rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufspraktikum als Berufsausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Zur Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG gehören auch Berufspraktika. Als Berufspraktikum sind solche Maßnahmen anzusehen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

2.) Ein Berufspraktikum setzt neben praktischer Tätigkeit auch die Teilnahme an tätigkeitsbegleitenden Seminaren o.ä. voraus. Nehmen die theoretischen Ausbildungsabschnitte nur einen völlig untergeordneten Teil eines Praktikums ein, liegt kein Berufspraktikum im Sinne einer Berufsausbildung, sondern ein - ggfs. geringfügig entlohntes - Beschäftigungsverhältnis vor.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob sich die Tochter A des Klägers während ihres USA-Aufenthalts in Berufsausbildung befand.

Die Oktober 1981 geborene Tochter A des Klägers besuchte bis zum Ende Schuljahres 2000/2001 das Gymnasium. Ab August 2001 wurde die Kindergeldfestsetzung durch das Zentralamt der Bundesanstalt für Arbeit maschinell aufgehoben. In der Zeit von Ende August 2001 bis zum 24. August 2002 hielt A sich in den USA auf. Dort war sie für die gesamte Zeit ihres Aufenthalts bei … USA im Rahmen des von der Firma … angebotenen „Cultural Representative Program” im „Germany Pavilion” als „Full Service Food & Beverage Hostess” beschäftigt. Sie hatte im Restaurant des „Germany Pavilion” allgemeine Hilfs- und Servicearbeiten zu verrichten, die auch die Begrüßung von Gästen und das Zuweisen von Plätzen, die Beantwortung von Fragen über die deutsche Küche, die Annahme von Bestellungen, das Säubern und Decken der Tische, den Umgang mit Bargeld und teilweise auch das Vorbereiten von Speisen beinhalten konnte. Gelegentlich konnten auch Hilfsarbeiten in der allgemeinen Küche anfallen. „Management”- oder „Supervisory”-Erfahrung waren für die von ihr auszuübende Tätigkeit ausdrücklich nicht erforderlich. Für den Anfang war ein Stundenlohn von … vereinbart (Kindergeld-Akte, Bl 131). Die Tätigkeit sollte nach Angaben des Klägers der Vertiefung der Englischkenntnisse von A dienen, die zu dieser Zeit die Aufnahme eines Studiums der Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Touristik beabsichtigte.

Am 29. Juni 2001 beantragte der Kläger Kindergeld. Er sah die Arbeit seiner Tochter bei … USA als vorbereitendes Berufspraktikum an. Dieser Antrag wurde mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 12. September 2001 abgelehnt, weil es sich nicht um ein Praktikum handle, bei dem Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt würden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet seien.

Am 30. November 2001 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Kindergeld, nachdem er erfahren hatte, dass für eine Arbeitskollegin seiner Tochter mit der gleichen Ausbildung und dem gleichen Berufsziel weiterhin Kindergeld gewährt wurde. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Dezember 2001 erneut ab, weil es sich bei der von A ausgeübten Tätigkeit lediglich um ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis handle.

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2002) erhobenen Klage macht der Kläger geltend, es könne nicht vom jeweiligen Sachbearbeiter/Bundesland abhängen, ob Kindergeld gewährt werde, zumal A das geplante Studium noch nicht aufgenommen habe und ihr Berufsziel noch jederzeit ändern könne. So habe seine Tochter die Absicht, Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Tourismus zu studieren, zwischenzeitlich aufgegeben; sie beabsichtige nunmehr, im Oktober 2002 ein Studium der Ökotrophologie an der … aufzunehmen. Zumindest aus diesem Grund habe die ausgeübte Tätigkeit bei … USA einen hinreichenden Bezug zum beabsichtigten Beruf. So würden Seminare angeboten, von denen A einige bereits absolviert habe (u. a. Food Service, Basic Food Safty, Outer Food Stocker). Beigefügt war eine Liste von 14 jeweils halbtägigen/eintägigen Kursen, die A am … besucht hatte.

Der zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Dezember 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2002 Kindergeld für die Monate Oktober 2001 bis August 2002 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die von A ausgeübte Tätigkeit könne nicht als Berufsausbildung qualifiziert werden, weil es bei dieser Tätigkeit allenfalls um die Vermittlung nur allgemein nützlicher Fertigkeiten und Lebenserfahrung bzw. die Herausbildung sozialer Eigenschaften gehe und die Tätigkeit deshalb nicht konkret berufsbezogen sei. Es fehle auch an der Ausbildung nach einem von vornherein festgelegten Plan; eine systematische Wissensvermittlung finde nicht statt. Die von A ausgeübte Tätigkeit sei maßgeblich durch einfache Küchen- und Servi...

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