Gesetzestext

 

Ein Beschluss des Gläubigerausschusses ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat und der Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 90 KO, § 44 Abs. 4 VerglO, § 15 Abs. 6 GesO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Der Gesetzgeber hat in die gesetzliche Neuregelung der InsO die entsprechenden zuvor geltenden Vorschriften der KO und VerglO unverändert übernommen.[1] Die Bestimmung stellt die einzige Formvorschrift dar, welche im Gesetz zur Regelung der Ausschussarbeit bzw. Geschäftsführung enthalten ist. Über diese Grundregel hinaus besteht ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht des Gläubigerausschusses hinsichtlich seiner internen Geschäftsführung, deren Ausgestaltung sich selbstverständlich nach den konkreten Verfahrensanforderungen richtet. Zweckmäßigerweise wird sich ein effektiv wirkender Gläubigerausschuss zu Beginn seiner Tätigkeit eine Geschäftsordnung geben,[2] die die wichtigsten Vorgänge erfasst und deren technische Abwicklung ausgestalten kann. Jedoch darf auch diese Geschäftsordnung keine Abweichung von den grundlegenden Festlegungen der gesetzlichen Vorschrift enthalten. § 72 ist also auch für den Gläubigerausschuss selbst nicht dispositiv.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 249.
[2] Muster siehe Gruppe 4.

2. Beschlussfassung

 

Rn 2

Die Willensbildung und Willensäußerung des Gläubigerausschusses erfolgt im Wege eines Beschlusses, mit dem der Willen der Mehrheit der im Gläubigerausschuss repräsentierten Gläubigergruppen dokumentiert wird. Dabei muss sich der Willensbildungsprozess nicht zwingend in einer zweckmäßigerweise regelmäßig abzuhaltenden Ausschusssitzung vollziehen. Zulässig sind auch informelle Abstimmungen anlässlich eines zufälligen Zusammentreffens oder im Wege fernmündlicher Kontaktaufnahme bzw. schriftlicher Beschlussfassung im sog. Umlaufverfahren per Post oder per Telefax. Zwar ist kein persönliches Zusammentreffen der Gläubigerausschussmitglieder erforderlich, jedoch muss das Gläubigerausschussmitglied dennoch in jedem Fall auch aus der Ferne persönlich mitwirken. Für die einzelnen Ausschusssitzungen gibt es keine Mindestanforderungen hinsichtlich einzuhaltender Ladungsfristen oder Bekanntgabe der Tagesordnung. Diese Formalien können in der oben bereits erwähnten fakultativen Geschäftsordnung des Gläubigerausschusses verbindlich geregelt werden. Der Ausschuss ist auch nicht verpflichtet, Protokolle über seine Beratungen und Beschlussfassungen zu führen. Dies ist jedoch allein schon zu Dokumentations- bzw. Beweiszwecken dringend zu empfehlen, nicht zuletzt im Hinblick auf die für die einzelnen Ausschussmitglieder bestehenden Haftungsgefahren. Solche Protokolle können, müssen aber nicht zu den Gerichtsakten gereicht werden.[3] Da solche Protokolle häufig Informationen über vertrauliche Verfahrensvorgänge enthalten, sollten sie von der allgemeinen Akteneinsicht ausgeschlossen und in einem separaten Sonderband abgelegt werden.[4] Neben den Ausschussmitgliedern selbst sind sowohl das Konkursgericht[5] als auch der Verwalter zur Teilnahme an Gläubigerausschusssitzungen berechtigt. Es stehen ihnen jedoch keinerlei Mitwirkungsrechte zu. Unter besonderen Umständen kann der Verwalter zeitweise von der Teilnahme an einer Ausschusssitzung ausgeschlossen werden, z.B. wenn bei Verdacht von Unregelmäßigkeiten der Gläubigerausschuss die nun im Einzelnen zu ergreifenden Überwachungsmaßnahmen berät und beschließt. Im Übrigen besteht keine Pflicht des Verwalters zur Teilnahme an den Ausschusssitzungen, jedoch wird er seine Berichts- und Informationspflichten regelmäßig durch persönliche Teilnahme an der Sitzung erfüllen und sich mit den Ausschussmitgliedern beraten, wie einzelne Vorgänge zu behandeln sind.

 

Rn 3

Gegenstände der Beschlussfassung des Gläubigerausschusses sind der gesamte in § 69 niedergelegte Aufgabenbereich sowie die in Einzelvorschriften konkretisierten Antrags-, Genehmigungs-, Mitbestimmungs-, Mitwirkungs-, Anhörungs- und Informationsrechte (§ 69 Rn. 7).

 

Rn 4

Der Gläubigerausschuss ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist bzw. an der Beschlussfassung teilnimmt. Aus dieser Wortwahl ist zu schließen, dass in jedem Fall zwei Gläubigerausschussmitglieder anwesend sein müssen,[6] auch wenn der Ausschuss insgesamt nur aus zwei Personen besteht.[7] In diesem Fall müssen zur wirksamen Beschlussfassung immer beide Mitglieder erscheinen und einstimmig entscheiden. Im Übrigen kommt es für die Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht nur auf die Anwesenheit der Mehrheit der Ausschussmitglieder an, sondern auch darauf, ob diese an der Abstimmung teilnehmen können. Fallen einzelne Ausschussmitglieder bei bestimmten Beschlussgegenständen wegen bestehender Stimmverbote (vgl. Rn. 7) aus und wird dadurch die erforderliche Mindestzahl an Ausschussmitgliedern unterschritten, fehlt es an einer Beschlussfähigkeit.[8]

 

Rn 5

Liegt Beschlussfähigkeit des Gläubigerausschusses vor, ist für eine wirksame Beschlussfassun...

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