Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 38/08)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablauf der Festsetzungsfrist bei vorläufig festgesetzten Steuerbescheiden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftsteuer wird der Anlauf der Feststellungsfrist nur dann nach § 181 Abs. 3 S. 2 AO für drei Jahre gehemmt, wenn durch eine innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist erfolgte Aufforderung des Finanzamts eine Rechtspflicht zur Erklärungsabgabe begründet worden ist.
  2. Die durch den Einspruch gegen einen Folgebescheid ausgelöste Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3a AO entfällt mangels einer unanfechtbaren Entscheidung über den Folgebescheid nicht schon dann, wenn während des Einspruchsverfahrens ein den einzigen Streitpunkt regelnder Grundlagenbescheid ergeht.
  3. Aufgrund der damit eintretenden Bindungswirkung wird der Einspruch lediglich unbegründet, nicht aber, was eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO ausschließen würde, unzulässig.
  4. Der die Wirkungen der Feststellungsverjährung einschränkende Hinweis nach § 181 Abs. 5 S. 2 AO kann auch in einem zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen einen Feststellungbescheid gewordenen Änderungsbescheid nachgeholt werden.
  5. Die Korrekturbefugnis ergibt sich dabei aus § 367 Abs. 2 S. 1 AO, ohne dass es – wenn durch die Rücknahme des Einspruchs in gleicher Weise eine Bindungswirkung für den Folgebescheid herbeigeführt würde – eines Verböserungshinweises bedarf.
 

Normenkette

AO § 165 Abs. 1, § 171 Abs. 8 S. 1, §§ 181, 182 Abs. 1, § 365 Abs. 3 S. 1, § 367 Abs. 2 S. 2; BewG § 138

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.02.2010; Aktenzeichen II R 38/08)

BFH (Urteil vom 17.02.2010; Aktenzeichen II R 38/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Grundbesitzwert noch festgestellt werden darf.

Der Kläger ist Erbe nach Herrn Werner X.. Dieser war Beteiligter an der X. Grundstücksgesellschaft A-Stadt & Co. GbR. Im Todeszeitpunkt von Herrn X., dem 5. September 1998, gehörte das Grundstück A-Straße 1 in B-Stadt zum Betriebsvermögen der X. Grundstücksgesellschaft A-Stadt & Co. GbR (Gesamthandseigentum).

Mit Schreiben vom 26. November 2004 richtete das Finanzamt B-Stadt Erbschaft/Schenkungsteuerstelle eine Anfrage nach Grundbesitzwerten an die Bewertungsstelle. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2004 forderte die Bewertungsstelle den Kläger auf, eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes für die A-Straße 1 einzureichen. Daraufhin bat der Kläger um Fristverlängerung zur Abgabe der Erklärung zunächst bis 31. Januar 2005, dann bis zum 8. April 2005. Am 12. April 2005 reichte der Kläger eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes für das bebaute Grundstück A-Straße 1, B-Stadt beim Beklagten ein. In einem Begleitschreiben vom 6. April 2005 wurde die Erklärung als vorläufig bezeichnet.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2005 stellte der Beklagte den Grundbesitzwert auf den 5. September 1998 für Zwecke der Erbschaftsteuer für die wirtschaftliche Einheit A-Straße 1 in B-Stadt mit 6.518.460 EUR (12.749.000 DM) fest.

Am 30. Juni 1999 hatte der Kläger eine Erbschaftsteuererklärung eingereicht, in welcher das Grundstück A-Straße 1 in B-Stadt als Betriebsvermögen erklärt wurde. Eine Aufforderung des Finanzamtes zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung lässt sich den vom Senat beigezogenen zwei Band Erbschaftsteuerakten des Beklagten (Steuer- Nr. 1xx/9xxx/1x) nicht entnehmen.

Danach ergingen folgende Erbschaftsteuerfestsetzungen gegenüber dem Kläger:

1. - Bescheid vom 02. August 1999 nach § 164 Abs. 1 AO

Dagegen Einspruch vom 11. August 1999

2. - Änderungsbescheid vom 26. April 2000 mit dem Zusatz: Hierdurch erledigt sich ihr Einspruch vom 11.August 1999.

Dagegen kein Einspruch

3. - Änderungsbescheid vom 13. März 2002 nach § 164 Abs. 2 AO mit fortbestehendem Nachprüfungsvorbehalt

"vorläufig hinsichtlich Umfang und wertbildender Eigenschaften des Betriebsvermögens"; dagegen kein Einspruch

4. - Änderungsbescheid vom 24. September 2002

"ergeht weiterhin vorläufig gem. § 165 AO hinsichtlich der Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche.” Dagegen Einspruch vom 25. Oktober 2002 wegen Berücksichtigung von Steuererstattungs- und Steuernachzahlungsansprüchen

5. - Änderungsbescheid vom 12. Juni 2003 mit dem Zusatz: Hierdurch erledigt sich ihr Einspruch vom 25.Oktober 2002.

"ergeht weiterhin vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich . . . sowie des Umfangs und der wertbildenden Eigenschaften des anzusetzenden Betriebsvermögens"; dagegen kein Einspruch

6. - Änderungsbescheid vom 30. September 2004

"ist nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert und wird nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO für endgültig erklärt.” „nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig . .. im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren II R 61/99. . .”. dagegen Einspruch vom 20. Oktober 2004 wegen der Höhe des Grundbesitzwertes A-Straße 1

7. - Änderungsbescheid vom 20. März 2006 nach § 175 Abs.1 Nr. 1 AO mit dem Zusatz: Hierdurch erledigt sich ihr Einspruch vom 20.Oktober 2004.

Dagegen Einspruch vom...

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