Entscheidungsstichwort (Thema)

EU-Privilegienprotokoll, Einbeziehung von EU-Bezügen in die Berechnung der Plafonierung der Solidaritätssteuer auf Vermögen, französisches Ertragsteuerrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 13 Abs. 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Amsterdam dem EG-Vertrag beigefügt wurde, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach die von der Union an ihre Beamten und Bediensteten oder an ehemalige Beamte und ehemalige Bedienstete gezahlten Bezüge, einschließlich der Ruhegehälter und der Vergütungen wegen endgültigen Ausscheidens aus dem Dienst, im Rahmen der Plafonierung einer Steuer wie des ISF berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EU-Privilegienprotokoll Art. 13 Abs. 2

 

Beteiligte

Bourges-Maunoury und Heintz (épouse Bourges-Maunoury)

Michel Bourges-Maunoury, Marie-Louise Bourges-Maunoury geb. Heintz

Direction des services fiscaux d Eure-et-Loir

 

Verfahrensgang

Tribunal de grande instance de Chartres (Urteil vom 24.11.2010; ABl. EU 2011, Nr. C 46/9)

 

Tatbestand

„Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften ‐ Befreiung von innerstaatlichen Steuern auf die von der Union gezahlten Bezüge ‐ Einbeziehung der von der Union gezahlten Bezüge in die Berechnung der Plafonierung der Solidaritätssteuer auf das Vermögen“

In der Rechtssache C-558/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal de grande instance de Chartres (Frankreich) mit Entscheidung vom 24. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 29. November 2010, in dem Verfahren

Michel Bourges-Maunoury,

Marie-Louise Bourges-Maunoury, geborene Heintz,

gegen

Direction des services fiscaux d’Eure-et-Loir

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, T. von Danwitz und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Herrn Bourges-Maunoury und Frau Bourges-Maunoury, geborene Heintz, vertreten durch T. Davidian, avocat,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A. Adam als Bevollmächtigte,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und M. Jacobs als Bevollmächtigte,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Ree als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart, I. Martínez del Peral und R. Lyal als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Februar 2012

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, das ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13) beigefügt war und sodann durch den Vertrag von Amsterdam dem EG-Vertrag beigefügt wurde (im Folgenden: Protokoll).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Bourges-Maunoury und seiner Ehefrau einerseits und der Direction des services fiscaux d’Eure-et-Loir andererseits wegen der Berücksichtigung der von der Europäischen Union gezahlten Bezüge bei der Berechnung der Plafonierung des Impôt de solidarité sur la fortune (Solidaritätssteuer auf das Vermögen, im Folgenden: ISF).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 13 des Protokolls bestimmte in seiner für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung:

„Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Gemeinschaften ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlen, wird zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission festgelegt werden.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.“

Französisches Recht

Rz. 4

Der ISF, der durch die Loi Nr. 88-1149 de finances pour 1989 (Finanzgesetz für 1989) vom 23. Dezember 1988 (JORF vom 28. Dezember 1988, S. 16320) eingeführt wurde, war in den Art. 885 A bis 885 X des Code général des impôts (Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI) in ihrer für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung geregelt.

Rz. 5

Art. 885 A des CGI bestimmte:

„Übersteigt der Wert ihrer Vermögensgegenstände die Obergrenze der ersten Stufe des in Art. 885 U festgesetzten Tarifs, unterliegen der jährlichen Solidaritätssteuer auf das Vermögen:

1. natürliche Personen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Frankreich haben, h...

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