Rz. 730

[Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften → Anlage KAP Zeilen 7 und 8 bzw. 14 und 16]

Unter die Einnahmen aus Kapitalvermögen und die Abgeltungsteuer fallen seit 2009 auch Vorgänge, die bisher als Spekulationsgewinne bezeichnet wurden. Für diese gilt keine Spekulationsfrist, d. h. Gewinne werden unabhängig von der Behaltenszeit besteuert. Allerdings sind diese Regelungen nicht auf alle Veräußerungsvorgänge anzuwenden. Siehe folgende Übersicht:

 
Vorgang Gilt für
Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (z. B. Aktien) Anteile, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden
Veräußerung von Dividenden- und Zinsscheinen ohne Stammrecht Veräußerungen nach dem 31.12.2008
Gewinne aus Termingeschäften Rechte, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden
Veräußerung eines Anteils an einer stillen Gesellschaft bzw. eines partiarischen Darlehens entsprechende Wirtschaftsgüter, Rechte oder Rechtspositionen, deren Anschaffung oder Erstellung nach dem 31.12.2008 erfolgte
Rechtsübertragung bei Hypotheken, Grundschulden, Renten
Veräußerung einer Rechtsposition i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (z. B. Anspruch aus Gewinnausschüttung)
Veräußerung einer Kapitallebensversicherung Abschluss des Versicherungsvertrags nach dem 31.12.2004; Veräußerung nach dem 31.12.2008
Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen Zufluss nach dem 31.12.2008; Ausnahmen

Für die anderen (Alt-)Vorgänge gelten die Altregelungen, siehe → Tz 903. Wegen Einzelheiten zur Verlustverrechnung siehe (→ Tz 746, → Tz 909)

 

Rz. 731

Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt als Veräußerung, neben der entgeltlichen Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums, auch die Abtretung einer Forderung, die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung (→ Tz 738 ff.) oder die Endeinlösung einer Forderung oder eines Wertpapiers. Eine Veräußerung ist nicht von der Höhe der Gegenleistung und der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Damit ist auch die Überlassung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung steuerlich wirksam (BFH v. 12.6.2018, VIII R 32/16, BFH/NV 2018 S. 1184). Auch die ersatzlose Ausbuchung endgültig wertlos gewordener Aktien durch die das Depot führende Bank führt als "ausbleibende Rückzahlung" zu einem einkommensteuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust aus Kapitalvermögen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.12.2018, 2 K 1952/16, EFG 2019 S. 365, Revision beim BFH Az. VIII R 5/19). Der Tausch von Wertpapieren gegen andere Wertpapiere ist grundsätzlich keine steuerpflichtige Veräußerung.

War der Veräußerer irgendwann innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % qualifiziert beteiligt (früher "wesentliche Beteiligung"), ist der Gewinn aus der Veräußerung nicht nach § 20 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 17 EStG) zu erfassen (→ Tz 939).

 

Rz. 732

Nach § 43 Abs. 1 Satz 4 f. EStG gilt für den Kapitalertragsteuerabzug jede Übertragung auf einen anderen Gläubiger als Veräußerung, es sei denn, der Schenkende teilt der Bank mit, dass es sich um eine unentgeltliche Übertragung handelt.

 

Rz. 733

Die Berechnung der Veräußerungsgewinne erfolgt nach folgender Methode:

 
Veräußerungspreis
– AK
– Veräußerungskosten
= Veräußerungsgewinn/Veräußerungsverlust

Veräußerungskosten dürfen, entgegen dem Werbungskostenabzugsverbot, abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass diese in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang zum Veräußerungsgeschäft stehen. Auch bei der Gewinnermittlung für Termingeschäfte sind die Aufwendungen i. Z. m. diesen abziehbar. Bei der Veräußerung von Wertpapieren wird unterstellt, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere auch zuerst veräußert wurden ("First-in-first-out-Prinzip").

 

Rz. 734

Bei der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert (§ 20 Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei einem Termingeschäft wird als Gewinn der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil angesetzt (§ 20 Abs. 4 Satz 5 EStG).

 

Rz. 735

Das Kreditinstitut muss die Kapitalertragsteuer nach der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 43a Abs. 2 S. 7 EStG abzügl. 30 % des Veräußerungspreises) erheben, wenn ihm keine AK bekannt sind. Eine geringere Bemessungsgrundlage (→ Tz 733) kann gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden (BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, Rn. 147, BStBl 2016 I S. 85).

Das Kreditinstitut kann die Änderung auch selbst vornehmen, allerdings erst in dem Jahr, in dem ihm die Änderung der Bemessungsgrundlage bekannt wird.

 
Praxis-Tipp

Abrechnung kontrollieren

Kontrollieren Sie die Abrechnung Ihrer Bank insbesondere dann, wenn Sie Wertpapiere nach einem Depotwechsel verkaufen. Hat die übergebende Bank den Erwerbszeitpunkt und die AK nicht korrekt mitgeteilt, kann es dazu kommen, dass Abgaben unberechtigt einbehalten werden.

Das Gleiche gilt, wenn eine Über...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge