Rz. 12

Erstattungsansprüche ergeben sich aus § 37 Abs. 2 AO, aus den jeweiligen Einzelsteuergesetzen oder aus §§ 272 Abs. 1 S. 6, 276 Abs. 6 S. 2 AO[1] Ihre Festsetzung in einem Erstattungsbescheid ist im Gesetz nicht vorgesehen.[2] Die sich aus den Einzelsteuergesetzen ergebenden Erstattungsansprüche folgen aus einer Steuerfestsetzung und der Abrechnung der geleisteten Vorauszahlungen, einbehaltenen Steuerabzugsbeträgen und anrechenbaren Steuern. Dies soll allerdings nicht für die anrechenbare ausländische KSt gelten, da dies das Erhebungsverfahren betrifft.[3] Auch sonst ergeben sich Erstattungsansprüche als Unterschied zwischen dem festgesetzten und dem gezahlten Betrag. Entfällt z. B. eine festgesetzte Haftungsschuld durch volle oder teilweise Rücknahme oder durch Widerruf des Haftungsbescheids ganz oder teilweise, ergibt sich ebenfalls als Differenz zwischen festgesetzter und gezahlter Haftungsschuld ein Erstattungsanspruch. Entsprechendes gilt für den Fall der Herabsetzung eines Steuervergütungsbescheids oder des Verwaltungsakts zur Festsetzung einer steuerlichen Nebenleistung. Grundlage der Verwirklichung dieser Erstattungsansprüche einschl. derjenigen des Fiskus, die teilweise als Rückforderungsansprüche bezeichnet werden[4], sollen nach der Rspr.[5] – trotz der Mittelbarkeit – die in § 218 Abs. 1 AO genannten Verwaltungsakte wie die Steuerbescheide, Freistellungsbescheide, Steuervergütungsbescheide, Haftungsbescheide und die die steuerlichen Nebenleistungen festsetzenden Verwaltungsakte sein. Wegen der Mittelbarkeit dieser Verwaltungsakte und dem Erfordernis der Abrechnung oder Anrechnung gezahlter Beträge bedarf es für die Verwirklichung im Zweifelsfall eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO.[6]

 

Rz. 13

Der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO entsteht, wenn eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden oder der rechtliche Grund später weggefallen ist.[7] Für diese Fälle ist auch mittelbar kein Steuerbescheid, Freistellungsbescheid, Steuervergütungsbescheid, Haftungsbescheid oder Bescheid über die Festsetzung steuerlicher Nebenleistungen vorhanden, der eine Grundlage für die Verwirklichung des Erstattungsanspruchs bilden kann. Für diesen Fall enthält das Gesetz eine Lücke, weil mangels Festsetzungsverfahrens eine Brücke zwischen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren nicht möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sich der Erstattungsanspruch nach einer Festsetzung, aber unabhängig von dieser ergibt, z. B. durch Doppelzahlung, Zahlung nach Aufrechnung, Zahlung trotz Nichtigkeit des Bescheids oder andere Leistungen ohne Rechtsgrund. Diese Erstattungsansprüche entstehen bereits mit der ungerechtfertigten Zahlung und können ohne Weiteres durch (Rück-)Zahlung erfüllt werden, ohne dass es hierzu einer besonderen formellen Grundlage bedarf.[8]

 

Rz. 14

Im Übrigen bedarf es jedoch auch in diesen Fällen einer Grundlage für die Verwirklichung. Diese wird in Lit. und Rspr. entweder in einer unmittelbaren oder analogen Anwendung des Abs. 2 gesehen, nicht dagegen in einem besonderen Rückforderungsbescheid[9] oder gar in einer Leistungsklage.[10] M. E. kann § 218 Abs. 2 S. 2 AO nicht als Grundlagenregelung herangezogen werden. Das Gesetz hat hier den Erstattungsanspruch des § 37 Abs. 2 AO nur für den Fall von Streitigkeiten über ihn zum Gegenstand eines Abrechnungsbescheids machen wollen. Ebenso ist nach dem Wortlaut des § 218 Abs. 2 S. 1 AO der Abrechnungsbescheid eine Entscheidung über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen nach Abs. 1 betreffen. Eine Grundlage i. S. d. Abs. 1 fehlt jedoch gerade bei den Erstattungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 AO. Einer Grundlage für die Verwirklichung von Erstattungsansprüchen bedarf es aber auch dann, wenn die Höhe des Erstattungsanspruchs unstr. ist. Die Erklärung der Aufrechnung, die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen und die Durchsetzung von Rückforderungsansprüchen (Erstattungsansprüche des Fiskus) bedürfen einer Grundlage.[11] Deswegen ist der h. M. zu folgen, die hierfür eine analoge Anwendung des Abs. 2 für die richtige Grundlage hält.[12] Der BFH will anscheinend § 218 Abs. 2 AO unmittelbar angewendet wissen, allerdings unter Weglassung der Voraussetzung des Bestehens von Streitigkeiten. Weigert sich die Finanzbehörde, einen vom Stpfl. erhobenen Erstattungsanspruch auszuzahlen, hat die Finanzbehörde auf (formlosen) Antrag des Stpfl. nach § 218 Abs. 2 S. 2 AO zu entscheiden.[13] Eine sonstige Leistungsklage auf Auszahlung des zu erstattenden Betrags ist nach einem ablehnenden Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO zulässig.[14] Für die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs bedarf es danach auch nicht des Erlasses eines besonderen Rückforderungsbescheids, sondern nur eines als Rückforderungsbescheid anzusehenden Bescheids nach § 218 Abs. 2 AO.[15] Demgegenüber differenziert BFH v. 17.9.1998, I B 2/98, BFH/NV 1999, 440 zwischen dem vorrangigen Abrechnungs...

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