Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags

 

Leitsatz (redaktionell)

Der zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nicht abziehbarer Schuldzinsen anzuwendende typisierte Zinssatz von 6 v.H. der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres begegnet auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Vollverzinsung (Beschluss vom 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 - BVerfGE 158, 282) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4a S. 3; AO §§ 233a, 238 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2013, 2014, 2015, 2016

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen IV R 2/23)

 

Gründe

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 bis 2016 mit Bescheiden vom 21.12.2018, die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2013 bis 2016 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 jeweils vom 08.01.2019 (Einspruchsentscheidung vom 26.03.2019) macht die Klägerin mit der Klage geltend, der in § 4 Abs. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG- bestimmte typisierende Zinssatz von 6 v.H. unterliege verfassungsrechtlichen Zweifeln. Hier gälten die gleichen Bedenken, die in den derzeit anhängigen Verfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes in § 238 der Abgabenordnung -AO- vorgebracht würden. In den Streitjahren, während anhaltender Niedrigzinsphase, habe der typisierte Zinssatz keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau; der angemessene Rahmen einer wirtschaftlichen Realität sei erheblich überschritten.

Der Senat hat die Klage mit Gerichtsbescheid (mit Zulassung der Revision) vom 31.05.2019 abgewiesen. Auf die Revision hat der Bundesfinanzhof -BFH- das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (Gerichtsbescheid vom 22.03.2022 - IV R 19/19). Das Finanzgericht -FG- habe noch Feststellungen zu der betrieblichen Veranlassung der Schuldzinsen und zu der Frage zu treffen, ob überhaupt Überentnahmen vorlägen; zudem sei der - über den Sonderbetriebsgewinn - betroffene Mitunternehmer notwendig beizuladen.

Das Gericht hat die Beiladung mit Beschluss vom 25.07.2022 vorgenommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28.09.2022, nebst Anlagen 1 - 4, im Einzelnen dargelegt, dass sich die betrieblichen Schuldzinsen auf…EUR (2013),…EUR (2014),…EUR (2015) sowie…EUR (2016) beliefen und die Überentnahmen des Beigeladenen betrugen:…EUR (2013),…EUR (2014),…EUR (2015) und…EUR (2016). Wegen der Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf diese schriftliche Stellungnahme nebst Nachweisen Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 bis 2016 mit Bescheiden vom 21.12.2018, die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2013 bis 2016 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 jeweils vom 08.01.2019 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26.03.2019 dahin zu ändern, dass bei der Ermittlung der Schuldzinsenkürzung gemäß § 4 Abs. 4a EStG für den Gesellschafter A ein Zinssatz von 2,9 v.H. zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: Dem Klagevortrag könne er hinsichtlich sowohl der betrieblichen Veranlassung der Schuldzinsen als auch der ermittelten Überentnahmen folgen; der Sachverhalt sei unstreitig. Nach diesem Zahlenmaterial führe die Berücksichtigung der kumulierten Entnahmen und des jeweiligen kumulierten Entnahmeüberschusses auch bei Anwendung der neueren BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 14.03.2018 - X R 17/16 bzw. vom 06.12.2018 - IV R 15/17) zu keiner Änderung der in den streitbefangenen Bescheiden hinzugerechneten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG. Bei dem Zinssatz handele es sich um eine vom Gesetzgeber festgelegte und auch zulässige Typisierung, die der aktuellen Rechtslage entspreche; die anhängigen Verfahren betr. § 238 AO seien hier nicht übertragbar. Der zwischenzeitlich ergangene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 08.07.2021 - l BvR 2237/14, l BvR 2422/17 über die Verfassungsbeschwerden betreffend die Vollverzinsung nach den §§ 233a, 238 Abs. 1 AO bestätige im Ergebnis die hier angewandten Grundsätze. Wegen der Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf insbesondere auf dessen Schriftsatz vom 02.11.2022 Bezug genommen.

Der Beigeladene hat weder eine Stellungnahme abgegeben noch einen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Bescheiden die betrieblich veranlassten Schuldzinsen und die Überentnahmen sämtlicher Streitjahre in zutreffender Höhe zugrunde gelegt, wie auch die Beteiligten übereinstimmend vorbringen. Dabei hat er auch der zw...

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