a) Neufassung durch das ATADUmsG

 

Rz. 240

[Autor/Stand] Neufassung des § 6 durch das ATADUmsG. Durch das ATADUmsG[2] wurde das AStG vom 8.9.1972[3], das zuletzt durch das JStG 2022 v. 16.12.2022 (hierzu und den weiter bevorstehenden Änderungen s. Rz. 14 f.) angepasst worden ist, umfangreich geändert (Änderungsgesetz). Art. 5 Nr. 4 des ATADUmsG führte zu einer vollständigen Neufassung des § 6. Hierdurch wurde der bisherige Text des § 6 a.F. nicht gesondert aufgehoben, da der neu gefasste Wortlaut – unter Berücksichtigung der Anwendungsregelung des § 21 – an seine Stelle tritt, d.h. der bisherige Text wird ab dem in § 21 genannten Zeitpunkt bzw. Zeitraum quasi "überschrieben".[4] Das ATADUmsG wurde am 30.6.2021 verkündet und trat am 1.7.2021 in Kraft,[5] d.h. die Neufassung des § 6 hat rechtliche Außenwirkung bereits seit dem 1.7.2021. Hiervon zu trennen ist die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Neufassung anzuwenden ist. Hierfür sehen § 21 Abs. 1 und Abs. 3 gesonderte Anwendungsvorschriften für § 6 und Übergangsvorschriften für § 6 a.F. vor (s. zu den Anpassungen des § 21 Abs. 3 im Anschluss an das ATADUmsG Rz. 242).

 

Rz. 241

[Autor/Stand] Ursprüngliche Fassung des § 21 Abs. 1 und Abs. 3. Die Frage der erstmaligen Anwendung des § 6 i.d.F. des ATADUmsG beantwortet § 21 Abs. 1 Nr. 1 i.d.F. des ATADUmsG ("Anwendungsvorschriften"), der – soweit für § 6 relevant – mit Ausnahme der zweimaligen Verschiebung des maßgeblichen Veranlagungszeitraums[7] – im Gesetzgebungsverfahren unverändert geblieben war. Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 gilt diese Fassung des AStG und damit auch die Neufassung des § 6 für die Einkommensteuer erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022, sofern in den weiteren Absätzen des § 21 nichts anderes bestimmt ist. Diesbezüglich wurde mit dem 2. Referentenentwurf vom 23.3.2020[8] und später auch mit dem Regierungsentwurf vom 24.3.2021[9] die Gesetzesbegründung dahingehend ergänzt bzw. klargestellt, dass § 21 Abs. 1 Nr. 1 "auch den zeitlichen Anwendungsbereich der Neufassung des § 6 AStG [regele]" und die Neufassung des § 6 "danach erstmals für Sachverhalte [gelte], die nach dem 31.12.2021 verwirklicht werden". Angesprochen sind hiermit Sachverhalte, die nach dem 31.12.2021 die Tatbestandsmerkmale i.S.v. § 6 Abs. 1 erfüllen. Die Regelungen zu den Gewinnrealisierungszeitpunkten nach § 6 Abs. 1 Satz 2 ("[d]ie Veräußerung im Sinne des Satzes 1"), die Anschaffungskostenfiktion des § 6 Abs. 1 Satz 3 ("[i]m Fall des Satzes 1") und die Definition des unbeschränkt Steuerpflichtigen nach § 6 Abs. 2 ("[u]nbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1") knüpfen ausdrücklich an § 6 Abs. 1 Satz 1 und damit an die erst nach dem 31.12.2021 verwirklichten Sachverhalte an, die die Tatbestände i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 erfüllen. Sie können daher auf Sachverhalte, die noch bis zum 31.12.2021 einen Tatbestand i.S.v. § 6 Abs. 1 verwirklicht haben, keine Anwendung finden. Allerdings bestand aufgrund der ursprünglichen Formulierung in § 21 Abs. 3 Satz 1 i.d.F. des ATADUmsG in der Praxis eine gewisse Verunsicherung darüber, ob bei einer Tatbestandsverwirklichung vor dem 1.1.2022 die bisher geltenden Rückkehrer- und Stundungsregelungen (§ 6 Abs. 3 bis Abs. 5 AStG a.F.) uneingeschränkt anwendbar waren, insbesondere die dauerhafte Stundung i.S.v. § 6 Abs. 5 AStG a.F. auch für noch bis Ende 2021 erfolgte Wegzüge im EU-/EWR-Raum greifen würde, sofern nicht am 31.12.2021 bereits ein Stundungsbescheid in der Welt war.[10] Hintergrund war die Formulierung in § 21 Abs. 3 Satz 1 i.d.F. des ATADUmsG, wonach § 6 a.F. "auf noch am 31. Dezember 2021 laufende Stundungen" im Sinne des § 6 Abs. 4 und Abs. 5 a.F. sowie "auf noch laufende Fristen" im Sinne des § 6 Abs. 3 a.F. "weiterhin anzuwenden" sei. Eine "Stundung" setzt formalrechtlich aber voraus, dass die Steuer in einem Steuerbescheid festgesetzt und durch Bescheid gestundet ist.[11] Die Gesetzesbegründung[12] wies insoweit zwar die nötige Klarheit auf,[13] dass bei Tatbestandsverwirklichung vor dem 1.1.2022 ("Altfälle") die Altfassung anzuwenden sei. Angesichts des Wortlauts der Anwendungsvorschrift bereitete die Herleitung dieses Verständnisses auslegungsmethodisch aber eine gewisse Mühe.[14] In § 21 Abs. 3 Satz 2 wurde für sog. nachträgliche Wertminderungen eine besondere Anwendungsregel geschaffen (dazu ausf. Rz. 247).

 

Rz. 242

[Autor/Stand] Neufassung des § 21 Abs. 3 Satz 1 durch das JStG 2022. Durch das JStG 2022 wurde – auf Initiative des Bundesrates[16]§ 21 Abs. 3 Satz 1 mit Rückwirkung zum 1.1.2022 wie folgt klarstellend neu gefasst:[17]"Wurde ein Tatbestand des § 6 Absatz 1 in einer bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung vor dem 1. Januar 2022 verwirklicht, ist § 6 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung für die Abwicklung dieses Falles über den 31. Dezember 2021 hinaus anzuwenden." Die Gesetzesbegründung[18] führt dazu aus: "§ 21 Absatz 3 Satz 1 AStG in der Fassung des Artikels 5 Nummer 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz – ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge