Leitsatz

Der Wert eines auf die Zahlung von Geld gerichteten Untervermächtnisses ist auch dann in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, wenn der vermächtnisweise Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft nach § 13a ErbStG begünstigt ist.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6, § 13a ErbStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erhielt aufgrund eines Vermächtnis­ses ihres 2007 verstorbenen Vaters (V) 9/16 seines Anteils am Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG (KG). Den restlichen Anteil erhielt ebenfalls vermächtnisweise ihr Bruder (B). Mit den Vermächtnissen war die Ehefrau des V (E) als Alleinerbin beschwert. Die Klägerin und B waren ihrerseits mit dem Untervermächtnis beschwert, an E eine lebenslange Versorgungsrente von anfangs monatlich 5.000 EUR zu zahlen. Das FA besteuerte den Erwerb der Klägerin auf deren Antrag (Art. 3 ErbStRG) nach den Vorschriften des ab 1.1.2009 geltenden ErbStG und berücksichtigte die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG. Die von der Klägerin an E zu zahlende Versorgungsrente bewertete es mit 320.190 EUR und beschränkte deren Abzug gemäß § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die auf den ungekürzten Abzug der Rentenschuld gerichtete Klage mit der Begründung ab, diese stehe in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögenserwerb der Klägerin und sei daher gemäß § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG nur anteilig als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen (FG Münster vom 11.4.2013, 3 K 604/11 Erb, Haufe-Index 4739060, EFG 2013, 1246).

 

Entscheidung

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Erbschaftsteuer aufgrund der vollen Abzugsfähigkeit der Rentenverpflichtung herabgesetzt.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung betrifft die Auslegung des § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG in seiner derzeit geltenden Fassung. Es handelt sich um ein Parallelverfahren zu dem vorstehend erläuterten BFH-Urteil vom 22.7.2015, II R 12/14. Ausgehend von den in diesem Urteil entwickelten Grundsätzen zum Abzugsverbot nach § 10 Abs. 6 ErbStG ist auch eine auf die Zahlung von Geld gerichtete Vermächtnisschuld eines Erben eine allgemeine Nachlassverbindlichkeit, bei der kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen (und nach § 13a ErbStG begünstigten) Vermögensgegenständen besteht. Die Vermächtnisschuld ist deshalb unabhängig von der Zusammensetzung des Nachlasses in voller Höhe abziehbar.

2. Dies gilt ebenso dann, wenn ein Vermächtnisnehmer seinerseits mit einem Geldvermächtnis beschwert ist. Auch der Wert dieses Geldvermächtnisses ist unabhängig davon, ob der Erwerb auf­grund des Vermächtnisses ganz oder teilweise steuerbefreit ist, in vollem Umfang abziehbar. Einen sachlichen Grund, der die unterschiedliche Behandlung von Erben und Vermächtnisnehmern in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) rechtfertigen könnte, gibt es nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.7.2015 – II R 21/13

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