Rz. 15

Die Einspruchsfrist nach §§ 355, 356 AO gilt nur für den Einspruch gegen den erlassenen Verwaltungsakt. Diese beginnt bei einem rechtswirksamen – nicht nichtigen – Verwaltungsakt demgemäß grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts i. S. d. § 124 Abs. 1 AO. Die Finanzbehörde hat den Bekanntgabezeitpunkt des Verwaltungsakts nachzuweisen.[1] Für den Nachweis gelten die allgemeinen Beweisregeln, insbesondere die des Indizienbeweises, sodass aufgrund der Verhaltensweise des Beteiligten entgegen dessen Behauptung vom Zugang des Verwaltungsakts ausgegangen werden kann.[2]

 

Rz. 15a

Vor der Bekanntgabe ist ein Verwaltungsakt nicht anfechtbar. Ein vor Beginn der Einspruchsfrist eingelegter Einspruch ist ebenso unzulässig wie ein verspätet eingelegter Einspruch.[3]

Das gilt auch, wenn dem Stpfl. der Inhalt des Verwaltungsakts schon vor der Bekanntgabe bekannt ist.[4]

Dieser verfrühte Einspruch kann allenfalls als Untätigkeitseinspruch [5] gedeutet werden, wenn die Verfahrensverzögerung nach dem Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts geltend gemacht wird.

 

Rz. 15b

Maßgeblich für den Beginn der Einspruchsfrist ist ausschließlich die Rechtstatsache der Bekanntgabe. Unerheblich für den Beginn der Einspruchsfrist ist

  • der Inhalt des bekannt gegebenen Verwaltungsakts. Die Einspruchsfrist beginnt auch dann, wenn z. B. im Steuerbescheid von der Steuererklärung abgewichen und auf diese Abweichung nicht hingewiesen worden ist.[6]  Diese fehlende Erläuterung kann ggf. nach § 126 Abs. 3 AO einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen.
  • eine in dem Verwaltungsakt verwendete Datierung des Verwaltungsakts. Die Einspruchsfrist beginnt also auch vor einem in einem Steuerbescheid genannten Datum, wenn der Bescheid vorher bekannt gegeben wurde.[7] Auch ein unleserliches oder unrichtiges Bescheiddatum hindert den Beginn der Einspruchsfrist nicht.[8]
 

Rz. 15c

Maßgeblich für den Beginn der Einspruchsfrist ist die rechtlich ordnungsgemäße Bekanntgabe.[9]  Die Rechtswirksamkeit der Bekanntgabe bestimmt sich nach der von der Finanzbehörde tatsächlich gewählten Bekanntgabeform.[10] Die Bekanntgabe hat an den richtigen Adressaten zu erfolgen.

 

Rz. 15d

Ist die Bekanntgabe fehlerhaft erfolgt, so ist der Verwaltungsakt nicht wirksam. Er kann demgemäß die Einspruchsfrist nicht auslösen und wie ein nichtiger Verwaltungsakt unbefristet mit dem Einspruch angefochten werden, um den vorhandenen Rechtsschein zu beseitigen.

 

Rz. 15e

Allerdings sind Bekanntgabefehler grundsätzlich heilbar, sodass die Einspruchsfrist im Zeitpunkt der Heilung beginnt, also dann, wenn der Verwaltungsakt dem Adressaten tatsächlich bekannt geworden oder von ihm zur Kenntnis genommen worden ist.[11]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge