Entscheidungsstichwort (Thema)

Begünstigte Besteuerung einer Abfindung (Fünftelregelung) im Einkommensteuerveranlagungsverfahren deutlich höher als im Lohnsteuerabzugsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Da im Rahmen der Lohnsteuerberechnung nach § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG die Pauschbeträge und die Vorsorgepauschale fünffach steuermindernd berücksichtigt werden, führt die Einkommensteuerfestsetzung zwangsläufig zu einer wesentlich höheren Steuerbelastung.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4, § 38a Abs. 2, § 39b Abs. 3 S. 9, §§ 42e, 46 Abs. 2 Nrn. 1, 5, Abs. 4 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die für das Streitjahr festgesetzte Einkommensteuer.

Der Kläger erhielt laut Vereinbarung vom 22./23.12.2000 von seinem früheren Arbeitgeber - einer Anwaltskanzlei - als pauschale Abfindung eine einmalige Vergütung in Höhe von 238.000,- DM netto. Wörtlich heißt es hierzu unter Ziffer 2 der Vereinbarung:

"Die Kanzlei übernimmt die auf den Gesamtabfindungsbetrag von 238.000,00 DM entfallende Lohnsteuer, die anteilige Kirchenlohnsteuer und den auf die Lohnsteuer entfallenden Solidaritätszuschlag. Sozialversicherungsbeiträge fallen nicht an.

Etwaige zusätzliche Belastungen (z.B. im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung) hat Herr X allein zu tragen."

Im Vorfeld dieser Vereinbarung hatte die von dem Arbeitgeber beauftragte Steuerkanzlei dem Finanzamt am 05.12.2000 einen Vertragsentwurf übersandt und unter Bezug auf § 42e des Einkommensteuergesetzes -EStG- folgende Anrufungsauskunft beantragt:

"Stellt die im beigefügten Vertragsentwurf vereinbarte Abfindung eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar, bei der die darauf entfallende Lohnsteuer gemäß §§ 34 Abs. 1, 39b Abs. 3 S. 9 EStG zu ermäßigen ist, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarte Abfindung innerhalb eines Jahres erhält?

Ist die auf Grundlage des Vertragsentwurfs erstellte ... beigefügte Lohnabrechnung ordnungsgemäß?"

Diese - mit einem Datev-Programm erstellte - Lohnabrechnung (Probeberechnung) wies ein "Steuerbrutto" von 254.900,00 DM, steuerrechtliche Abzüge von insgesamt 16.900,15 DM (Lohnsteuer 14.890,00 DM, Kirchensteuer 1.191,20 DM, Solidaritätszuschlag 818,95 DM) und einen "Netto-Verdienst" von 237.999,85 DM aus.

Die erbetene Anrufungsauskunft wurde vom Finanzamt am 13.12.2000 erteilt. Die Behörde schrieb: "... stimme ich der Besteuerung der von Ihnen zu zahlenden Abfindung gem. § 34 EStG i.V.m. 39b Abs. 3 S. 7 EStG (=Fünftelregelung) zu. Die vorgelegte Steuerberechnung kann unverändert übernommen werden."

Im Rahmen der gemeinsam mit seiner Ehefrau eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger - wie vom Arbeitgeber auf der Lohnsteuerkarte bescheinigt - einen Arbeitslohn für mehrere Jahre in Höhe von 254.900 DM und Steuerabzugsbeträge von 14.890,00 DM für Lohnsteuer, 1.191,20 DM für Kirchensteuer und 818,95 DM für Solidaritätszuschlag. Zusätzlich erklärte er Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte.

Mit Bescheid vom 12.10.2001 (teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung -AO-) setzte das Finanzamt die hier streitige Einkommensteuer für das Jahr 2000 auf 64.040,00 DM fest. Abzüglich der einbehaltenen Abzugsbeträge ergab sich eine Einkommensteuernachzahlung von 37.879,00 DM. Der Bescheid weist folgende Steuerberechnung auf:

DM

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn von 254.900,- DM abzüglich Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000,- DM)

252.900

Einkünfte aus Kapitalvermögen

24.761

Sonstige Einkünfte

6.434

Gesamtbetrag der Einkünfte

284.095

ab Kirchensteuer

983

Beiträge und Spenden nach § 10b EStG

30

Versicherungsbeiträge

4.497

Pauschbetrag/-beträge für Behinderte

1.950

Einkommen / zu versteuerndes Einkommen

276.635

zu versteuern nach der Splittingtabelle

23.235

zu versteuern nach § 34 Abs. 1 EStG

252.900

festzusetzende Einkommensteuer

64.040

Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingelegte nicht näher begründete Einspruch wurde vom Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 01.04.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Eine vom Finanzamt im Vorfeld der Entscheidung durchgeführte Einkommensteuer(probe)berechnung nur für die erhaltene Abfindung (Gesamtbetrag der Einkünfte 252.900 DM) hatte eine festzusetzende Einkommensteuer von 27.920 DM - im Ergebnis also 36.120 DM weniger als in dem streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid - ergeben. Verschiedene weitere Berechnungen zur Nachversteuerung, ausgehend von der 1/5 Berechnung, der Berechnungsart "Brutto / Brutto" bzw. "Netto / Netto", der allgemeinen Tabelle und der Steuerklasse / Kinder III / 0, hatten die bisherigen Zahlen: Bruttoarbeitslohn 254.900,00 DM = Nettoarbeitslohn 238.000,00 DM = Lohnsteuer 14.890,00 DM (vgl. Blatt 97 und 98 der FA-Akte) bestätigt.

Mit der vorliegenden Klage beantragt der Kläger die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 2000 vom 12.10.2001 und der Einspruchsentscheidung vom 01.04.2004. Dieser Antrag ist sinngemäß dahin auszulegen, dass der Kläger eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2000 dahingehend fordert,...

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