Rz. 7

Die Besteuerung belastet die Tätigkeit einer Körperschaft aus betriebswirtschaftlicher Sicht erheblich. Eine Steuerbefreiung reduziert diese Kosten und ermöglicht es der Körperschaft, ihre Leistungen wesentlich günstiger anzubieten als ein nicht steuerbefreiter Konkurrent. Steuerbefreiungen können daher den Wettbewerb verzerren und zu einer gleichheits-, und damit nach Art. 3 GG verfassungswidrigen, Besteuerung führen. Außerdem kann eine Steuerbefreiung eine nach Art. 107 AEUV genehmigungsbedürftige Beihilfe darstellen. Aus diesem Grund ist der Gesetzgeber gehalten, die Steuerbefreiungen so zu gestalten, dass keine oder nur zumutbare Einwirkungen auf den Wettbewerb entstehen. Dies geschieht nach einem dreistufigen Regelungskonzept.[1]

 

Rz. 8

In der ersten Stufe werden Körperschaften von der KSt befreit, die keinem Wettbewerb unterliegen. Dies sind im Wesentlichen die namentlich genannten Körperschaften des § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a KStG. Weil sie keinem Wettbewerb unterliegen, besteht insoweit kein gleichheits- bzw. europarechtliches Problem.

 

Rz. 9

In der zweiten Stufe werden Körperschaften mit bestimmten Tätigkeitsbereichen von der KSt befreit, die Steuerbefreiung wird aber von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig gemacht. Dies sind die Steuerbefreiungen der 2. Fallgruppe in Rz. 6, aber auch die Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 Nr. 15, 24 KStG. Diese sachlichen Voraussetzungen schließen die Einwirkung auf den Wettbewerb aus oder reduzieren sie auf ein Minimum. Sind diese Einschränkungen sachgerecht und schließen eine Wettbewerbsverzerrung im Rahmen des Möglichen aus, schadet eine dennoch verbleibende geringfügige Einwirkung auf den Wettbewerb nicht. Die Regelung hält sich dann im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens.

 

Rz. 10

Die dritte Stufe des Regelungskonzepts besteht in dem Ausschluss der Steuerfreiheit für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist in § 14 AO so definiert, dass er den gesamten Bereich der wirtschaftlichen, und damit wettbewerbsrelevanten Tätigkeit erfasst.[2] Dadurch wird sichergestellt, dass eine den Wettbewerb beeinflussende Tätigkeit der regelmäßigen steuerlichen Belastung unterliegt. Eine Ausnahme von diesem Konzept bilden allerdings die Zweckbetriebe nach den §§ 64ff. AO im Rahmen der steuerbegünstigten Zwecke nach den §§ 51ff. AO.[3] Zweckbetriebe sind wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, deren Tätigkeit daher wettbewerbsrelevant ist. Der Gesetzgeber hat jedoch im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens entschieden, dass ein gewisser Einfluss auf den Wettbewerb im Interesse der förderungswürdigen Ziele der Zweckbetriebe hinzunehmen ist. Der Begrenzung der Wettbewerbswirkungen durch die Tätigkeit der Zweckbetriebe dient § 65 Nr. 3 AO, wonach die Steuerbefreiung für einen Zweckbetrieb davon abhängt, dass er nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu vergleichbaren Betrieben tritt, als dies für die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

 

Rz. 11

Aus diesem Regelungskonzept ergeben sich Rechtsschutzmöglichkeiten für Wettbewerber. Soweit die steuerbefreiten Körperschaften schon dem Grunde nach nicht im Wettbewerb mit anderen Stpfl. stehen, besteht mangels Auswirkungen auf den Wettbewerb kein Rechtsschutzbedürfnis. Soweit die Steuerbefreiung von sachlichen Voraussetzungen abhängig ist, dienen diese Voraussetzungen nicht dem Schutz Dritter, sondern nur Fiskalinteressen. Sie sollen dem Zweck der Steuerbefreiung nicht entsprechende Steuerausfälle und Missbräuche verhindern und die notwendigen Kontrollen erleichtern.[4] Da die sachlichen Voraussetzungen keinen drittschützenden Charakter haben, besteht für Wettbewerber insoweit keine Rechtsschutzmöglichkeit. Dagegen soll die Bestimmung über die Steuerpflicht wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe den Wettbewerb schützen und ermöglicht Wettbewerbern, gegen eine Nichtbesteuerung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Wege der Konkurrentenklage vorzugehen.[5] Dazu muss der Wettbewerber jedoch konkret darlegen, inwiefern die rechtswidrige Nichtbesteuerung oder zu geringe Besteuerung des mit ihm konkurrierenden Stpfl. seine Teilnahme am Wettbewerb zu vergleichbaren Bedingungen beeinträchtigt. Eine nur allgemein behauptete Wettbewerbsverzerrung genügt nicht. Die Klage ist gegen den Steuerbescheid zu richten, aufgrund dessen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nicht oder zu gering besteuert wurde. Ist noch kein Steuerbescheid ergangen, ist nach Ablauf des Besteuerungszeitraums eine Feststellungsklage zulässig. Eine Klage gegen eine Freistellung in künftigen Vz kann nicht erhoben werden.[6]

[1] Hierzu die 3 Fallgruppen in Rz. 8ff.
[3] Zu Zweckbetrieben Krüger, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, §§ 64ff. AO.
[4] BFH v. 15.10.1997, I R 10/92, BStBl II 1998, 63, das Urteil ist zu steuerbegünstigten Zwecken nach den §§ 51ff. AO ergangen, kann aber sinngemäß auch auf andere Steuerbefreiungen angewandt werden.

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