Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Prozeßvollmacht. Bevollmächtigung vor den Finanzbehörden. Umsatzsteuer 1991 und 1992 Körperschaftsteuer 1991 und 1992 Gewerbesteuermeßbetrag 1991 und 1992 ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1991 und 31.12.1992

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den rechtzeitigen Nachweis der Bevollmächtigung des Klägervertreters.

Der Klägervertreter erhob mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1995 Klage gegen die Schätzungsbescheide zur Umsatzsteuer 1991 und 1992, Körperschaftsteuer 1991 und 1992, Gewerbesteuermeßbetrag 1991 und 1992 und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1991 und 31.12.1992. Mit Verfügung vom 25. April 1996 setzte der Berichterstatter u.a. gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 und § 62 Abs. 3 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens und der Vorlage der Prozeßvollmacht im Original zum 30. Mai 1996. Am 29. Mai 1996 ging zusammen mit einem Schriftsatz des Klägervertreters eine Vollmacht ein, in der es heißt:

„Herr …, Steuerberater, … vertritt uns in allen steuerlichen Angelegenheiten vor den Finanzbehörden.”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vollmachtsurkunde Bl. 12 FG-Akte Bezug genommen. Der Schriftsatz enthält auf Seite 2 den Hinweis, daß die Original-Prozeßvollmacht vom heutigen Tage als Anlage beigefügt ist.

Die o.g. Ausschlußfrist wurde auf Antrag des Klägervertreters bis zum 15. Juli 1996 verlängert. Innerhalb der Frist ging eine weitere Vollmacht nicht ein.

Auf Hinweis des Beklagten im Schriftsatz vom 19. Juni 1996, daß sich die eingereichte Vollmachtsurkunde lediglich auf eine Bevollmächtigung vor den Finanzbehörden beziehe und daher keine Prozeßvollmacht sei, vertrat der Klägervertreter die Ansicht, daß Vollmacht und Schriftsatz vom 28. Mai 1996 als Prozeßvollmacht auszulegen seien.

Am 24. Juli 1996 reichte der Klägervertreter die Steuererklärungen mit Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen ein.

Die Kläger in beantragt,

die angefochtenen Steuerbescheide entsprechend der sich aus den eingereichten Steuererklärungen ergebenden Besteuerungsgrundlagen zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die eingereichte Prozeßvollmacht nicht für ausreichend.

Der Klägervertreter legt im Termin zur mündlichen Verhandlung eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin vor. Darin versichert dieser, daß die sich bei den Gerichtsakten befindliche Vollmacht von ihm am 28. Mai 1996 unterzeichnet worden und zur Vorlage beim Finanzgericht bestimmt gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eidesstattliche Versicherung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Die eingereichte Vollmacht weist nicht die Bevollmächtigung vor dem Finanzgericht nach.

Läßt sich der Kläger vor dem Finanzgericht durch einen Bevollmächtigten vertreten, hat er gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO die Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen (BFH, Beschluß vom 31. Juli 1996 III R 137/95, BFH/NV 1997, 235). Dies hat innerhalb der nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO gesetzten Frist zu erfolgen, da die Klage ansonsten wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung unzulässig ist (vgl. BFH-Beschluß vom 30. Juli 1991 VIII B 88/89, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991, 848). Der nicht fristgerechten Vorlage einer Prozeßvollmacht steht es gleich, wenn der Vollmacht nicht entnommen werden kann, daß zur Führung eines bestimmten Rechtsstreites ermächtigt wurde.

Dies ist im Streitfall gegeben.

Aus der Vollmachtsurkunde kann nach ihrem unzweideutigen Wortlaut lediglich eine Bevollmächtigung des Klägervertreters zur Vertretung vor den Finanzbehörden entnommen werden. Sie enthält weder einen Hinweis auf die im Zeitpunkt der Unterzeichnung anhängigen Klageverfahren, so daß man im Wege der Auslegung eine Bevollmächtigung vor dem Finanzgericht hätte annehmen können, noch liegen sonstige Umstände vor, die bei objektiver Betrachtung nach dem Empfängerhorizont zu einer derartigen Auslegung der Vollmacht zwingen. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters kann allein aus der Zusammenfügung von Vollmacht und dem Klagebegründungsschriftsatz vom 28. Mai 1996 (Eingang 29.05.1996) nicht auf eine Bevollmächtigung für das Klageverfahren geschlossen werden. Die inhaltliche Verknüpfung von Schriftsatz und Vollmacht führt lediglich in den Fällen lückenhafter Ausfüllung einer Prozeßvollmacht zur Ergänzung durch körperliche Zusammenführung (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1992 IV R 42/90, BStBl II 1992, 914).

Liegt eine vollständig ausgefüllt Vollmacht vor, kann die gleichzeitige Einsendung mit einem Schriftsatz nicht zur Verkehrung des schriftlichen Erklärungsinhaltes der Vollmachtsurkunde führen. Denn aus der Verknüpfung allein läßt sich nicht entnehmen, daß die Klägerin dem Klägervertreter zur Führung des Rechtsstreites bevollmächtigt hat, da die U...

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