Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ferngastransportunternehmen kein produzierendes Gewerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mit der Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes (WZ 93) in § 2 Nr. 3 StromStG hat der Gesetzgeber zur Abgrenzung und näheren Bestimmung des Kreises der zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom berechtigten Unternehmen des Produzierenden Gewerbes eine abschließende Typisierung vorgenommen, die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.
  2. Erdgastransporte in Ferngasleitungen mittels Pumpstationen sind weder der Energieversorgung des Abschnitts E noch der Gasversorgung der Gruppe 40.2 oder der Gasverteilung der Unterklasse 40.20.3 der WZ 93, sondern der Gruppe 60.3 (Transport in Rohrfernleitungen) des Abschnitts I (Verkehr und Nachrichtenübermittlung) zuzuordnen.
  3. Soweit aus der Neuregelung des MinöStG durch das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24.3.1999 geschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber den mit einem hohen Energieeinsatz verbundenen leitungsgebundenen Gastransport wie bisher weiter fördern wollte und dabei annahm, der förderungswürdige Energieeinsatz finde in Unternehmen des Produzierenden Gewerbes statt, rechtfertigt dies keine andere Abgrenzung des Kreises der begünstigten Unternehmen.
  4. Ein Ferngastransportunternehmen ist kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, so dass eine dennoch erteilte Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung von Strom gemäß § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO ohne verbleibenden Ermessensspielraum zu widerrufen ist.
 

Normenkette

StromStG § 2 Nr. 3, § 9 Abs. 3-4; StromStV § 9 Abs. 2; MinöStG § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. a; AO § 131 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; FGO § 102

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.04.2009; Aktenzeichen VII R 25/07)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer Bewilligung, Strom zum ermäßigten Steuersatz zu entnehmen.

Gesellschafter der Klägerin waren die A (ca. 51% der Einlage) und die B (ca. 49% der Einlage).

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war der Bau und Betrieb eines gesellschaftseigenen rohrgebundenen Gastransportsystems von der deutsch-niederländischen bis zur deutsch-schweizerischen Grenze mit einer Länge von ca. 500 km sowie der Transport von Gas über das Transportsystem.

Die Klägerin unterhielt Betriebsstätten in M, N, O und P. In allen Betriebsstätten gab es Verdichterstationen und Messanlagen.

Die Klägerin beschäftigte durchschnittlich drei Mitarbeiter. Zum Betrieb ihrer Rohrfernleitungen mit den Nebenanlagen schloss die Klägerin Dienstleistungsverträge mit Dritten, insbesondere mit der A. Diese beinhalteten die Steuerung, den Betrieb, die Überwachung, die Unterhaltung und die technische und grundstücksrechtliche Verwaltung.

Die Klägerin transportierte Gas der B und der C aus den Niederlanden von der deutsch-niederländischen Grenze bis zur deutsch-schweizerischen Grenze.

Gas der A aus den Niederlanden wurde der Klägerin an der deutsch-niederländischen Grenze, das aus Großbritannien stammende Gas der A an der deutsch-belgischen Grenze zum Transport bis zur deutsch-schweizerischen Grenze übergeben.

Das aus russischen Quellen stammende Gas der A wurde der Klägerin in N übergeben.

Die Gasmengen wurden zu Transportkunden der B und der C an inländische Übergabestellen entlang ihres Erdgastransportsystems als auch im Rahmen eigener Transportkapazität für andere in- und ausländische Abnehmer transportiert. Die an der deutsch-niederländischen Grenze und in N übergebenen Gasmengen der A lieferte die Klägerin grundsätzlich an Ortsgasunternehmen, andere Erdgasversorger und an Industrieabnehmer. Die Industrieabnehmer waren regelmäßig Endabnehmer.

Am 16.12.1999 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Wirkung zum 01.04.1999 widerruflich, Strom zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 des Stromsteuergesetzes - StromStG - zu entnehmen.

Auf Anordnung des Beklagten fand eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Stromsteuer im Jahr 2003, insbesondere zur Anerkennung eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes durch das Hauptzollamt X, Prüfungsdienst statt. Nach dem Prüfungsbericht vom 02.06.2004, AB Nr. ..., kamen die Prüfer zum Ergebnis, dass Klägerin kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sei, weil sie weder als Dienstleister bei der Erdgasgewinnung noch als Gasversorger tätig sei. Vielmehr transportiere sie nur Erdgas in Rohrfernleitungen, wozu sie Dienstleistungsverträge geschlossen habe. Bei den überregionalen Transportleitungen stehe der Transportaspekt, nicht der Dienstleistungsaspekt im Vordergrund. Auch sei nicht erkennbar, dass die Klägerin neben dem Transport die Versorgung Dritter vorgenommen habe.

Der Beklagte widerrief bezugnehmend auf den Prüfungsbericht mit Verfügung vom 26.07.2004 mit Wirkung zum 31.07.2004 die am 16.12.1999 erteilte Bewilligung, da die Voraussetzungen für die Entnahme steuerbegünstigten Stroms nicht mehr vorgelegen hätten, § 9 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführ...

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