Rz. 9

Ohne ein konkretes Ersuchen kann die Steuerfahndung eigeninitiativ Spontanauskünfte an einen Mitgliedstaat erteilen. Die Auskunft darf sich beziehen auf die in Abs. 1 genannten personenbezogenen Daten. Die Übermittlung darf sowohl zum Zweck der Strafverfolgung als auch zur Verhütung von Straftaten erfolgen.[1] Voraussetzung ist, dass eine Spontanauskunft nach dem Inlandsstandard im Rahmen des § 30 AO auch an eine inländische Strafverfolgungsbehörde übermittelt werden dürfte.[2] Zusätzlich muss der Strafvorwurf den Erlass eines europäischen Haftbefehls[3] rechtfertigen. Ausdrücklich gehören dazu u. a. Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Terrorismus, Menschenhandel und Korruption. Art. 2 lit. e RbDatA erweitert den Kreis dieser Taten auf solche Delikte, die nach nationalem Recht diesen Straftaten entsprechen. Dazu gehören auch Steuerhinterziehung, Betrug oder Subventionsbetrug.[4]

 

Rz. 10

Die Spontanauskunft darf nur unter besonderen Voraussetzungen erfolgen. Dafür muss die Steuerfahndung über Erkenntnisse verfügen, die sie im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 208 AO erlangt hat. Deuten diese im Einzelfall konkret auf eine bevorstehende Katalogtat i. S. d. Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI bzw. auf eine dieser gleichgestellten Taten hin, so kann die Auskunft erfolgen. Eine lediglich abstrakte Gefahr für die Begehung einer Straftat ist nicht ausreichend. Wie bei § 117a Abs. 1 AO wird die Aufgabenkompetenz der Steuerfahndung i. S. d. § 208 AO nicht durch § 117a Abs. 3 AO erweitert.

 

Rz. 11

Auch bei der Spontanauskunft wird der Steuerfahndung für die Übermittlung personenbezogener Daten nach dem Wortlaut ein Ermessen eingeräumt. Dies ist jedoch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen und Fehlen von Ausschlussgründen, ebenso wie in § 117a Abs. 1 AO, grundsätzlich auf Null reduziert (vgl. Rz. 5).

[1] Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des "Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18.12.2006 über die Vereinfachung des Austausches von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union" (sog. Schwedische Initiative) im Bereich der Steuerfahndung, BStBl I 2014, 539 (541).
[2] Peters, in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2021, Rz. 6.162.
[3] Art. 2 II des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates v. 13.6.2002, ABl L 190/1.
[4] Peters, in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2021, Rz. 6.162; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117a AO Rz. 10.

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