Gesetzestext

 

(1) 1Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gelten die §§ 97 bis 99 entsprechend für die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners. 2§ 97 Abs. 1 und § 98 gelten außerdem entsprechend für Personen, die nicht früher als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus einer in Satz 1 genannten Stellung ausgeschieden sind; verfügt der Schuldner über keinen Vertreter, gilt dies auch für die Personen, die an ihm beteiligt sind. 3§ 100 gilt entsprechend für die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners.

(2) § 97 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend für Angestellte und frühere Angestellte des Schuldners, sofern diese nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag ausgeschieden sind.

(3) Kommen die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen ihrer Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nach, können ihnen im Fall der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift präzisiert und erweitert Grundsätze, die von Rechtsprechung und Literatur bereits zu § 100 KO für Auskunftspflichten in Insolvenzverfahren gegen juristische Personen und Gesellschaften entwickelt wurden.[1] § 101 enthält ein ein an den Bedürfnissen der Praxis orientiertes abgestuftes und verbessertes Regelungssystem zur Auskunfts- und Mitwirkungsverpflichtung der beim Schuldnerunternehmen Beteiligten. Insbesondere ist die Erweiterung der Auskunftspflicht auch auf Angestellte des Schuldnerunternehmens zu begrüßen, die oftmals gerade bei größeren Unternehmen mit tiefen hierarchischen Strukturen wesentlich besser die Informationsbedürfnisse der Verfahrensbeteiligten erfüllen können als ein mit einzelnen innerbetrieblichen Vorgängen nicht vertrauter Geschäftsführer. Ein Bedürfnis für die jetzt verfügbare gesetzliche Regelung ergibt sich aus dem Umstand, dass Auskünfte und Mitwirkungshandlungen jeweils nur höchstpersönlich erteilt bzw. vorgenommen werden können. Bei Insolvenzverfahren über das Vermögen von juristischen Personen oder Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind also diese verfahrensrechtlichen Pflichten auf den Personenkreis zu erstrecken, der schon nach früherer Rechtsauffassung in diesen Verfahren in seiner Organeigenschaft die Schuldnerrolle übernimmt. Letztlich soll nach dem gesetzgeberischen Ziel auch in Insolvenzverfahren über Vermögen nicht natürlicher Personen erreicht werden, dass immer zumindest eine natürliche Person zur Verfügung steht, um die verfahrensrechtlichen Pflichten des Schuldners auszufüllen. § 101 ergänzt also die auf natürliche Personen zugeschnittenen §§ 97–100.

Entsprechend kommt § 101 mit Ausnahme der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen unterhaltsrechtlichen Regelung[2] über die Verweisungen in § 20, § 22 Abs. 3, § 153 Abs. 2 Satz 2, § 261 Abs. 1 Satz 3 und § 274 Abs. 2 Satz 2 zur Anwendung.

[1] Vgl. dazu Kilger/K. Schmidt, KO § 100 Anm. 1b; Kuhn/Uhlenbruck, § 100 Rn. 3 ff.; Vallender, ZIP 1996, 529 ff.
[2] 2 Merkwürdigerweise nennen § 20 Satz 2 und § 22 Abs. 3 Satz 3 den (neuen) § 101 Abs. 3 nicht als entsprechend geltende Norm. Dabei dürfte es sich um einen Flüchtigkeitsfehler handeln. Siehe unten bei Rn. 20.

2. Rechtsstellung der Organmitglieder (Abs. 1)

 

Rn 2

Absatz 1 regelt zunächst, welche (natürlichen) Personen von den verfahrensrechtlichen Pflichten und Beschränkungen aus den §§ 97 bis 99 betroffen sind, wenn der Insolvenzschuldner keine natürliche Person ist (Satz 1 und 2). Diese Regelung ist also einschlägig bei juristischen Personen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 2), nicht rechtsfähigen Vereinen (§ 11 Abs. 1 Satz 2) sowie bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit wie der OHG, KG, BGB-Gesellschaft, Partenreederei, Partnerschaftsgesellschaft und EWIV (§ 11 Abs. 2 Nr. 1), ferner bei Insolvenzverfahren über einen Nachlass und über das Gesamtgut einer fortgesetzten oder gemeinschaftlich verwalteten Gütergemeinschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 2).

Außerdem lässt Absatz 1 die von § 100 zugunsten eines Insolvenzschuldners, der eine natürliche Person ist, vorgesehene Wohltat einer möglichen Unterhaltsgewährung aus der Insolvenzmasse auch gewissen Gesellschaftern zuteil werden (Satz 3).

2.1 Auskunfts- und Mitwirkungspflicht aktiver Organmitglieder und Gesellschafter (Satz 1)

 

Rn 3

Absatz 1 Satz 1 erstreckt die einer natürlichen Person als Insolvenzschuldner obliegenden verfahrensrechtlichen Pflichten und Beschränkungen aus den §§ 97 bis 99 auf sämtliche aktiven Mitglieder des Vertretungs- und/oder Aufsichtsorgans einer juristischen Person sowie die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit. Betroffen sind also insbesondere die Mitglieder des Vorstands einer AG (§ 78 AktG), einer Genossenschaft (§ 24 GenG), eines rechtsfähigen oder eines (für das Insolvenzrecht diesem gleichgestellten, § 11 Abs. 1 Satz 2) nicht rechtsfähigen Vereins (§ 26 BGB) und einer Stiftung (§ 86 i.V.m. § 26 BGB), ferner die Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 GmbHG) oder einer EWIV, schließlich – soweit nicht durch Gesellsc...

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