Rz. 7

§ 79 AO – weitgehend identisch mit § 12 VwVfG – beschreibt die rechtliche (Verfahrens-) Handlungsfähigkeit im Steuerverwaltungsverfahren. Die Vorschrift regelt nach allgemeiner Auffassung nicht nur die sog. aktive, sondern auch die sog. passive Handlungsfähigkeit.[1] Sie ist zu unterscheiden von der natürlichen Handlungsfähigkeit, die ausschließlich natürliche Personen besitzen. Der Begriff der Handlungsfähigkeit bezeichnet eine verfahrensrechtliche Eigenschaft des Beteiligten.[2] Er entspricht dem prozessualen Begriff der Prozessfähigkeit nach den §§ 51 ff. ZPO; § 58 FGO; § 62 VwGO.

 

Rz. 8

Der Begriff der Verfahrenshandlungsfähigkeit erfasst die Fähigkeit des Beteiligten, im Verwaltungsverfahren der Finanzbehörde rechtswirksame Handlungen selbst vorzunehmen oder eine Vollmacht zu erteilen[3] und Handlungen durch einen Bevollmächtigten[4] vornehmen zu lassen.[5] Der handlungsfähige Beteiligte kann also die ihm im Steuerrechtsverhältnis[6] eingeräumten Rechte bzw. auferlegten Pflichten selbst geltend machen oder erfüllen und die erforderlichen Verfahrenshandlungen gegenüber der Finanzbehörde vornehmen.

 

Rz. 9

Um wirksame Verfahrenshandlungen vornehmen zu können, muss neben der Verfahrenshandlungsfähigkeit auch die Beteiligungsfähigkeit gegeben sein. Diese ist in der AO nicht besonders geregelt. Die Beteiligungsfähigkeit meint die rechtliche Fähigkeit, als Subjekt eines Verwaltungsverfahrensverhältnisses an einem konkreten steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren teilnehmen zu können.[7]

Der Begriff der Beteiligungsfähigkeit knüpft an dem Begriff der Steuerrechtsfähigkeit an.[8] Derjenige, der bereits nicht beteiligungsfähig ist, ist zwingend auch zur Vornahme von wirksamen Verfahrenshandlungen unfähig. Ein etwaiger Antrag eines Beteiligungsunfähigen, wäre daher als unzulässig zurückzuweisen.

 
Hinweis

Richtet die Finanzverwaltung an eine OHG einen Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid, qualifiziert die OHG zwar als Beteiligte i. S. d. § 78 Nr. 2 AO. Sie bleibt jedoch beteiligungsunfähig, da sie weder einkommensteuer- noch körperschaftsteuerfähig ist.

[1] BFH v. 16.4.1997, XI R 61/94, BStBl II 1997, 595; BT-Drs. VI/1982, 130; Mues, in Gosch, AO/FGO, § 79 AO Rz. 8; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 3; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 79 AO Rz. 6; Niewerth, in Lippross/Seibel, AO, § 79 AO Rz. 2; Ebling, DStZ 1998, 322.
[2] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 3.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 79 AO Rz. 4; Mues, in Gosch, AO/FGO, § 79 AO Rz. 7; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 3.
[7] FG Düsseldorf v. 5.8.1999, 18 V 4368/98 A (AO), EFG 1999, 1162; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 16.

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