Rz. 53

Führen die deutschen Finanzbehörden Ermittlungen durch, weil sie die erbetenen Auskünfte aus ihren Unterlagen und Kenntnissen nicht geben können, so ist innerhalb der genau zu beachtenden Grenzen, die das Abkommen für Ermittlungen vorsieht, bei den Ermittlungen gem. § 117 Abs. 4 S. 1 AO nach deutschem Abgabenrecht vorzugehen. Die Regelung des § 117 Abs. 4 S. 1 AO ist nach ihrer systematischen Stellung in einem besonderen Absatz außer auf die Kulanzauskünfte auch auf die Auskünfte aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen usw. (§ 117 Abs. 2 AO) anzuwenden.[1]

Für die Durchführung der Ermittlungen gelten die §§ 86ff. AO, insbesondere auch die §§ 93ff. AO. Entsprechend den Regelungen in diesen Vorschriften ist zwischen Beteiligten und anderen Personen zu unterscheiden (z. B. Vorrang der Befragung des Beteiligten, § 93 Abs. 1 S. 3 AO). Der Umstand, dass in der Praxis der von den Ermittlungsmaßnahmen Betroffene im Inland meist nicht der Beteiligte (Stpfl.) des ausländischen Steuerfalls ist, kann nicht prinzipiell die Unterscheidung beseitigen. Zum einen kommen durchaus häufig Fälle vor, in denen der Betroffene gleichzeitig der Beteiligte des ausländischen Steuerfalls ist (z. B. bei Ermittlungen in einer inländischen Betriebsstätte), zum anderen darf der Betroffene, der nur "andere Person" ist, auch nur als Dritter befragt werden. Daraus ergibt sich z. B., dass bei solchen Personen nicht eine Außenprüfung als Maßnahme der Sachaufklärung angesetzt werden darf.[2] Die Außenprüfung richtet sich, wie § 193 AO klar ergibt, nur auf Überprüfungen beim Stpfl., also auf die Einhaltung von eigenen Verpflichtungen des von der Außenprüfung betroffenen Stpfl.[3] Nur für den Verpflichteten einer Abzugsteuer (z. B. LSt) ist in § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 194 Abs. 1 S. 4 AO ein Abweichen von diesem Grundsatz vorgesehen. Deswegen gelten für die Ermittlungen bei Dritten die besonderen Mitwirkungspflichten des § 200 AO ebenso wenig wie die Mitwirkungspflichten des § 90 Abs. 2 u. 3 AO.

Die Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte der §§ 101ff. AO sind anwendbar. Die Belehrung nach § 101 Abs. 1 S. 2 AO und § 103 S. 2 AO ist zu erteilen. § 393 AO über das Verfahren bei einem Zusammentreffen steuerlicher Ermittlungen mit (möglichen) steuerstrafrechtlichen Ermittlungen ist – einschließlich des Abs. 2 – zu beachten.[4]

[1] Förster, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 117 Rz. 28.
[2] So auch Förster, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 117 Rz. 26.
[3] S. a. Rz. 44.
[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 109.

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