rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkendes Ereignis, Forderungsverzicht, nachträgliche Anschaffungskosten, Besserungsschein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Forderung aus dem Darlehen ist nicht erst mit der Verzichtserklärung vom 21.11.2011, sondern bereits mit der Verzichtsvereinbarung vom 30.12.2003 ausgefallen. Der Kläger hat die Darlehensforderung gegenüber der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung erlassen (§ 397 Abs. 1 BGB), aus Sicht der Gesellschaft erlischt damit die Darlehensverbindlichkeit (vgl. BMF, Schreiben v. 16.12.2003, IV A 2 – S 2743 – 5/03; BFH, Beschluss v. 9.6.1997, GrS 1/94, BStBl 1998 II S. 307).

2. Die Vereinbarung, dass die Forderung bei Eintritt der im Besserungsschein genannten Bedingungen wieder auflebt, steht dem nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil v. 30.5.1990 I R 41/87, BStBl 1991 II S. 588). Denn der Besserungsschein stellt den Verzicht lediglich unter die auflösende Bedingung einer Vermögensverbesserung (vgl. § 158 Abs. 2 BGB). Diese Umstände liegen im Streitfall jedoch nicht vor, da gerade keine Besserung der Vermögensverhältnisse eingetreten ist. Die Verzichtserklärung vom 21.11.2011 stellt somit kein rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1; EStG § 17

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das Finanzamt den Antrag vom 2. Januar 2013 auf Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2004 zu Recht abgelehnt hat.

Der Kläger erzielte im Jahr 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung und wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Erklärungsgemäß berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid vom 1. September 2006 auch einen Veräußerungsverlust gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 14.249 EUR aus der Abtretung seiner Anteile an der T GmbH (GmbH). Laut notarieller Urkunde vom 29. November 2004 hatte der Kläger seine sämtlichen Geschäftsanteile an der GmbH jeweils in Höhe von 14.500 EUR an C und R zu einem Kaufpreis von je 1 EUR abgetreten (vgl. III des Abtretungsvertrages vom 29. November 2004).

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 beantragte der steuerliche Vertreter des Klägers die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2004 vom 1. September 2006 gemäß § 175 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Der Verlust nach § 17 EStG sei um 95.000 EUR zu erhöhen. Der Kläger habe der GmbH in dieser Höhe ein krisenbestimmtes Darlehen gegeben, wie sich aus dem beigefügten Schreiben der GmbH vom 21. November 2011 ergebe.

Darin hatte die GmbH dem Kläger mitgeteilt, dass die GmbH derzeit nicht in der Lage sei, die Forderungen aus dem bestehenden Darlehensvertrag über 95.000 EUR zu bedienen. Gründe für die dünne Kapitaldecke seien entstandene Verluste von 85.000 EUR im Jahr 2008 sowie Steuernachzahlungen aufgrund einer Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008, die im Jahr 2010 fällig geworden seien. Außerdem seien in den Jahren 2010 und 2011 Fachkräfte abgeworben worden. Auch in Zukunft werde sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessern, sondern gegebenenfalls verschlechtern, so dass auf die Forderung endgültig verzichtet werden solle. Der Kläger unterschrieb dieses Schreiben am 23. November 2011 und erklärte sich insoweit mit dem Verzicht auf die Darlehensforderung einverstanden. Nach Ansicht des Klägers wirke der Darlehensverlust in das Jahr der Veräußerung zurück. Der Verlust sei daher in voller Höhe bei der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2004 zu berücksichtigen, da niemals Dividenden geflossen seien.

Mit Verfügung vom 2. Januar 2013 lehnte das Finanzamt den Änderungsantrag ab. Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren trug der Kläger unter anderem vor, dass zwar kein schriftlicher Darlehensvertrag vorliege, sich die Existenz der eingegangenen Darlehensverpflichtungen aber aus der vorgelegten Bilanz der GmbH ergebe. Im Rahmen einer am 18. November 2003 erfolgten Kapitalherabsetzung habe der Kläger der GmbH ein Darlehen gewährt. Der Kläger habe auf seine Darlehensforderung ebenso wie die übrigen Gesellschafter gegen Ausgabe eines Besserungsscheins verzichtet (vgl. Verzichtsvereinbarung mit Besserungsversprechen vom 30. Dezember 2003). Das Darlehen sei zu Krisenzeiten der GmbH begründet worden. Im Jahr 2002 sei das Stammkapital der Gesellschaft zu mehr als 50 % aufgezehrt gewesen. Ohne die am 18. November 2003 beschlossene Herabsetzung des Stammkapitals von 500.000 EUR um 400.000 EUR wäre die GmbH überschuldet und der Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet gewesen (vgl. Schreiben des Klägervertreters vom 25. Juni 2015). Tilgungen auf das Darlehen seien nicht erfolgt.

Der Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg, er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen eingelegten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass aufgrund des Forderungsausfalls in Höhe von 95.000 EUR nachträgliche Anschaffungskosten entstanden seien und sich...

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