Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer auf den Erwerb eines Baugrundstücks erhobenen Eintragungsteuer mit dem Gemeinschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob eine in Frankreich erhobene Eintragungsteuer mit Artikel 33 der 6. EG-Richtline vereinbar ist. In Frankreich unterliegt die Lieferung von Baugrundstücken der Mehrwertsteuer. Weiterhin wird eine Eintragungsteuer vom Neubesitzer des Baugrundstücks erhoben, wenn er nicht innerhalb einer 4-Jahres-Frist das Grundstück bebaut. Diese Eintragungsteuer ist zum Grundstückswert proportional. In den Fällen, in denen die vorgeschriebene Bebauung nicht fristgerecht erfolgt, kommt es daher zu einer doppelten Besteuerung des Grundstücks, zum einen mit Mehrwertsteuer und zum anderen mit der Eintragungsteuer.

Der EuGH hat entschieden, daß diese Steuer keine Merkmale einer Umsatzsteuer aufweist und daher gemeinschaftsrechtlich zulässig ist.

 

Beteiligte

Raymond Beaulande

Directeur des services fiscaux de Nantes

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

(Vierte Kammer)

In der Rechtssache C-208/91

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag vom Tribunal de grande instance Nantes in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Raymond Beaulande[1]

gegen

Directeur des services fiscaux de Nantes

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Abl. L 145, S. 1)

erläßt

Der Gerichtshof

(Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. N. Kakouris, der Richter M. Diez de Velasco und P. J. G. Kapteyn,

Generalanwalt: M. Darmon

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

von R. Beaulande

der französischen Regierung, vertreten durch P. Pouzoulet, Sous-directeur in der Direktion für Rechtsangelegenheiten des Außenministeriums, und G. de Bergues, Secrétaire adjoint principal in diesem Ministerium, als Bevollmächtigte;

der Kommission, vertreten durch Johannes Føns Bühl als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Beteiligten in der Sitzung vom 11. Juni 1992, in der R. Beaulande durch die Rechtsanwälte J. C. Bouchard und X. Casal, Hauts-de-Seine, vertreten war,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. September 1992,

folgendes

Urteil

1 Das Tribunal de grande instance de Nantes hat mit Beschluß vom 7. Mai 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 2. August 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Abl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen R. Beaulande (im folgenden: Kläger) und dem Directeur des services fiscaux de Loire Atlantique über die Erhebung von Eintragungsgebühren auf ein Baugrundstück.

3 Wie aus den Akten hervorgeht, erwarb der Kläger am 16. Januar 1980 ein Haus in Nantes mit der Verpflichtung, es abzureißen und an seiner Stelle innerhalb von vier Jahren ein Wohngebäude zu errichten.

4 Da auf diesen Erwerb gemäß Artikel 257 des französischen Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch; im folgenden: CGI) die Vorschriften über die Mehrwertsteuer auf unbewegliche Sachen Anwendung fanden, entrichtete der Kläger diese Steuer, wobei er nach Artikel 691 CGI von der Zahlung der Eintragungsgebühr befreit war. Diese Bestimmung sieht vor, daß der Erwerb unbebauter oder mit zum Abriß bestimmten Gebäuden bebauter Grundstücke von der Eintragungsgebühr freigestellt ist, wenn er mehrwertsteuerpflichtig ist, sofern im Kaufvertrag die Verpflichtung festgelegt wird, innerhalb von vier Jahren, vom Vertragsdatum an gerechnet, ein Gebäude zu errichten, und der Erwerber bei Ablauf dieser Frist die Durchführung der entsprechenden Arbeiten nachweist.

5 Gemäß Artikel 1840 G ter CGI hat der Erwerber in Ermangelung der Vorlage des in Artikel 691 geforderten Nachweises auf die erste Aufforderung hin die Eintragungsgebühr, von der er freigestellt worden war, zuzüglich einer zusätzlichen Gebühr in Höhe von 6 % zu entrichten. Gemäß Artikel 291 des Anhangs II des CGI kann jedoch die beim Kauf gezahlte, noch nicht abgezogene Mehrwertsteuer auf die geforderte Eintragungsgebühr angerechnet werden.

6 Da der Bai nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist durchgeführt worden war, forderte die Finanzverwaltung den Kläger zur Zahlung der gemäß Artikel 1840 G ter CGI geschuldeten Gebühr auf.

7 Nachdem seine bei der Finanzbehörde des Departments Loire Atlantique eingelegte Beschwerde zurückgewiesen worden war, erhob der Kläger am 14. ...

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