Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung des Arbeitslosengeldes bei Wettbewerbsabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für den Wegfall der Erstattungspflicht aus § 128a AFG genügt der Verzicht des Arbeitgebers auf die Beschränkung der beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer; das Verbot entsprechender selbständiger Tätigkeit kann bestehenbleiben.

2. Zu erstatten ist, was die Bundesanstalt für Arbeit tatsächlich an Arbeitslosengeld und darauf entfallenden Beiträgen erbracht hat, jedoch nicht mehr, als sie aufgrund von Rechtsvorschriften zu erbringen hatte.

 

Orientierungssatz

1. Zu den Anforderungen an die Belehrung, die das Arbeitsamt dem Arbeitgeber gibt, durch Verzicht auf das Wettbewerbsverbot den Erstattungsanspruch abzuwehren.

2. § 128a AFG ist verfassungskonform und verstößt insbesondere nicht gegen Art 12 Abs 1 S 2 GG.

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 08.03.1991; Aktenzeichen L 4 Ar 64/87)

SG Berlin (Urteil vom 22.05.1987; Aktenzeichen S 59 Ar 1822/86)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 8. März 1991 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme auf Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) nach § 128a Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Die am 10. Juni 1959 geborene Beigeladene, die nach Abschluß der Hauptschule eine Berufsausbildung als Bürokaufmann und als Geprüfte Sekretärin durchlaufen hatte, war bei der Klägerin, die auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist, vom 1. Juni 1983 bis 31. Dezember 1985 beschäftigt, und zwar zunächst als Sekretärin, später als „Niederlassungsleiterin”. Laut Anstellungsvertrag vom 2. April 1984 unterlag sie einem Wettbewerbsverbot (§ 8). Danach durfte sie für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für ein Konkurrenzunternehmen tätig sein. Gleichzeitig hatte sie für die Dauer des Wettbewerbsverbots Anspruch auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestentschädigung. Ihr Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 30. September 1985 am 31. Dezember 1985. Gemäß arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 25. Oktober 1985 bestand zwischen der Klägerin und der Beigeladenen Einigkeit darüber, daß das Arbeitsverhältnis durch fristgemäße, betriebsbedingte Kündigung seitens der Klägerin zum 31. Dezember 1985 beendet wurde; die Beigeladene erhielt eine Abfindung in Höhe von 4.200,00 DM (brutto = netto).

Die Beklagte gewährte der Beigeladenen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Dezember 1986 Alg in Höhe von wöchentlich 330,00 DM (täglich 55,00 DM). Mit Schreiben vom 24. Februar 1986 wies sie die Klägerin auf deren Erstattungspflicht gemäß § 128a AFG sowie darauf hin, daß eine Erstattungspflicht von dem Tage entfalle, an dem die Klägerin auf die Einhaltung der Wettbewerbsabrede verzichte; diese Verzichtserklärung sei der Beklagten schriftlich einzureichen. Die Klägerin erwiderte, ein Erstattungsanspruch sei ihrer Auffassung nach nicht gegeben. Die Beigeladene sei in ihrem Unternehmen lediglich 2 1/2 Jahre tätig gewesen; sie könne in den Branchen, in denen sie zuvor Erfahrungen gesammelt habe, und in anderen Branchen jederzeit wieder tätig werden.

Daraufhin forderte die Beklagte durch Bescheid vom 22. April 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 1986 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1986 die Erstattung eines Betrages von 6.488,57 DM (4.235,00 DM Alg zuzüglich 1.440,45 DM Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zuzüglich 813,12 DM Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung). Zur Begründung führte sie aus, auch ein sog unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot erschwere die Wiedereingliederung des Arbeitslosen in das Arbeitsleben. Für die Erstattungspflicht gemäß § 128a AFG sei nicht erforderlich, daß es aufgrund der Wettbewerbsbeschränkung zu einer tatsächlichen Verzögerung der Arbeitsaufnahme komme; ausreichend sei, daß für eine bestimmte Zeit eine bestimmte berufliche Tätigkeit nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeübt werden dürfe. Durch Bescheid vom 25. August 1986 forderte die Beklagte für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1986 die Erstattung von Alg nebst Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 6.572,80 DM und durch Bescheid vom 2. April 1987 für die Zeit vom 1. Juli bis 30. Dezember 1986 die Erstattung in einer Gesamthöhe von 13.229,82 DM. Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide aufgehoben (Urteil vom 22. Mai 1987). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. März 1991).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen des § 128a AFG seien erfüllt. Die Beigeladene sei durch ein sog unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot in ihrer beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmerin für die Dauer eines Jahres beeinträchtigt worden. Ein Nachweis, ob und inwieweit sie bei der Arbeitsuche konkret beeinträchtigt worden sei, sei nicht erforderlich. Zwischen dem Wettbewerbsverbot und der Erschwerung der Arbeitsuche werde von Gesetzes wegen ein unwiderlegbarer Kausalzusammenhang vermutet. Die Wettbewerbsabrede habe die Vermittelbarkeit der Beigeladenen auch nicht unwesentlich beschränkt; denn sie sei wirksam zustande gekommen. Unerheblich sei, ob tatsächliche Vermittlungsmöglichkeiten bestanden hätten. Des weiteren sei die Klägerin, wie vom Bundessozialgericht (BSG) verlangt, in dem Sinne belehrt worden, daß sie den Erstattungsanspruch durch Verzicht auf das Wettbewerbsverbot beseitigen könne. Sie habe von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Die Beigeladene, die aufgrund der Kündigung der Klägerin arbeitslos geworden sei, habe das Alg auch zu Recht bezogen. Insbesondere habe sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Allerdings habe sie schon während ihrer Arbeitslosigkeit den Entschluß gefaßt, sich auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung selbständig zu machen. Doch habe sie diese Absicht erst 1987 verwirklicht. Im übrigen habe ihr Anspruch auf Alg nicht gemäß § 117 AFG geruht, denn die ihr zustehende Karenzentschädigung sei nicht auf das Alg anzurechnen (§ 115 AFG). Vielmehr sei das Alg, das der Arbeitgeber erstatte, wie Arbeitsentgelt auf die Karenzentschädigung anzurechnen (§ 128a Abs 1 Satz 3 AFG). Daß die Erstattungsbeträge der Höhe nach von der Beklagten unrichtig ermittelt worden seien, sei nicht ersichtlich. Schließlich sei die Vorschrift des § 128a AFG verfassungskonform. Weder der Gleichheitssatz noch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seien verletzt. Es obliege dem Gesetzgeber, nach welchem System er eine Materie ordne.

Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des Art 103 Grundgesetz (GG) und des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des § 128a AFG, der §§ 74 Abs 2, 74a, 75a Handelsgesetzbuch (HGB) sowie des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Begründung macht sie geltend, nach der Rechtsprechung des BSG lösten nur solche tatsächlichen Behinderungen die Erstattungspflicht gemäß § 128a AFG aus, die durch die Vereinbarung wesentlich verursacht worden seien. Das LSG habe mit der Annahme eines unwiderlegbaren Kausalzusammenhanges zwischen dem Wettbewerbsverbot und der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit gegen diese Rechtsprechung verstoßen. Es habe, indem es die Klägerin auf diesen Gesichtspunkt nicht hingewiesen habe, eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen (Art 103 GG). Darüber hinaus habe es den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw des Übermaßverbotes verletzt. Der Erstattungsanspruch nach § 128a AFG dürfe nicht allein von der Wettbewerbsvereinbarung und der Arbeitslosigkeit abhängen. Dies laufe auf eine einseitige Bestrafung des Arbeitgebers hinaus, obwohl das Wettbewerbsverbot nicht nur in seinem berechtigten geschäftlichen Interesse (§ 74a Abs 1 Satz 1 HGB), sondern auch im Interesse des Arbeitnehmers liege. Unabhängig davon lasse die Auffassung des LSG keine Fälle sog überholender Kausalität zu, auf die sich das LSG selbst bezogen habe. Die vom BSG geforderte Belehrung vermöge die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu beseitigen. Sie sei – jedenfalls in der bisherigen Form – in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft. Sie lasse den Hinweis vermissen, daß es für eine Abwendung der Erstattungspflicht ausschließlich den Weg des Verzichts auf das Wettbewerbsverbot gebe. Sie richte sich ferner an den falschen Adressaten; sie lasse nämlich außer acht, daß der Verzicht des Arbeitgebers auf das Wettbewerbsverbot (§ 75a HGB) ein Wahlrecht des Arbeitnehmers auslöse; dieser könne sich von dem Wettbewerbsverbot lösen oder aber an ihm festhalten; folglich lasse sich ein Wettbewerbsverbot nur zweiseitig aufheben. Überdies beziehe sich ein Wettbewerbsverbot sowohl auf abhängige wie auf unabhängige Tätigkeiten. Wenn dem Arbeitgeber ein umfassender Verzicht auf das Wettbewerbsverbot abverlangt werde, sei das Maß des Erforderlichen überschritten. Zur Ausschaltung des Vermittlungsrisikos genüge ein Verzicht auf den Teil des Wettbewerbsverbots, der die abhängige Tätigkeit des Arbeitnehmers betreffe. Unverhältnismäßig sei zudem die Anrechnung des Alg auf die Karenzentschädigung (§ 128a Abs 1 Satz 3 AFG). Der Arbeitgeber werde durch sie – über das in § 74 Abs 2 HGB festgelegte Maß hinaus – bis zu 110 vH der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen herangezogen. Kleine Unternehmen könnten ihre berechtigten geschäftlichen Interessen demgemäß nicht durch ein Wettbewerbsverbot schützen. Schließlich habe das LSG seine Aufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt. Weder sei es der Frage nachgegangen, wie die Klägerin die Belehrung habe verstehen müssen, noch habe es geprüft, wann die Beigeladene den Entschluß gefaßt habe, sich selbständig zu machen. Letzteres sei spätestens im Oktober 1986 der Fall gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert, die Frage, wem gegenüber die Belehrung abzugeben sei, sei vorliegend schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin einen Verzicht auf das Wettbewerbsverbot unzweifelhaft abgelehnt habe. Damit sei ein Vermittlungshemmnis eingetreten, ohne daß es darauf ankomme, ob die Beigeladene in der Arbeitsuche konkret beeinträchtigt worden sei. Der Eintritt der Erstattungspflicht nach § 128a AFG hänge nach der Rechtsprechung des BSG nicht vom Nachweis der Ursächlichkeit zwischen der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und seiner Arbeitslosigkeit ab. Ausreichend sei vielmehr, daß der Arbeitnehmer infolge der Wettbewerbsabrede für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten nicht oder nicht voll zur Verfügung stehe und die Vermittlung in zumutbare Tätigkeiten erschwert werde. Diese Ansicht sei durch Sinn und Zweck des § 128a AFG gedeckt. Denn ein Wettbewerbsverbot führe typischerweise zu einem Vermittlungshemmnis. Der Arbeitgeber könne dieses durch Verzicht auf das Wettbewerbsverbot beseitigen, auch wenn der Arbeitnehmer an der Abrede festhalte. Mache der Arbeitgeber von der Möglichkeit des Verzichts trotz eines entsprechenden Hinweises durch die Beklagte keinen Gebrauch, bestätige er die dem Gesetz zugrunde liegende Vermutung, daß die Wettbewerbsklausel ihn vor unliebsamer Konkurrenz schützen solle. Besonderheiten, die die Kausalität zwischen dem Wettbewerbsverbot und dem Vermittlungshemmnis vorliegend ausschließen könnten (wie zB offensichtliche Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots), seien vom LSG zu Recht verneint worden. Schließlich weise das Urteil des LSG keine Verfahrensmängel auf. Zum einen sei die Frage der Kausalität zwischen dem Wettbewerbsverbot und der erschwerten Arbeitsplatzsuche im Berufungsverfahren schriftlich eingehend erörtert worden. Zum anderen habe sich das LSG aus seiner materiell-rechtlichen Sicht nicht zu weiterer Sachaufklärung gedrängt sehen müssen.

Die Beigeladene beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hat sich zur Sache nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob die Beklagte von der Klägerin die Erstattung von 26.291,19 DM verlangen kann, wie sie im Bescheid vom 22. April 1986 (idF des Widerspruchsbescheids vom 20. August 1986) und den – entsprechend § 96 Abs 1 SGG mitangefochtenen (vgl BSG SozR 1500 § 86 Nr 1; SozR 3-4100 § 128a Nr 3) – Folgebescheiden vom 25. August 1986 und 2. April 1987 festgesetzt worden ist, läßt sich aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.

Nach § 128a AFG, eingefügt durch Art 1 § 1 Nr 49 des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz – AFKG –) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) und in Kraft ab 1. Januar 1982 (Art 18), erstattet der bisherige Arbeitgeber, wenn der Arbeitslose durch eine Vereinbarung mit dem bisherigen Arbeitgeber in seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer beschränkt ist, der Bundesanstalt für Arbeit (BA) vierteljährlich das Alg, das dem Arbeitslosen für die Zeit gezahlt worden ist, in der diese Beschränkung besteht (Satz 1). Die Pflicht zur Erstattung des Alg schließt die Pflicht zur Erstattung der auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ein (Satz 2 iVm § 128 Abs 2 AFG idF des AFKG).

Die Voraussetzungen des § 128a AFG sind vorliegend dem Grunde nach verwirklicht.

Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG, gegen die keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), mit der Beigeladenen ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Danach verpflichtete sich die Beigeladene, für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein und weder unmittelbar noch mittelbar an der Gründung oder dem Betrieb eines solchen Unternehmens mitzuwirken. Daneben war es ihr verwehrt, ein festes Arbeitsverhältnis oder ein freies Beratungs- oder Vertretungsverhältnis zu einem solchen Unternehmen einzugehen oder sich an einem solchen Unternehmen (ganz gleich in welcher Richtung) finanziell zu beteiligen (§ 8 Abs 1 und 2 des Anstellungsvertrages vom 2. April 1984). Damit war der Beigeladenen nicht nur eine selbständige, sondern zugleich eine unselbständige abhängige Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen untersagt. Sie war folglich in ihrer beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmerin beschränkt, und zwar wirksam. Denn die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zustande gekommene Wettbewerbsabrede war rechtmäßig. Sie entsprach den gesetzlichen Anforderungen der §§ 74 ff HGB. Insbesondere wurde der Schriftform genügt (§ 74 Abs 1 HGB; § 126 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫), und die Klägerin hatte sich für die Dauer des Wettbewerbs zur Zahlung der in § 74 Abs 2 HGB vorgeschriebenen Mindestentschädigung verpflichtet (§ 8 Abs 4 und 5 des Anstellungsvertrages vom 2. April 1984).

Entgegen der Ansicht der Klägerin hängt der Eintritt der Erstattungspflicht nicht vom Nachweis der Ursächlichkeit zwischen der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und seiner Arbeitslosigkeit bzw deren Dauer ab. Nach der jüngeren Rechtsprechung des 11. Senats des BSG ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob und inwieweit der Arbeitslose im konkreten Fall durch die Wettbewerbsvereinbarung bei der Arbeitsuche beeinträchtigt wird; der Eintritt der Erstattungspflicht hängt hiernach nicht vom Nachweis der Ursächlichkeit zwischen der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und seiner Arbeitslosigkeit bzw deren Dauer ab. Ausreichend ist vielmehr, daß der Arbeitnehmer infolge der Abrede nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten nicht oder nicht voll zur Verfügung steht und die Vermittlung in zumutbare Tätigkeiten (vgl § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchst a AFG) erschwert wird (SozR 4100 § 128a Nr 3; BSGE 66, 250, 256 = SozR 3-4100 § 128 Nr 2; SozR 3-4100 § 128a Nr 5). Der 11. Senat hat damit seine früher geäußerte Auffassung aufgegeben, nur solche Behinderungen könnten die Erstattungspflicht auslösen, die durch die Vereinbarung wesentlich verursacht worden seien (BSGE 65, 72, 74 f = SozR 4100 § 128a Nr 2). Der erkennende Senat hat sich der jüngeren Rechtsprechung des 11. Senats angeschlossen (SozR 3-4100 § 128a Nr 3). Hieran ist festzuhalten.

Schon der Wortlaut des Gesetzes spricht gegen die Auffassung der Klägerin; denn nach ihm löst die vereinbarte Beschränkung der beruflichen Tätigkeit als solche den Erstattungsanspruch aus. Hinzu kommt, daß die Erstattungspflicht des § 128a AFG auf der Erwägung beruht, daß es nicht gerechtfertigt ist, die Gemeinschaft der Beitragszahler mit der Erhöhung des Vermittlungsrisikos zu belasten, das aufgrund eines spezifischen Interesses des bisherigen Arbeitgebers am Wettbewerbsverbot eintritt (BT-Drucks 9/799 S 45 zu Nr 41; 9/846 S 46 zu Nr 41). Eine Erhöhung des Vermittlungsrisikos ist aber schon dann gegeben, wenn eine Vermittlungserschwernis typischerweise eintreten kann. Davon ist im Fall der Vereinbarung einer Beschränkung der beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer regelmäßig auszugehen (in diesem Sinne auch Hennig/Kühl/ Heuer/Henke, Komm zum AFG, Stand August 1992, § 128a Rz 8; Knigge/ Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 128a Anm 4; Schieckel/Grüner/Dalichau, Komm zum AFG, Stand Januar 1992, § 128a Anm II 3). Deshalb vermag die Auffassung von Beise, nach der ein konkreter Kausalzusammenhang zwischen dem Wettbewerbsverbot und der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer gefordert wird (DB 1987, 1251, 1252), nicht zu überzeugen. Wenn der Arbeitgeber meint, die Wettbewerbsbeschränkung sei belanglos, braucht er sie nicht zu vereinbaren oder er kann auf sie, worauf noch zurückzukommen ist, verzichten.

Das LSG hat daher zu Recht auf einen Nachweis der Ursächlichkeit zwischen der Beschränkung der beruflichen Tätigkeit der Beigeladenen und ihrer Arbeitslosigkeit bzw deren Dauer verzichtet. Ob das LSG, wie die Revision rügt, vor seinem Urteil die Beteiligten davon in Kenntnis hätte setzen müssen, daß es der diesbezüglichen Rechtsprechung des BSG folgen werde, ist unerheblich. Es liegt auf der Hand, daß sich an der Richtigkeit des rechtlichen Ausgangspunktes nichts aufgrund der Nichtbeachtung einer Verpflichtung des LSG geändert hätte, die Beteiligten auf seine Rechtsauffassung besonders hinzuweisen. Die Revision hat nicht geltend gemacht, infolge des Verfahrens des LSG nicht etwas vorgetragen zu haben, was das LSG zu anderen, für sie günstigeren Feststellungen veranlaßt hätte.

Der Erstattungspflicht steht im vorliegenden Falle auch nicht entgegen, daß die Klägerin vom Arbeitsamt (ArbA) nicht über die Erstattungspflicht und darüber unterrichtet worden wäre, die Erstattungspflicht durch Verzicht auf das Wettbewerbsverbot in Wegfall bringen zu können (vgl BSGE 65, 72, 75 = SozR 4100 § 128a Nr 2; SozR 3-4100 § 128a Nr 1; BSGE 66, 250, 257 = SozR 3-4100 § 128 Nr 2; SozR 3-4100 § 128 Nr 3; BSGE 67, 183, 189 = SozR 3-4100 § 128a Nr 4). Denn das ArbA hat dieser Obliegenheit hier genügt. Es hat die Klägerin durch Schreiben vom 24. Februar 1986 auf die Erstattungspflicht gemäß § 128a AFG sowie darauf hingewiesen, daß eine Erstattungspflicht von dem Tage entfalle, an dem die Klägerin auf die Einhaltung der Wettbewerbsabrede verzichte; diese Verzichtserklärung sei der Beklagten schriftlich einzureichen. Diesem Hinweis konnte aus der Sicht eines objektiven Beobachters in der Rolle der Klägerin (§§ 133, 157 BGB) entnommen werden, daß die Klägerin dem Erstattungsanspruch durch Abgabe einer einseitigen empfangsbedürftigen Verzichtserklärung ausweichen könne.

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen diese Belehrung – und die zitierte Rechtsprechung des BSG, der sie entspricht – ein, der Arbeitgeber könne nicht einseitig, dh ohne Zustimmung des Arbeitnehmers, auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Für die Zeit vor Beendigung des Dienstverhältnisses sieht § 75a HGB ausdrücklich einen Verzicht vor, der auch für die Karenzentschädigung Folgen hat. Dieser Verzicht ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber dem Arbeitnehmer abzugeben ist; eine Zustimmung des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. Für den nach Beendigung des Dienstverhältnisses erklärten Verzicht des Arbeitgebers gilt nichts anderes, auch wenn er nicht die Wirkungen des § 75a HGB auslöst (Schlegelberger, HGB, 5. Aufl 1973, § 75a Rz 3; Glanegger/Niedner/Renkl/Ruß, HGB, 2. Aufl 1990, § 75a Rz 2; BSG SozR 4100, § 128a Nr 3). Mit dem Verzicht wird der Arbeitnehmer frei, soweit der Verzicht reicht; daß der Arbeitgeber dennoch Karenzentschädigung zu zahlen hat, steht auf einem anderen Blatt. Verzichtet der Arbeitgeber auf das Wettbewerbsverbot, soweit es die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung betrifft, fehlt in Ermangelung einer beruflichen Beschränkung des Arbeitslosen als Arbeitnehmer der innere Grund der Erstattungspflicht; die Erstattungspflicht entfällt daher, zumindest vom Verzicht an (vgl BSGE 65, 72, 76 = SozR 4100 § 128a Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 128a Nr 5). Der Arbeitslose muß nunmehr bereit sein, auch solche Beschäftigungen anzunehmen, die er wegen seiner Verpflichtung aus der Wettbewerbsabrede bislang nicht ausüben durfte, will er weiterhin Alg beziehen (vgl § 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 Buchst a AFG; BSGE 65, 72, 76 = SozR 4100 § 128a Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 128a Nr 5).

Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß die Erstattungspflicht schon dann entfällt, wenn der Arbeitslose in seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht mehr beschränkt ist. Ein Verzicht auf das Wettbewerbsverbot ist daher nicht erforderlich, soweit es zB die selbständige Tätigkeit des Arbeitslosen betrifft. Die Belehrung, die das ArbA im vorliegenden Falle erteilt hat, ist indessen nicht unrichtig, weil es hierauf nicht besonders hinweist. Denn das Schreiben vom 24. Februar 1986 konnte bei verständiger Würdigung nicht dahin verstanden werden, der Wegfall des Erstattungsanspruchs hänge davon ab, daß die Klägerin auf das Wettbewerbsverbot auch insoweit verzichte, als es die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen betraf. Denn es heißt in dem Schreiben an anderer Stelle unmißverständlich, die Erstattungspflicht greife ein, wenn der Arbeitslose durch eine Vereinbarung mit dem bisherigen Arbeitgeber in seiner beruflichen Tätigkeit „als Arbeitnehmer” beschränkt sei. Mit der Rüge, das LSG habe seine Aufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es nicht der Frage nachgegangen sei, wie die Klägerin die Belehrung habe verstehen müssen, vermag die Revision deshalb nicht durchzudringen.

Schließlich ist die Belehrung nicht deshalb unzureichend, weil sie verlangt, daß die Verzichtserklärung dem ArbA einzureichen sei. Allerdings muß die Verzichtserklärung des Arbeitgebers, da einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, grundsätzlich gegenüber dem Arbeitnehmer abgegeben werden. Erst mit dem Zugang des Verzichts beim Arbeitnehmer werden die Verzichtsfolgen bewirkt; denn eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird erst in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht (§ 130 Abs 1 BGB). Es ging dem ArbA indes nicht um den Verzicht gegenüber der BA, sondern um den Nachweis des wirksamen Verzichts oder jedenfalls darum, als Bote der Klägerin den Verzicht der Beigeladenen übermitteln und die Beigeladene nun auch für solche Beschäftigungen vermitteln zu können, die sie bislang nicht ausüben durfte.

Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erstattungspflicht des früheren Arbeitgebers, wie § 128a AFG sie vorsieht, dem Grunde nach gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 128a AFG verfassungskonform. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art 12 GG.

Eine gesetzliche Regelung der Berufsausübung, um die es vorliegend geht, hält sich im Rahmen der Regelungsbefugnis des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfGE 68, 155, 171; 71, 183, 196; 72, 26, 31; 77, 308, 323; 81, 157, 188 f). Soweit eine Regelung – wie hier – keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter aufweist, ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers noch größer (BVerfGE 46, 120, 145; 57, 139, 158 f; 77, 308, 332; 81, 157, 189).

Die Vorschrift des § 128a AFG verfolgt mit der Statuierung der Erstattungspflicht des Arbeitgebers das Ziel, die Gemeinschaft der Beitragszahler nicht mit der Erhöhung eines Vermittlungsrisikos zu belasten, für welches der Arbeitgeber aufgrund der Wettbewerbsabrede maßgeblich Mitverantwortung trägt. Dieses Ziel ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es erscheint sachgerecht und vernünftig, Arbeitgebern, die durch ein in ihrem spezifischen Interesse liegendes Wettbewerbsverbot die Vermittlungsfähigkeit eines Arbeitnehmers erschweren, die sozialen Folgekosten aufzubürden. Das gewählte Mittel der Erstattungspflicht ist zur Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich. Insbesondere steht der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Widerspruch zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw zum Übermaßverbot. Einzuräumen ist, daß § 128a AFG die Möglichkeit der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots für den Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen einengt, da die Vorschrift das Wettbewerbsverbot für den Fall der Arbeitslosigkeit des früheren Arbeitnehmers in der Karenzzeit nicht unerheblich verteuert.

Bis zur Einführung des § 128a AFG hatte der Arbeitgeber lediglich mit Zahlungen in Höhe der vereinbarten Karenzentschädigung zu rechnen. Unterlag das Wettbewerbsverbot den für Handlungsgehilfen geltenden Beschränkungen, mußte der Arbeitnehmer sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwarb oder zu erwerben böswillig unterließ, soweit die Entschädigung und der anderweitige Erwerb den Betrag der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen um mehr als ein Zehntel bzw in Sonderfällen um mehr als ein Viertel überstieg (§ 74c HGB). Auch Alg, das ein durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebundener Arbeitnehmer bezog, war in entsprechender Anwendung des § 74c HGB auf die Karenzentschädigung anzurechnen (BAGE 49, 109, 114 ff = AP Nr 11 zu § 74c HGB). War der Arbeitnehmer während der Karenzzeit arbeitslos, brauchte der Arbeitgeber ggf also nicht einmal die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen.

Seit der Einführung des § 128a AFG treffen den Arbeitgeber, besteht er auf der Einhaltung des Wettbewerbsverbots, bei Arbeitslosigkeit seines früheren Arbeitnehmers die privatrechtlichen Pflichten aus der Wettbewerbsvereinbarung und die öffentlich-rechtliche Erstattung des Alg und der Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitgeber trägt damit zusätzlich das Arbeitslosigkeitsrisiko. Der Gesetzgeber hat die Erschwerung der Wettbewerbsverbote – und die damit zwangsläufige Eindämmung solcher Verbote – erkannt; das AFKG hatte deshalb ausdrücklich vorgesehen, daß § 128a AFG nicht auf vor dem 1. Januar 1982 vereinbarte Wettbewerbsbeschränkungen Anwendung findet (Art 1 § 2 Nr 16 AFKG). Die Erstattungspflicht belastet den Arbeitgeber wirtschaftlich zwar nicht zusätzlich, soweit sich die Karenzentschädigung um die der BA zu erstattenden Beträge verringert. Das ist jedoch hinsichtlich der auf das Alg entfallenden Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung nicht vorgesehen und hinsichtlich des zu erstattenden Alg nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen der Schutzwirkungen des § 74c HGB vielfach nicht der Fall. Zwar muß sich der Arbeitnehmer nach Satz 3 des § 128a AFG, eingefügt durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484), das Alg, das der Arbeitgeber erstattet, wie Arbeitsentgelt auf die Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung anrechnen lassen. Das bezieht sich aber nicht auf die zu erstattenden Sozialversicherungsbeiträge (BAG AP Nr 17 zu § 74c HGB = NZA 1990, 975; BAG NZA 1992, 800, 804). Versteht man diese Vorschrift zudem lediglich als Verweisung auf Vorschriften über die Anrechnung von Arbeitsentgelt auf die Karenzentschädigung, bei Handlungsgehilfen also auf den bisher schon entsprechend angewendeten § 74c HGB (so BAG aaO; anders BGH DB 1992, 1508 für den Fall des früheren GmbH-Geschäftsführers, für den keine Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Karenzentschädigung vorgesehen ist), muß der Arbeitgeber nicht nur das Alg sowie die Sozialversicherungsbeiträge erstatten, sondern ggf auch dem früheren Arbeitnehmer die Karenzentschädigung in der vereinbarten Höhe zahlen (vgl BAG aaO; ebenso BSGE 66, 250, 254 = SozR 3-4100 § 128a Nr 2; BSGE 67, 183, 188 = SozR 3-4100 § 128 Nr 4). Durch einen Verzicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots kann der Arbeitgeber sich zwar der Erstattungspflicht entledigen, nicht aber der Verpflichtung zur Karenzentschädigung; er bleibt dann zur Entrichtung der Karenzentschädigung verpflichtet, ohne hierfür die ursprünglich vereinbarte Gegenleistung zu erhalten. Da der Arbeitgeber auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots in bezug auf selbständige Tätigkeiten usw nicht zu verzichten braucht, um sich der Erstattungspflicht zu entledigen, kann er sich allerdings eine gewisse Gegenleistung immer bewahren. Die Erhaltung des Wettbewerbsverbots in bezug auf selbständige Tätigkeiten kann, wie zB der vorliegende Fall nahelegt, für den Arbeitgeber sogar entscheidend sein, so daß die Entschädigung nicht vergeblich gezahlt wird.

Die Mittel, zu denen sich der Gesetzgeber im Rahmen des § 128a AFG entschlossen hat, sind zur Erreichung es verfolgten Zwecks nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch angemessen. Das gilt auch dann, wenn man der für den Arbeitgeber weniger günstigen Rechtsprechung des BAG zu § 128a Satz 3 AFG folgt. Berücksichtigt man, daß dem Interesse der Gemeinschaft der Beitragszahler an der Vermittlung eines Arbeitslosen in Arbeit Vorrang vor dem Interesse des Arbeitgebers an Durchsetzung eines finanziell möglichst günstigen, dennoch aber umfassenden Wettbewerbsverbots gebührt, führt auch die Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs auf der einen und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe auf der anderen Seite zu dem Ergebnis, daß mit der Vorschrift des § 128a AFG die Grenze des für den Arbeitgeber Zumutbaren gewahrt bleibt, da er sich der Erstattungspflicht entledigen kann.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auch nicht deshalb verletzt, weil dem Arbeitgeber die Erstattung des Alg in voller Höhe auch dann auferlegt wird, wenn die Wettbewerbsabrede die möglichen Vermittlungsbemühungen nur geringfügig einschränkt bzw die Arbeitsplatzsuche nicht nur durch die Wettbewerbsabrede, sondern auch durch andere Gründe beeinträchtigt war. Wie der 11. Senat schon näher ausgeführt hat, gibt es keinen praktikablen Maßstab, die tatsächliche Arbeitslosigkeit bestimmten Ursachen zuzuordnen. Unter solchen Umständen verstößt es nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn der Gesetzgeber nicht an das Maß der Verursachung oder der Erhöhung des Vermittlungsrisikos anknüpft, sondern das gesamte Vermittlungsrisiko dem Arbeitgeber für die Dauer der Wettbewerbsabrede überträgt, zumal der Arbeitgeber jederzeit durch Verzicht auf die Wettbewerbsabrede sich der Erstattungspflicht entziehen kann (BSGE 66, 250, 255 ff = SozR 3-4100 § 128a Nr 3). Je geringer die tatsächliche Auswirkung der Wettbewerbsabrede ist, desto eher ist dem Arbeitgeber ein Verzicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zuzumuten (BSG aaO). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber mit dem Verzicht auf das Wettbewerbsverbot die Möglichkeit einer Anrechnung des Alg auf die Karenzentschädigung nicht einbüßt (BSGE 66, 250, 254 = SozR 3-4100 § 128a Nr 3) und wirtschaftliche Sanktionen die Vertragsfreiheit weniger einschränken, als dies ein Verbot von Wettbewerbsabreden in bezug auf abhängige Beschäftigungen tun würde.

Hat die Klägerin demnach der Beklagten Alg und die Sozialversicherungsbeiträge dem Grunde nach zu erstatten, steht angesichts der bisher getroffenen Feststellungen nicht fest, ob der geltend gemachte Betrag von 26.291,19 DM in vollem Umfange gerechtfertigt ist. Die Erstattungspflicht des Arbeitgebers wird nicht nur durch die Höhe dessen begrenzt, was die Beklagte tatsächlich ausgegeben hat, sondern auch durch das, was sie aufgrund von Rechtsvorschriften zu erbringen hatte (vgl BSG SozR 4100 § 128a Nr 3; BSGE 67, 183, 187 = SozR 3-4100 § 128 Nr 4). Das gilt jedenfalls dann, wenn das ArbA den früheren Arbeitgeber an dem Alg-Bewilligungsverfahren nicht beteiligt hatte (vgl § 12 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches). Denn die Erstattung von Alg, das ein ArbA nicht hätte bewilligen dürfen, liegt außerhalb des Schutzzwecks des § 128a AFG. Ob die Beklagte das Alg und die hierauf entfallenden Beiträge in vollem Umfange zu Recht erbracht hat, läßt sich aber aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

Ein Anspruch auf Alg entfiel allerdings nicht schon deshalb, weil die Beigeladene 1986 nicht verfügbar gewesen ist. Insoweit sind die Ausführungen des LSG nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat, wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, zwar schon während ihrer Arbeitslosigkeit im Jahre 1986 den Entschluß gefaßt, sich auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung selbständig zu machen. Sie hat diese Absicht jedoch erst nach Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit, nämlich im Jahre 1987, realisiert. Für die Frage der Verfügbarkeit sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Der bloße Entschluß, sich selbständig zu machen, läßt die Verfügbarkeit nicht entfallen. Mit der Rüge, das LSG habe seine Aufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, weil es nicht geprüft habe, wann die Beigeladene den Entschluß gefaßt habe, sich selbständig zu machen, kann die Klägerin folglich nicht gehört werden.

Zweifelhaft ist dagegen, ob der Beigeladenen Alg schon ab 1. Januar 1986 zustand, oder ob der Anspruch zunächst ruhte. Zwar kann das Ruhen nicht auf § 117 Abs 1 AFG gestützt werden. Diese Vorschrift, wonach der Anspruch auf Alg in der Zeit ruht, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat, erfaßt nur Arbeitsentgelt und dies auch nur dann, wenn es für die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zu zahlen ist (BSGE 52, 47, 49 = SozR 4100 § 117 Nr 7; Gagel, Komm zum AFG, Stand Mai 1991, § 117 Rz 22 und 118; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 117 Rz 4). Die an die Beigeladene gezahlte Karenzentschädigung ist kein Arbeitsentgelt. Denn sie ist Gegenleistung für ein Unterlassen, also Entgelt für die Nichtausübung einer Tätigkeit (BAGE 49, 109, 116 = BAG AP Nr 11 zu § 74c HGB). Die der Beigeladenen für den „Verlust des Arbeitsplatzes” erbrachte Abfindung in Höhe von 4.200,00 DM (brutto = netto) ist, sofern Arbeitsentgelt, für die Zeit im Anschluß an das zum 31. Dezember 1985 beendete Arbeitsverhältnis gezahlt worden. Dagegen lassen die Feststellungen des LSG keine Beurteilung der Frage zu, ob ein Ruhen des Alg-Anspruchs der Beigeladenen nach § 117 Abs 2 AFG eingetreten ist. Zwar wurde das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 30. September 1985 am 31. Dezember 1985 beendet. Weiter bestand zwischen der Klägerin und der Beigeladenen gemäß arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 25. Oktober 1985 Einigkeit darüber, daß das Arbeitsverhältnis durch fristgemäße, betriebsbedingte Kündigung seitens der Klägerin zum 31. Dezember 1985 seine Beendigung fand. Doch mangelt es an der Feststellung, ob das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Die Beantwortung dieser Frage unterliegt nicht der Disposition der Arbeitsvertragsparteien. Ausschlaggebend ist die gesetzliche, tarifvertragliche oder vertragliche Kündigungsfrist. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, daß ein vertragswidriges Verhalten der Beigeladenen den Anlaß für die Kündigung der Klägerin gegeben hat (§ 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 3 AFG). Insoweit fehlt es an Feststellungen des LSG. Schon aus diesen Gründen muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.

Auch hinsichtlich der Höhe des an die Beigeladene gezahlten Alg und der auf das Alg entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung fehlen hinreichende Feststellungen. Das LSG hat zwar ausgeführt, gegen die Berechnung der Höhe des Erstattungsbetrages seien von der Klägerin keine Einwendungen erhoben worden; auch bestünden anhand der Akten keine Anhaltspunkte dafür, daß die Erstattungsbeträge von der Beklagten der Höhe nach unrichtig festgestellt worden seien. Daß die der Klägerin abgeforderten Beträge mit dem zu erbringenden Alg und den darauf entfallenden Beiträgen übereinstimmen, hat das LSG damit nicht festgestellt. Dies aber wäre erforderlich gewesen, um die Rechtmäßigkeit der Höhe der Erstattungsansprüche bestätigen zu können. Richtig ist allerdings, daß die Karenzentschädigung nicht gemäß § 115 AFG zu einer Minderung des der Beigeladenen zustehenden Anspruchs auf Alg und damit zu einer Reduzierung des Erstattungsanspruchs führt. Die Vorschrift des § 115 AFG in der hier anwendbaren Fassung vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) hat die Anrechnung von Arbeitsentgelt aus einer vom Arbeitslosen ausgeübten Beschäftigung zum Gegenstand. Demgegenüber ist die Karenzentschädigung, wie aufgezeigt, kein Arbeitsentgelt. Schon dies schließt eine Anrechnung der Karenzentschädigung auf das Alg aus (BAGE 49, 109, 116 = BAG AP Nr 11 zu § 74c HGB). Im übrigen ist, wie dargetan, durch den mit Wirkung ab 1. Januar 1986 eingefügten § 128a Abs 1 Satz 3 AFG klargestellt worden, daß die „doppelte Belastung” des Arbeitgebers nicht durch Anrechnung der Karenzentschädigung auf das Alg, sondern durch Anrechnung des Alg auf die Karenzentschädigung vermieden werden soll (BSG SozR 4100 § 128a Nr 3).

Die Revision führt somit gemäß § 170 Abs 2 SGG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Dieses wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

NZA 1993, 528

ZIP 1993, 782

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