rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragung des Finanzamts bei Obsiegen des Steuerpflichtigen und erstmaliger Einreichung von entscheidungserheblichen Unterlagen durch den Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn zwar der Antragsteller oder Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren Ausführungen macht oder erstmals entscheidungserhebliche Unterlagen vorlegt, wenn die Finanzbehörde dies aber nicht für ausreichend hält, um dem Antrags- oder Klagebegehren zu entsprechen, und wenn es deswegen einer Entscheidung des Finanzgerichts bedarf, so können bei einem Obsiegen des Antragstellers bzw. Klägers die Kosten nicht nach § 137 S. 1 FGO dem Antragsteller bzw. Kläger auferlegt werden; denn in diesem Fall beruht die gerichtliche Entscheidung gerade nicht auf dem nachträglichen Vortrag oder Nachweis der Tatsachen, weil das gerichtliche Verfahren – und damit auch die gerichtliche Entscheidung – offensichtlich auch erforderlich geworden wäre, wenn der Antragsteller oder Kläger die Tatsachen noch im Verwaltungsverfahren vorgebracht und nachgewiesen hätte.

 

Normenkette

FGO § 137 S. 1

 

Tenor

Die Gegenvorstellung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit dem am 5.5.2008 beim Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2003 begehrt. Dem ist der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 13.6.2008 entgegengetreten. Mit dem am 10.7.2008 per Telefax eingegangenen Schriftsatz vom 9.7.2008 hat der Antragsteller seinen Vortrag nochmals wiederholt. Durch Beschluss vom 22.7.2008 hat der Senat dem Antragsbegehren entsprochen und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2003 ausgesetzt. Die Kosten des Verfahrens hat der Senat dem Antragsgegner auferlegt.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der am 8.9.2008 eingegangenen Gegenvorstellung, mit der er geltend macht, dass die Kosten des Verfahrens nach § 137 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Antragsteller aufzuerlegen gewesen wären, weil dieser den Sachverhalt erst durch die Vorlage von Unterlagen im gerichtlichen Verfahren aufgeklärt habe. Der Beschluss lasse unerläutert, warum er, der Antragsgegner, gleichwohl die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.

Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg. Der Senat kann offenlassen, ob eine Gegenvorstellung nach der Schaffung des § 133a FGO überhaupt noch als außerordentlicher Rechtsbehelf statthaft ist. Selbst wenn man dies bejahen wollte, wäre die Gegenvorstellung auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen gerügt wird, dass schwerwiegende Grundrechtsverstöße voliegen oder dass die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (Bundesfinanzhof – BFH –, Beschluss vom 19.05.2008 – III S 29/08, nicht veröffentlicht und Beschluss vom 15.5.2008 – III S 10/08, nicht veröffentlicht). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Schwerwiegende Grundrechtsverstöße hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Der Beschluss vom 22.7.2008 entbehrt – auch hinsichtlich der Kostenentscheidung – nicht jeder gesetzlichen Grundlage. Für eine Anwendung des § 137 FGO war nämlich kein Raum. Nach § 137 Satz 1 FGO können einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Diese Voraussetzungen liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann nicht vor, wenn der Antragsteller oder Kläger zwar erstmals im gerichtlichen Verfahren Ausführungen macht oder entscheidungserhebliche Unterlagen vorlegt, der Antragsgegner oder Beklagte dies aber – wie hier – nicht für ausreichend hält, um dem Antrags- oder Klagebegehren zu entsprechen. Denn in diesem Fall beruht die gerichtliche Entscheidung gerade nicht auf dem nachträglichen Vortrag oder Nachweis der Tatsachen, weil das gerichtliche Verfahren – und damit auch die gerichtliche Entscheidung – offensichtlich auch erforderlich geworden wären, wenn der Antragsteller oder Kläger die Tatsachen noch im Verwaltungsverfahren vorgebracht und nachgewiesen hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2070450

EFG 2009, 142

EFG 2009, 42

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