War der Erblasser Vorerbe, ist dies in Zeile 15 anzukreuzen. Daneben ist in Zeile 16 der vorverstorbene Erblasser mit Name, Sterbetag, letztem Wohnsitz sowie dem Erbschaftsteuer-Finanzamt und der letzten Steuernummer anzugeben. Gleiches gilt, wenn der Erblasser Vermächtnisnehmer war (s. Tz. 2.8.2).

Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag einen Erben in der Weise einsetzen, dass dieser erst dann zum Erben wird, wenn zunächst ein anderer Erbe geworden ist (sog. Vor- und Nacherbschaft, §§ 2100 BGB ff.).

Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe werden Erben desselben Erblassers und desselben Vermögens. Dies aber nicht gleichzeitig, sondern zeitlich nacheinander.

Der Nachlass ist beim Vorerben ein von dessen eigenen Vermögen zu trennendes Sondervermögen.

Verstirbt der Vorerbe, geht das Vorerbschaftsvermögen auf den Nacherben über, während das eigene Vermögen auf die gesetzlichen oder eingesetzten Erben des Vorerben übergeht. Dies kann natürlich auch der Nacherbe sein.

Der Nacherbe erwirbt mit dem Tod des Erblassers ein Anwartschaftsrecht auf seine zukünftige Erbenstellung. Dieses Recht ist veräußerlich und kann vererbt werden, sofern sich kein abweichender Wille des Erblassers feststellen lässt. Tritt die Nacherbfolge ein, dann hört der Vorerbe auf Erbe zu sein und es fällt die Erbschaft dem Nacherben an. Der Nacherbe kann die Erbschaft aber auch ausschlagen. In diesem Fall verbleibt sie beim Vorerben, es sei denn der Erblasser hat etwas anderes bestimmt.

 
Wichtig

Begünstigungen für Betriebsvermögen auch im Vorerb- bzw. Nacherbfall

Befindet sich im Nachlass des Erblassers begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG, so werden die Begünstigungen für Betriebsvermögen sowohl für den Vorerbfall wie auch für den Nacherbfall gewährt. Dies gilt auch für den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und für den geminderten Verschonungsabschlag nach § 13c ErbStG.[1]

Die vorzeitige Übertragung des Nacherbschaftsvermögens an den Nacherben stellt aber keinen Erwerb durch Erbanfall, sondern eine Schenkung unter Lebenden dar. Hierfür können auch die Begünstigungen für Betriebsvermögen (Verschonungsabschlag von 85 %/100 %, Abzugsbetrag, Vorwegabschlag, Entlastungsbetrag nach § 19a ErbStG, geminderter Verschonungsabschlag und Verschonungsbedarfsprüfung) in Anspruch genommen werden, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.[2]

 
Praxis-Beispiel

Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft

Erblasser E hat bestimmt, dass dessen Nichte N seine Erbin sein soll. Gleichzeitig hat E aber auch angeordnet, das beim Tod von N das Vermögen deren Bruder B erhalten soll.

Lösung

Hier wurde von Erblasser E eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Vorerbe ist die Nichte N und Nacherbe deren Bruder B.

Das Erbschaftsteuerrecht weicht bei angeordneter Vor- und Nacherbschaft dagegen vom Zivilrecht ab.

Hierbei sieht der Bundesfinanzhof dies als zulässig an.[3]

[1] Vgl. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a ErbStG Rz. 175 und 176, Stand: 10. Juli 2023,

R E 13b.1 Abs. 1 ErbStR 2019.

[2] R E 13b.2 ErbStR 2019.

2.8.1.1 Besteuerung des Vorerben

Der Vorerbe wird zwar als Erbe des Erblassers besteuert. Dennoch werden bei der Besteuerung des Vorerben die durch die angeordnete Nacherbschaft auferlegten Beschwerungen nicht berücksichtigt, d. h. sie mindern nicht den Wert seines Erwerbs. Der Vorerbe wird somit als Vollerbe besteuert. Er schuldet nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG die Erbschaftsteuer für diesen Erwerb. Er muss die durch die Vorerbschaft entstandene Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft entrichten (§ 20 Abs. 4 ErbStG).

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs[1] ist die Besteuerung sowohl des Vor- als auch des Nacherben verfassungsgemäß.

Die Erbschaftsteuer ist nach dem Tod des Vorerben regelmäßig gegen den Nacherben und nur ausnahmsweise gegen den Erben des Vorerben festzusetzen.[2]

2.8.1.2 Besteuerung des Nacherben

Tritt der Nacherbfall durch den Tod des Vorerben ein, muss der Nacherbe seinen Erwerb als vom Vorerben stammend versteuern. Das Erbschaftsteuerrecht weicht damit vom Zivilrecht ab, bei dem der Nacherbe vom Erblasser erbt.[1]

2.8.1.3 Steuerklasse

Die Steuerklasse richtet sich nach dem Verhältnis des Nacherben zum Vorerben. Von dieser Steuerklasse hängen dann der infrage kommende persönliche Freibetrag und der Steuersatz ab.

Steht der Nacherbe zum Erblasser in einem günstigeren Verwandtschaftsverhältnis als zum Vorerben, kann er aber auch die Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser wählen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Infolgedessen ist der Besteuerung das Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen. Dies hat Auswirkungen auf die Steuerklasse, die sachlichen Steuerbefreiungen, den persönlichen Freibetrag, den Steuersatz und die Ermäßigung beim mehrfachen Erwerb desselben Vermögens.

 
Praxis-Tipp

Günstigere Steuerklasse durch Antrag bestimmen

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