Rz. 64

Die Inanspruchnahme von Amtshilfe setzt neben dem Vorliegen entsprechender zwischenstaatlicher Rechtsgrundlagen auch voraus, dass sie erforderlich ist. So muss die Finanzbehörde zunächst versuchen, den Sachverhalt durch Mitwirkung des Stpfl. aufzuklären. Gegen das Stellen eines Amtshilfeersuchens kann der Betroffene mangels Verwaltungsakts[1] keinen Einspruch und keine Anfechtungsklage erheben.[2] Ihm steht – sofern er rechtzeitig informiert ist – eine (vorbeugende) Unterlassungsklage[3] zur Verfügung. Eine Feststellungsklage ist dagegen nach § 41 Abs. 1 FGO zulässig.[4] Der Klageweg wird in der Praxis oftmals eine zu große Zeitspanne in Anspruch nehmen, sodass der Stpfl. einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Dafür beantragt der Betroffene den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO.

 

Rz. 65

Für die Frage, gegen wen die Klage bzw. der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu richten ist, kommt es auf das genaue Begehren des Rechtsschutzes an. Nach Auffassung des BFH[5] ist die Klage bei einem Beitreibungsersuchen gegen das FA zu richten, das die Beitreibung von dem ausländischen Staat begehrt, nicht gegen das Bundeszentralamt für Steuern, das als Verbindungsbüro tätig wird. Rätke[6] sieht dagegen zutreffend das Bundeszentralamt für Steuern als zutreffenden Klagegegner, sofern dieses nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG bzw. nach § 3 Abs. 2 EUAHiG zuständig ist. Eindeutig zuständig ist das Bundeszentralamt für Steuern jedenfalls dann, wenn es originär für die Amtshilfe zuständig ist, beispielsweise beim automatischen Informationsaustausch. Die Inanspruchnahme von Amtshilfe setzt neben dem Vorliegen entsprechender zwischenstaatlicher Rechtsgrundlagen auch voraus, dass sie erforderlich ist. So muss die Finanzbehörde zunächst versuchen, den Sachverhalt durch Mitwirkung des Stpfl. aufzuklären.

 

Rz. 66

Hat die Finanzbehörde Amtshilfe durch einen anderen Staat in Anspruch genommen, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen haben, kann der Stpfl. dies im Nachgang durch Rechtsschutz gegen den Bescheid geltend machen, der auf der gewährten Amtshilfe basiert.[7] In diesem Rahmen kann der Betroffene geltend machen, dass die Voraussetzungen für das Beantragen von Amtshilfe nicht vorgelegen haben. Nur bei erheblichen Grundrechtsverstößen, beispielweise bei vorsätzlichen, erheblichen Verstößen gegen das allgemeine Persönlichkeits- oder Datenschutzrecht durch die Finanzbehörde, kommt ein steuerliches Verwertungsverbot in Betracht.[8] Zudem kommt wiederum eine Feststellungsklage gegen das erledigte Amtshilfeersuchen als Vorbereitung für eine mögliche Amtshaftungsklage in Betracht. Diese setzt ihrerseits voraus, dass der Betroffene keinen Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen konnte, was i. d. R. nur dann der Fall ist, wenn er nicht vorab angehört worden ist.

[1] Vgl. Rz. 33.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 141; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 117 AO Rz. 82.
[4] BFH v. 29.4.2008, I R 79/07, BFH/NV 2008, 1807, ebenso Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 68.
[6] In Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 117 Rz. 28, 49; so auch Schmieszek, in HHSp AO/FGO, § 5 FVG Rz. 67, FG Baden-Württemberg, v. 25.6.2015, 3 K 2419/14, EFG 2016, 695 (Rev. I R 97/15) Rz. 61.

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