Rz. 1277

[Autor/Stand] Unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum nicht fremdvergleichskonform. Zur Ermittlung des Einigungsbereichs ist ebenfalls zu klären, über welchen Zeitraum die aus dem Transferpaket zu erwartenden Gewinne zu prognostizieren sind. Nach Auffassung der Finanzverwaltung, die ihren Niederschlag in § 6 FVerlV gefunden hat, ist bei der Ermittlung der auf das Transferpaket entfallenden Gewinne grundsätzlich von einem unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum auszugehen. Dies soll notwendig sein, damit die erforderlichen Berechnungen rechtssicher vorgenommen werden können.[2] Ferner verweist die Finanzverwaltung darauf, dass auch für Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum angewandt wird und Funktionsverlagerungen solchen Vorgängen ähnlich seien.[3] Die Auffassung der Finanzverwaltung kann nicht überzeugen. Die Annahme eines unbegrenzten Kapitalisierungszeitraums geht in der Mehrzahl der Funktionsverlagerungen an der Wirklichkeit vorbei und setzt sich damit in Widerspruch zum Fremdvergleichsgrundsatz.[4] So müssen etwa bei der Verlagerung einer Vertriebsfunktion die Laufzeit des Vertriebsvertrags oder, falls diese unbegrenzt ist, die gesetzlichen Kündigungsfristen berücksichtigt werden. Bei einer Produktionsverlagerung müssen Produktlebenszyklen beachtet werden, da gerade in der heutigen Zeit Produkte, wenn sie nicht laufend weiterentwickelt werden, schnell veralten und ihre Produktion eingestellt wird.[5] Bei immateriellen Wirtschaftsgütern muss zudem die Laufzeit von Schutzrechten in Rechnung gestellt werden, da ein fremder Dritter nur für diesen Zeitraum bereit wäre, ein Nutzungsentgelt zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund dürfte ein Kapitalisierungszeitraum von drei bis fünf Jahren, wie er im Schrifttum vorgeschlagen wird[6], sachgerechter und auch fremdvergleichskonform sein.[7] Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass Funktionen nicht in allen Fällen auf Dauer ins Ausland verlagert werden. Denkbar ist im Einzelfall auch eine nur zeitlich begrenzte Verlagerung. Diese Möglichkeit wird von § 1 Abs. 2 Satz 2 FVerlV ausdrücklich anerkannt. Auch in solchen Fällen widerspricht die Annahme eines unbegrenzten Kapitalisierungszeitraums dem Fremdvergleichsgrundsatz.

 

Rz. 1278

[Autor/Stand] Glaubhaftmachung eines begrenzten Kapitalisierungszeitraums möglich. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass für den Stpfl. nach § 6 FVerlV die Möglichkeit besteht, im Einzelfall einen begrenzten Kapitalisierungszeitraum glaubhaft zu machen.[9] Für eine Glaubhaftmachung muss der Stpfl. Gründe vortragen, die einen begrenzten Kapitalisierungszeitraum wahrscheinlicher erscheinen lassen als einen unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum.[10] Daneben ist nach § 6 FVerlV auch dann von einem begrenzten Kapitalisierungszeitraum auszugehen, wenn Gründe für einen solchen ersichtlich sind. Hiermit dürften Fälle angesprochen sein, in denen ein begrenzter Kapitalisierungszeitraum unabhängig von einer Glaubhaftmachung durch den Stpfl. aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls praktisch ins Auge springt. Vor diesem Hintergrund wird ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein.[11] Diese Erkenntnis scheint sich auch bei der Finanzverwaltung durchgesetzt zu haben. Nach Rz. 109 der VWG-Funktionsverlagerung[12] soll ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum nur dann zur Anwendung kommen, wenn es sich bei der verlagerten Funktion um einen Betrieb, einen Teilbetrieb oder wenigstens um eine Einheit handelt, die wirtschaftlich eigenständig lebensfähig ist und weitgehend einem Teilbetrieb entspricht. Dies ist bei Funktionsverlagerungen regelmäßig nicht der Fall. Je weiter die verlagerte Funktion dagegen unterhalb der Schwelle eines Teilbetriebs liegt, umso eher soll ein begrenzter Kapitalisierungszeitraum anzusetzen sein. Im Ergebnis bewirkt § 6 FVerlV damit eine Beweislastumkehr zu Lasten des Stpfl.[13] Da ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu einem höheren Verrechnungspreis führt, handelt es sich um eine steuererhöhende Tatsache, so dass die Beweislast an sich bei der Finanzverwaltung läge. Nach Rz. 112 der VWG-Funktionsverlagerung[14] kann sowohl für das übertragende als auch für das übernehmende Unternehmen aus Vereinfachungsgründen typisierend von einem einheitlichen Kapitalisierungszeitraum ausgegangen werden. Wer sich darauf beruft, dass für die betroffenen Unternehmen kein einheitlicher Kapitalisierungszeitraum gilt, hat nach Auffassung der Finanzverwaltung die Voraussetzungen dafür nachzuweisen. Haben einzelne Bestandteile eines Transferpakets eine unterschiedliche Nutzungsdauer, soll für die Bestimmung des Kapitalisierungszeitraums nach Rz. 112 der VWG-Funktionsverlagerung[15] eine Orientierung an der längsten Nutzungsdauer sachgerecht sein, wobei auch eine Gewichtung erforderlich sein kann. Als Beispiel hierfür nennt die Finanzverwaltung Patente mit unterschiedlicher Restlaufzeit.

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