Rz. 22

Besteht die Tathandlung der Steuerhinterziehung in einem Unterlassen (s. Rz. 9), sodass die Behörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen (s. Rz. 54) oder es unterlassen worden ist, Steuerzeichen oder Steuerstempler zu verwenden (s. Rz. 73), so kann Täter nur jemand sein, dem durch Steuergesetze, d. h. durch ein Gesetz[1], in dem die Festsetzung und Erhebung der jeweiligen Steuer (s. Rz. 80) und das erforderliche Verfahren geregelt sind, die Pflicht zur Handlung auferlegt worden ist.

 

Rz. 23

Anders als bei der Steuerhinterziehung durch aktives Tun, bei der als Täter jeder, der handelt, in Betracht kommt (s. Rz. 16), ist bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Täterkreis eingeschränkt. Täter können nur die Träger der jeweiligen steuerlichen Pflicht sein, gegen die verstoßen worden ist[2]. Alle Personen, die nicht Träger der Pflicht sind, können nur Teilnehmer an der Steuerhinterziehung sein[3].

 

Rz. 23a

Träger der steuerlichen Pflicht sind die Stpfl. i. S. v. § 33 Abs. 1 AO sowie die für den Stpfl. nach §§ 34, 35 handelnden Personen. Weitere gesetzliche Offenbarungspflichten steuerlicher Tatsachen ergeben sich für den Steuerpflichtigen und andere Personen z. B. aus §§90, 93, 97, 137, 138, 139, 149, 153, 200 AO, §§25, 41a, 45a EStG, §18 UStG sowie §§30, 31, 33, 34 ErbStG. Entscheidend ist insoweit die formale Innehabung dieser Rechtsposition, die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Geschehen kann die Täterschaft durch Unterlassen nicht begründen[4].

 

Rz. 24

Die Täterstellung wird auch nicht durch die vertragliche Übernahme steuerlicher Pflichten begründet (s. Rz. 23a). Der Bevollmächtigte i. S. v. § 80 AO (s. Rz. 19) wird durch die Vollmacht und die vereinbarte Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung nicht Stpfl. i. S. v. § 33 AO (s. § 80 AO Rz. 34) und kann demgemäß nicht Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen sein. Er kommt allenfalls als Tatteilnehmer in Betracht (s. Rz. 26). Dies gilt auch für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe (zur Verantwortlichkeit im Übrigen Rz. 19, 26; § 378 AO Rz. 11).

 

Rz. 25

Als Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kommen die Träger steuerlicher Nebenpflichten i. S. v. § 33 AO Abs. 2 nicht in Betracht. Diese steuerlichen Nebenpflichten, z. B. die Auskunftspflicht Dritter nach § 93 AO, werden durch die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt, das Auskunftsersuchen nach § 93 AO, begründet. Verweigert z. B. der nach § 93 AO Auskunftspflichtige unberechtigt die Mitwirkung, so wird dies regelmäßig allenfalls als Hilfeleistung zu einer fremden Steuerhinterziehung gewertet werden können (s. Rz. 31), wenn ein entsprechender Vorsatz (s. Rz. 27) vorliegt.

[1] S. Erl. zu § 4 AO.
[2] Zur Tathandlung s. Rz. 54; BFH v. 31.7.1996, XI R 74/95, BStBl II 1997, 157; FG Düsseldorf v. 19.10.2005, 4 K 869/05 VTa, Z, EU, EFG 2006, 1211; Hellmann, in HHSp, AO/FGO, § 370 AO Rz. 210, 211; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 155, 161, 196; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 90.
[3] S. Rz. 26; BFH v. 27.5.1986, VII S 5/86, BFH/NV 1986, 10; BGH v. 12.11.1986, 3 StR 405/86, wistra 1987, 147; BayObLG v. 28.3.2001, 4 St RR 29/2001, wistra 2001, 317; BGH v. 22.5.2003, 5 StR 520/02, BFH/NV Beilage 2004, 163; anders für die Mittäterschaft beim Schmuggel LG Hamburg v. 20.3.2000, 618 KLs 8/99, wistra 2001, 68.
[4] Vgl. für den faktischen Mitgeschäftsführer BGH v. 12.11.1986, 3 StR 405/86, wistra 1987, 147.

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