umfang erfolgreich.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Nürnberg vom 14. März 1995 I 34/90 den Körperschaftsteuerbescheid 1982 vom 12. März 1984 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 1990 dahingehend zu ändern, daß 15/16 der Aufwendungen für die Segeljacht gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat die Vorentscheidung nur unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG und nicht auch unter dem einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gewürdigt. Dies ist revisionsrechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn die Rechtsfolgen des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG und der vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG im Einzelfall zu dem gleichen steuerlichen Ergebnis führen. Zwar setzt die vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG eine Gewinnminderung voraus. Diese ist jedoch mit Hilfe der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne Berücksichtigung der Rechtsfolge des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG unter Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs.1 EStG) aufzustellen ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 6/94, BFHE 175, 412). Eine außerhalb der Steuerbilanz zuzurechnende nichtabziehbare Betriebsausgabe i.S. des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG hindert deshalb die Annahme einer Gewinnminderung nicht. Es besteht weder ein Vorrang des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 KStG gegenüber § 8 Abs.3 Satz 2 KStG noch umgekehrt ein solcher des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG gegenüber § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG. Deshalb sind nicht beide Vorschriften kumulativ anzuwenden. Vielmehr überlagern sie sich in dem Sinne, daß sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen Vorschrift vollzogen wurde. Solange die Rechtsfolgen der Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüft. Von Bedeutung ist dies insbesondere für die Anwendung der Rechtsfolge aus § 27 Abs.1 KStG. Die Annahme nichtabziehbarer Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG schließt es nicht aus, daß zugleich eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG gegeben ist, für die die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist. Obwohl das FG den Streitfall nur unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG beurteilt hat, ist der erkennende Senat revisionsrechtlich nicht gehindert, seinerseits auf § 8 Abs.3 Satz 2 KStG abzustellen. Dies bietet sich schon deshalb an, weil für den Streitfall auch die Anwendung des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG in Betracht kommt.

2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die durch den Betrieb der Jacht angefallenen Aufwendungen der Klägerin deren Betriebsausgaben und die durch die Vercharterung angefallenen Einnahmen deren Betriebseinnahmen sind. Dem steht nicht entgegen, daß der Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen einerseits und dem eigentlichen Unternehmensgegenstand der Klägerin andererseits nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ein sehr entfernter ist. Steuerlich gesehen hat eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre. Soweit der Senat in seinen Urteilen vom 2. November 1965 I 221/62 S (BFHE 85, 121, BStBl III 1966, 255) und vom 4. März 1970 I R 123/68 (BFHE 98, 259, BStBl II 1970, 470) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an derselben zumindest für die Zeit nach Inkrafttreten des KStG 1977 nicht länger fest. Im einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Überlegungen:

a) Nach § 8 Abs.2 KStG sind bei Steuerpflichtigen, die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) zur Führung von Büchern verpflichtet sind, alle Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb. Der Einkünftebegriff der Vorschrift ist deshalb in einem weiten Sinne zu verstehen. Dies entspricht nicht nur dem Ausdruck "alle", sondern auch der in § 5 Abs.1 EStG angeordneten Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Nach § 238 Abs.1 HGB erstreckt sich die Buchführungspflicht einer Kapitalgesellschaft auf deren gesamtes Vermögen. Nach § 246 Abs.1 HGB muß der Jahresabschluß sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden erfassen, d.h. auch solche, die einer potentiellen außerbetrieblichen Sphäre zuzuordnen sind. Nur so läßt sich ein Wertungswiderspruch zwischen § 8 Abs.2 KStG und § 2 Abs.2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) vermeiden. Zu letzterer Vorschrift hat der Senat in seinem Urteil vom 22. August 1990 I R 67/88 (BFHE 162, 439, BStBl II 1991, 250) die Auffassung vertreten, daß die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft auch insoweit nach § 2 Abs.2 Satz 1 GewStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelte, als sie nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs.1 EStG falle. Der Grundsatz gilt für § 8 Abs.2 KStG entsprechend. Für die Gewinnermittlung von natürlichen Personen und Personengesellschaften gilt nur deshalb etwas anderes, weil § 12 EStG anzuwenden ist. Die Vorschrift ist ihrem Wortlaut nach auf die Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar, was dafür spricht, daß der Gesetzgeber das Vorhandensein einer außerbetrieblichen Sphäre bei einer Kapitalgesellschaft verneint hat. Entsprechend hat er den Regelungsinhalt nur des § 12 Nrn.3 und 4 EStG ausdrücklich in § 10 Nrn.2 und 3 KStG übernommen.

b) Zwar hat der Senat es in BFHE 98, 259, BStBl II 1970, 470 abgelehnt, die durch den Unterhalt eines Gestüts entstandenen Verluste in die Gewinnermittlung der Kapitalgesellschaft einzubeziehen und alle Einkünfte einer GmbH schlechthin als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Damals war jedoch die Umqualifizierung der Einkünfte einer Kapitalgesellschaft in § 16 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung (KStDV) 1968 geregelt. Die Vorschrift mußte im Einklang mit der in § 23a Abs.1 Nr.1 Buchst.a und b KStG 1968 enthaltenen Ermächtigung ausgelegt werden. Sie durfte nicht den §§ 5 und 6 KStG 1968 widersprechen. Seit Inkrafttreten des KStG 1977 ist die früher in § 16 KStDV 1968 enthaltene Regelung in § 8 Abs.2 KStG 1977 übergegangen. Die Vorschrift muß seitdem nicht mehr vor dem Hintergrund einer bestimmten Ermächtigungsnorm ausgelegt werden. Abzustellen ist vielmehr auf den möglichen Wortsinn des § 8 Abs.2 KStG. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, daß die Bundesregierung im Entwurf zum KStG 1977 eine davon abweichende Auffassung vertreten hat (vgl. BTDrucks 7/1470 S.341).

c) Die Annahme einer außerbetrieblichen Sphäre der Kapitalgesellschaft verbietet sich nicht zuletzt deshalb, weil es im KStG an Vorschriften fehlt, die die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das außerbetriebliche Vermögen der Kapitalgesellschaft und umgekehrt wie eine Ausschüttung bzw. eine Einlage erfassen. § 13 KStG ist auf derartige Sachverhalte nicht anwendbar. Die §§ 27 ff. KStG belegen, daß die Annahme eines in der Steuerbilanz nicht auszuweisenden "Privatvermögens" der Kapitalgesellschaft, das auch innerhalb des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) nicht auszuweisen wäre, zu einer Gesetzeslücke führen würde. Es würde dann weder die Überführung von Eigenkapital aus dem "Betriebs-" in das "Privatvermögen" der Gesellschaft noch seine Ausschüttung aus dem "Privatvermögen" die Herstellung der Ausschüttungsbelastung auslösen, obwohl es für den Beteiligungsertrag des Gesellschafters gleichgültig sein muß, ob er aus dem "Betriebs-" oder aus dem "Privatvermögen" der Kapitalgesellschaft stammt. Umgekehrt hätte ein Anteilseigner Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer auch dann, wenn ihm ein Beteiligungsertrag aus dem Privatvermögen seiner Kapitalgesellschaft ohne Herstellung der Ausschüttungsbelastung zufließen würde. Diese Gesetzeslücke spricht dafür, das gesamte Vermögen einer Kapitalgesellschaft in der Steuerbilanz anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255). Damit erübrigt sich auch jede gliederungsrechtliche Sonderbehandlung von Liebhabereiverlusten (vgl. Widmann, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1978/1979, 387, 399).

3. Unterhält eine Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter ein Wirtschaftsgut und entstehen ihr nur aus diesem Anlaß Verluste, ohne daß sich der oder die Gesellschafter zu einem Verlustausgleich zuzüglich der Zahlung eines angemessenen Gewinnaufschlags verpflichtet haben, so ist in dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzanspruchs in Höhe des im jeweiligen Veranlagungszeitraum angefallenen Verlustes zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags eine vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG anzunehmen. Unter Berücksichtigung des Verhaltens eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters liegt dann regelmäßig eine verhinderte Vermögensmehrung vor. Dieser würde für die Kapitalgesellschaft eine Verlusttätigkeit nicht ohne die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzes zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags übernehmen (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1975 I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722; vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Evtl. Einnahmen oder sonstige Vorteile, die die Kapitalgesellschaft aus der Verlusttätigkeit erzielt, können die vGA mindern. Etwas anderes gilt nur, wenn die Unterhaltung eines Wirtschaftsgutes (Verlustbereiches) im betrieblichen Interesse der Gesellschaft und nicht gleichzeitig im Interesse einzelner oder mehrerer Gesellschafter liegt. Die Abgrenzung kann unter Umständen schwierig sein, weil die Kapitalgesellschaft als juristische Person keine eigenen Interessen verfolgt, sondern "ihre" Interessen von den hinter ihr stehenden Gesellschaftern vorgegeben erhält. So gesehen bestimmt zwar der Wille der Gesellschafter die Aufgaben der Kapitalgesellschaft. Dies schließt es aber nicht aus, steuerrechtlich die Entstehung von Gesellschaftsverlusten aus dem persönlichen Interesse eines Gesellschafters diesem über die vGA zuzuordnen.

4. Vor diesem Hintergrund ist die Vorentscheidung, soweit sie die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens betrifft, im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Jacht im Wirtschaftsjahr 1981/82 nur auf die Dauer von vier Wochen unmittelbar von Betriebsangehörigen (außer von G) genutzt wurde. Der Senat muß nicht entscheiden, ob deshalb die zeitanteilig (1/8) auf die vierwöchige Nutzung der Jacht entfallenden Aufwendungen nicht als vGA zu behandeln sind. Das FG hat eine solche Beurteilung nicht vorgenommen. Der Betriebsausgabenabzug blieb erhalten. Das FA hat keine Revision oder Anschlußrevision eingelegt. Dennoch weist der Senat darauf hin, daß sein Urteil in BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58 nur den Fall der Nutzung eines Angelteiches ausschließlich durch Betriebsangehörige betrifft. Auch erscheint es zweifelhaft, von der Sozialstation eines inländischen Betriebes zu sprechen, wenn dieselbe ihren Liegeplatz weit entfernt von den Geschäftsräumen der Klägerin in einem Mittelmeerhafen hat. Entscheidend ist jedoch letztlich, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht ganzjährig eine Jacht als Sozialstation unterhalten würde, wenn dieselbe pro Jahr nur vier Wochen lang von Betriebsangehörigen genutzt werden kann. In einem solchen Fall stehen die tatsächlichen Aufwendungen in keinem Verhältnis zu den Nutzungsmöglichkeiten. Das Chartern einer Jacht für vier Wochen wäre erheblich preiswerter. Die über eine übliche Chartergebühr hinausgehenden Aufwendungen müssen deshalb ihre Veranlassung außerhalb der Nutzung der Jacht als Sozialstation haben, soweit sie nicht durch Einnahmen abgedeckt werden, die sich aus der Nutzung der Jacht ergeben. Dies hätte bei der Höhe der abzuziehenden Betriebsausgaben berücksichtigt werden müssen.

b) Das FG ist ferner zu der Überzeugung gelangt, daß ein Interesse der Klägerin an dem Einsatz der Jacht als Erprobungsstation nicht erkennbar sei. Die insoweit von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Dazu kann dahinstehen, ob es zutrifft, daß zunächst die KG und später die Klägerin sich um eine Patentauswertung bemühten und dabei einen Gegenstand als eigene Erfindung ausgaben. Es ist ebenso entscheidungsunerheblich, ob diese Bemühungen den Rückschluß auf eine stillschweigend vereinbarte Nutzungseinlage des Patentrechtes zulassen. Entscheidend ist allein, daß die KG als beherrschende Gesellschafterin der Klägerin und G als eine der KG nahestehende Person anzusehen sind, weil G zu mehr als 50 v.H. an der KG als deren Gesellschafter-Geschäftsführer beteiligt war und die KG sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin hielt. Bei Leistungen einer Kapitalgesellschaft an oder im Interesse einer ihrem beherrschenden Gesellschafter nahestehenden Person ist das Fehlen einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung Indiz für eine vGA (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1988 I R 103/86, BFHE 153, 313, BStBl II 1988, 786). Eine solche fehlt im Streitfall. Selbst wenn man die Existenz einer Nutzungseinlage des Patentrechtes in das Vermögen der KG unterstellt, war G nicht gehindert, die Nutzungsüberlassung im Falle einer erfolgreichen Patentverwertung zu kündigen oder aber von der Klägerin eine Lizenzgebühr zu fordern. Angesichts dieser Rechtslage würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin die mit den Erprobungsfahrten verbundenen Aufwendungen nicht übernommen haben. Er wäre Gefahr gelaufen, dieselben ohne jede Aussicht auf künftige Erträge bzw. Gewinne tragen zu müssen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Unterscheidung zwischen dem Patentrecht und dem körperlichen Gegenstand. Die Klägerin hätte den körperlichen Gegenstand nur dann herstellen können, wenn sie das dafür erforderliche Patent nutzen durfte.

c) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nutzte G die Jacht im Streitjahr zwei Wochen lang für eigene Urlaubszwecke. Auch insoweit greift jedenfalls die Rechtsfolge aus § 8 Abs.3 Satz 2 KStG ein. G war eine dem beherrschenden Gesellschafter der Klägerin nahestehende Person. Es war nicht die Aufgabe der Klägerin, den Urlaub einer ihrem Gesellschafter nahestehenden Person zu finanzieren. Soweit die Klägerin rügt, G dürfe als Geschäftsführer nicht schlechter als andere Betriebsangehörige behandelt werden, folgt das Gegenteil aus § 8 Abs.3 Satz 2 KStG. Auch insoweit ist letztlich von Bedeutung, daß, gemessen an dem Verhaltensmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, die Funktion der Jacht als Sozialstation nicht der wesentliche Veranlassungsgrund für deren Betrieb gewesen sein kann.

d) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG wurde die Jacht im Wirtschaftsjahr 1981/82 für sechs Wochen verchartert. Die Chartereinnahmen betrugen 30 000 DM. Sie stellen zwar Betriebseinnahmen der Klägerin dar (vgl. oben II.2.). Der Saldo zwischen den tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 263 700 DM und den Einnahmen aus der Vercharterung macht jedoch deutlich, daß letztere nicht der steuerliche Veranlassungsgrund für den Betrieb der Jacht gewesen sein kann. Schon deshalb ist es nicht gerechtfertigt, über die Einnahmen aus der Vercharterung hinausgehende Aufwendungen als Betriebsausgaben zu behandeln, die keiner Gewinnkorrektur unterliegen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Verstöße gegen §§ 76 Abs.1 und 96 Abs.1 FGO rügt, greifen die Rügen nicht durch. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--).

e) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG entfielen im Wirtschaftsjahr 1981/82 vier Wochen auf Reparaturzeiten und sieben Wochen auf Nichtbelegungszeiten. Revisionsrechtlich ist es unbedenklich, daß das FG den Gewinn der Klägerin auch nicht um die auf diese Zeiten entfallenden Aufwendungen minderte. Dabei kommt es nicht darauf an, weshalb die Reparaturzeiten erforderlich wurden. Entscheidend ist allein, daß gemessen an dem Verhaltensmaßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Verwendung des Schiffes als Sozialstation bzw. zu Erprobungsfahrten bzw. zwecks Vercharterung nicht einleuchtend erklärt. Dann aber ist der Schluß erlaubt, daß die eigentliche Veranlassung für das Betreiben der Jacht in den persönlichen Beziehungen des G zum Segelsport begründet liegt. Entsprechend müssen die auf die Reparatur- und Nichtbelegungszeiten entfallenden Aufwendungen steuerlich behandelt werden. Die von der Klägerin insoweit erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art.1 Nr.8 BFHEntlG). Ein solcher Schluß ist unabhängig davon zulässig, in welchem Umfang G die Jacht tatsächlich nutzte.

5. Allerdings hat das FG nicht geprüft, ob eine Minderung der Körperschaftsteuer 1982 aus Gründen des § 27 Abs.1 KStG in Betracht kommt. Die Anwendung des § 27 Abs.1 KStG geht der des § 31 KStG vor. Dies ergibt sich aus der Überlegung, daß beim Anteilseigner Beteiligungserträge i.S. des § 20 Abs.1 Nr.1 Satz 2 EStG unabhängig davon anzunehmen sind, ob bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft auch die §§ 4 Abs.5 Satz 1 Nr.4 EStG und 31 KStG anzuwenden sind. Der Ansatz von Beteiligungserträgen löst aber den Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer aus, womit dem Grunde nach die Herstellung der Ausschüttungsbelastung korrespondieren muß. Das FG wird deshalb im zweiten Rechtszug die vEK-Bestände zum 31. März 1981 feststellen müssen. Es wird der Klage nur dann teilweise entsprechen können, wenn die festzustellenden vEK-Bestände die Annahme einer Minderung der Körperschaftsteuer 1982 erlauben. Der Klägerin steht es frei, einen Antrag nach § 54 Abs.7 KStG 1984 zu stellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66126

BFH/NV 1997, 190

BFHE 182, 123

BFHE 1997, 123

BB 1997, 663-666 (Leitsatz und Gründe)

DB 1997, 707-709 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 492-495 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 292 (Leitsatz)

HFR 1997, 327-329 (Leitsatz)

StE 1997, 188 (Kurzwiedergabe)

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