Gesetzestext

 

(1) Die Zustimmung des Schuldners zum Plan gilt als erteilt, wenn der Schuldner dem Plan nicht spätestens im Abstimmungstermin schriftlich widerspricht.

(2) Ein Widerspruch ist im Rahmen des Absatzes 1 unbeachtlich, wenn

1. der Schuldner durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und
2. kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält, der den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigt.

1. Widerspruchsrecht des Schuldners

1.1 Sinn und Zweck eines Widerspruchsrechts

 

Rn 1

Die Vorschrift des § 247 regelt die Zustimmung des Schuldners zum Insolvenzplan und räumt ihm ein Widerspruchsrecht ein. Die Regelung ist erforderlich, weil das Vorlagerecht gegenüber den Vorschriften zum Zwangsvergleich (§ 173 KO) auf den Verwalter ausgedehnt wurde. Folglich muss der Schuldner vor der Möglichkeit einer im Plan vorgesehenen Benachteiligung seiner Person geschützt werden. Im Insolvenzplan kann etwa die Haftung des Schuldners nach Beendigung des Verfahrens ausgedehnt werden oder sein Recht auf einen Überschuss, der nach Verwertung und Verteilung des Erlöses der Insolvenzmasse verbleibt, dadurch geschmälert werden, dass einzelne Gläubiger – z.B. um ihre Zustimmung zu erreichen – mehr erhalten, als sie zivilrechtlich zu beanspruchen hätten.

 

Rn 2

Zu Lasten des Schuldners fingiert § 247 Abs. 1 die Zustimmung, wenn sein Widerspruch nicht bis zum Abstimmungstermin vorliegt. Diese Fiktion ist zumutbar, weil an den Schuldner gemäß § 232 (§ 232 Rdn. 3) jeder vom Verwalter erstellte Insolvenzplan von Amts wegen zugestellt wird. Er kann sich mit den Inhalten dieses Plans befassen und bis zum Abstimmungstermin Stellung nehmen bzw. widersprechen. Im Interesse einer zügigen Abwicklung des Verfahrens ist die Fiktion ein wirksames Mittel, den Schuldner zur Mitarbeit zu bewegen. Allerdings sollte die Übersendung des Insolvenzplans einen Hinweis auf die möglichen Folgen eines Schweigens nach § 247 Abs. 1 enthalten.

1.2 Widerspruchsrecht bei einer insolventen Gesellschaft

 

Rn 3

Handelt es sich bei dem Insolvenzschuldner um eine Gesellschaft, so stellt sich die Frage, wem das Widerspruchsrecht zusteht.

1.2.1 Kapitalgesellschaften

 

Rn 4

Während zunächst § 293 RegE (= § 247) den ersten Absatz um einen zweiten Satz ergänzt hatte, in dem ausdrücklich klargestellt wurde, dass neben dem für Geschäftsführung und Vertretung zuständigen Organ einer juristischen Person (§ 101) auch die Gesellschafter dieses Widerspruchsrecht ausüben könnten, wenn sich eine Kapitalmehrheit gegen die Annahme des Plans entscheidet[1], wurde diese Passage vom Rechtsausschuss zur Vereinfachung des Verfahrens gestrichen. Als Begründung wird angeführt, dass die Rechtsstellung der am Schuldner beteiligten Personen außerhalb des Insolvenzplans bleiben soll.[2] Anknüpfungspunkt für diese Streichung war eine Änderung des § 217. Dort hatte der Regierungsentwurf zunächst vorgesehen, dass der Insolvenzplan auch die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln könne. Diese Gestaltungsmöglichkeit wurde aber letztlich nicht in die InsO übernommen, so dass der Rechtsausschuss daraus folgert, dass den beteiligten Personen kein Widerspruchsrecht zuzustehen hat, wenn in deren Rechtsstellung nicht unmittelbar durch den Plan eingegriffen werden kann.

 

Rn 5

Wenn demgegenüber mit Verweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs vertreten wird, dass eine Berechtigung zum Widerspruch auch der Kapitalmehrheit der am Schuldner beteiligten Personen zukommen muss,[3] so kann diese Argumentation im Hinblick auf die später vom Rechtsausschuss vorgenommene Änderung keinen Bestand haben. Den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft steht kein eigenes Widerspruchsrecht zu. Bei Gesellschaften mit weisungsunabhängigen Vertretungsorganen liegt damit das Widerspruchsrecht allein bei dem jeweiligen Vertretungsorgan der juristischen Person.

[1] BT-Drs. 12/2443, S. 55.
[2] BT-Drs. 12/7302, S. 184.
[3] So Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 707 (730), Rn. 73 unter Berufung auf Uhlenbruck, S. 634, wobei Maus aber auf die Gegenäußerung vom Rechtsausschuss (siehe Uhlenbruck, S. 635) keinen Bezug nimmt.

1.2.1.1 Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien

 

Rn 6

Ein Widerspruch der Aktionäre gegen einen Insolvenzplan ist nicht möglich. Der Vorstand entscheidet auch über die Ausübung des Widerspruchsrechts – ebenso wie über jeden anderen Bereich der Geschäftsführung oder Vertretung – allein und ausschließlich. Die Weisungsunabhängigkeit wird in der Insolvenz nicht unterlaufen.

 

Rn 7

Ein Widerspruchsrecht des Vorstands ist für die Wahrung der Interessen der Gesellschaft auch völlig ausreichend, weil die Mitglieder des Vorstands dem Unternehmensinteresse verpflichtet sind[4] und daher ggf. einen Widerspruch einlegen werden, wenn die Interessen des Unternehmens (und damit mittelbar auch die Interessen der Gesellschafter) beeinträchtigt werden.

[4] K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1a (S. 805).

1.2.1.2 Gesellschaft mit beschränkter Haftung

 

Rn 8

Handelt es sich bei dem insolventen Unternehmen um eine GmbH, liegt das Widerspruchsrecht beim Geschäftsführer. Da nach § 46 Nr. 6 GmbHG allerdings ein Weisungsrecht der Gesellschafter[5] besteht, haben diese – anders als bei der Aktieng...

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