Rz. 913

Nach § 14 Abs. 4 S. 1 KStG werden Minderabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, als Einlage des Organträgers in die Organgesellschaft behandelt. Der Grundfall für diese Regelung ist die Bildung einer zulässigen Gewinnrücklage in der Handels- und Steuerbilanz der Organgesellschaft.[1]

In diesem Fall vermindert sich die handelsrechtliche Gewinnabführung um den Betrag der Rücklagenbildung, da der in die Rücklage eingestellte Betrag nicht an den Organträger abgeführt wird. Steuerlich wird aber das Einkommen der Organgesellschaft, und damit die Vermögensmehrung der Organgesellschaft vor Rücklagenbildung, dem Organträger zur Besteuerung zugewiesen. Bei dem Organträger ist jedoch wegen der verminderten Gewinnabführung kein tatsächlicher Vermögenszufluss erfolgt. Andererseits ist das Vermögen der Organgesellschaft erhöht, da der Betrag der Rücklagenzuführung in ihrem Vermögen verbleibt. Dieser Unterschied zwischen Erfassung des höheren Steuerbilanzgewinns in der Einkommenszurechnung und geringerem tatsächlichen Vermögenszufluss bei dem Organträger und einem geringeren Vermögensabfluss bei der Organgesellschaft lässt sich nur so auflösen, dass der Vorgang in der Steuerbilanz des Organträgers ein Vermögenszufluss unterstellt wird, der im Rahmen der Einkommenszurechnung auch besteuert wird, der Betrag der Rücklagenbildung aber gleichzeitig als an die Organgesellschaft zurückgeführt angesehen wird. Diese Rückführung ist steuerlich eine Einlage des Organträgers in die Organgesellschaft und daher in der Steuerbilanz des Organträgers auf dem Beteiligungskonto der Organgesellschaft zu aktivieren.[2] Diese Rechtsfolge spricht § 14 Abs. 4 S. 3 KStG ausdrücklich aus. Diese Vorschrift ist zur Klarstellung durch Gesetz v. 16.12.2022 eingefügt worden.[3] Bei der Organgesellschaft ist der Betrag in eine Rücklage eingestellt worden. Handelsrechtlich handelt es sich regelmäßig um eine Gewinnrücklage, steuerlich jedoch, da eine Einlage unterstellt wird, um eine Kapitalrücklage. Konsequent bestimmt § 27 Abs. 6 KStG, dass der Betrag der steuerlichen Einlage in das steuerliche Einlagekonto einzustellen ist.

 

Rz. 913a

Treffen mehrere Vorgänge zusammen, die in Minderabführungen resultieren, ist eine geschäftsvorfallbezogene Behandlung der einzelnen Vorgänge nicht erforderlich. Anders als unter dem Konzept der Ausgleichsposten ist eine gesonderte Behandlung nicht erforderlich, da alle Vorgänge unterschiedslos zur Aktivierung auf dem Beteiligungskonto führen. Minderabführungen, die auf mehreren Geschäftsvorfällen bei der Organgesellschaft beruhen, können also in einer Summe und unaufgegliedert auf dem Beteiligungskonto aktiviert werden.[4]

 

Rz. 913b

Die Aktivierung auf dem Beteiligungskonto erfolgt nur in der Steuerbilanz des Organträgers, nicht in der Handelsbilanz. Es tritt damit hinsichtlich des Buchwerts der Beteiligung eine Abweichung der Steuerbilanz von der Handelsbilanz und damit eine Einschränkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ein. Rechtsgrundlage hierfür ist die Einordnung der Minderabführung als Einlage in § 14 Abs. 4 S. 1 KStG. Die Minderabführung ist daher nur Kraft der steuergesetzlichen Einordnung, und damit Kraft einer steuerrechtlichen Fiktion, eine Einlage. Handelsrechtlich fehlt eine entsprechende Vorschrift, sodass sie in der Handelsbilanz nicht als Einlage in der Bilanz des Organträgers aktiviert werden kann.

 

Rz. 913c

Die Aktivierung auf dem Beteiligungskonto in der Steuerbilanz des Organträgers führt zu einer Vermögensmehrung. In der Bilanz wird dies ausgeglichen durch den geringeren Ertrag aus der Gewinnabführung. Anders ist es jedoch bei der steuerlichen Gewinnermittlung. Da die Gewinnabführung in der Gewinnermittlung neutralisiert wird, wird durch die Aktivierung auf dem Beteiligungskonto ein Ertrag ausgewiesen. Diese Vermögensmehrung ist ebenso wie die Gewinnabführung außerbilanziell durch eine Abrechnung zu korrigieren, da sie mit der um die Minderabführung geminderten Gewinnabführung zusammenhängt. Die Aktivierung ist steuerlich daher außerhalb der Steuerbilanz ebenso zu neutralisieren wie die Gewinnabführung und durch die Einkommenszurechnung zu ersetzen. Die Minderabführung ist daher nach der Einlagelösung ebenso steuerneutral, wie es die Bildung aktiver Ausgleichsposten nach altem Recht war.[5] Die Aktivierung der Minderabführung stellt lediglich eine "Aufstockung" des Betrags der handelsrechtlichen Gewinnabführung auf den Betrag des steuerlichen Gewinns der Organgesellschaft dar. Bei der Einkommensermittlung muss diese Vermögensmehrung des Organträgers daher ebenso ausgeschieden werden wie der Ertrag aus der Gewinnabführung. Die Differenz zwischen Gewinnabführung und Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft wird dem Organträger bereits im Einkommen der Organgesellschaft zur Versteuerung zugewiesen. Die Besteuerung der Vermögensmehrung aus der Aktivierung auf dem Beteiligungskonto würde also zur doppelten Besteuerung dieses Betrags führen.[6]

 

Rz. 913d

Ist Org...

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