Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Höhe der Bemessungsgrundlage bei nicht notariell beurkundeten Kaufpreisabschlägen und einem nur "vorläufigen" Kaufpreis

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Vertragsparteien im notariellen Kaufvertrag einen Grundstückskaufpreis nur vorläufig festgelegt und außerdem Regelungen mit objektiven Merkmalen zur Erhöhung und Verminderung des Kaufpreises getroffen, kommt gleichwohl der vorläufig bezifferte Kaufpreis der Kaufvertragsurkunde als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zum Tragen, wenn die Vertragsparteien sich tatsächlich anderweitig auf Kaufpreisabschläge einigen, die nicht nach den dortigen Kriterien bestimmt sind.

 

Normenkette

GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.03.2009; Aktenzeichen II R 1/08)

BFH (Urteil vom 30.03.2009; Aktenzeichen II R 1/08)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Bemessungsgrundlage bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer (GrESt).

Mit Kaufvertrag vom 12.02.1999 (UR-Nr.: 147/1999 des Notars SJ, B) erwarb die Klägerin (Klin.) – eine Bauträger GmbH – das Grundstück Flur 23, Flurstück 88, landwirtschaftliche Fläche, X-Straße, Gemarkung H in der Größe von 10.501 qm.

Die Stadt H beabsichtigte, für dieses Grundstück einen Bebauungsplan zu entwickeln, der den Vertragsbeteiligten als städtebaulicher Entwurf – Alternative I – vom 24.11.1997 bei Vertragsbeurkundung vorlag.

In § 1 des Kaufvertrages war ausgeführt, dass die Verkäufer – sechs Beteiligte einer Erbengemeinschaft – der Stadt H ein Angebot vom 11.04.1997 (UR-Nr.: 43/1997 des Notars VQ in B) zum Abschluss eines Kaufvertrages über eine noch zu vermessende Teilfläche von 30 % aus dem o. a. Grundstück unterbreitet hatten. Die Klin. trat in alle Verpflichtungen ein, die die Verkäufer in der notariellen Urkunde vom 11.04.1997 gegenüber der Stadt H eingegangen waren. Nach dem Inhalt der Bezugsurkunde war die Stadt H berechtigt, das von den Verkäufern abgegebene Angebot anzunehmen, wenn ein rechtsgültiger Bebauungsplan für die Ausnutzung des o. a. Grundstücks als Wohnbaufläche vorlag.

Der städtebauliche Entwurf vom 24.11.1997 sah eine Bebauung des o. a. Grundstücks mit zwei Mehrfamilienhäusern, 22 Einfamilienhäuser als Doppelhaushälften und einem freistehenden Einfamilienhaus vor. Hieraus sollte eine Bebauung mit 16 Doppelhaushälften, einem freistehenden Einfamilienhaus sowie einem Mehrfamilienhaus auf die noch zu vermessende ca. 6.665 qm große Fläche entfallen, die die Klin. erwarb.

Der Kaufpreis sollte gemäß § 3 des Vertrages vorläufig 2.100.000 DM betragen. Die Vertragsbeteiligten gingen dabei zunächst von einer baulichen Ausnutzbarkeit entsprechend dem städtebaulichen Entwurf vom 24.11.1997 aus. Der vorläufige Kaufpreis sollte sich gemäß § 3 Nr. 3 des Vertrages unter den dort angegebenen Voraussetzungen erhöhen bzw. im gleichen Verhältnis gemäß § 3 Nr. 4 mindern, und zwar bei einer anderweitigen baulichen Ausnutzung des Grundstücks. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es auf der Grundlage des inzwischen bestandskräftigen Bebauungsplanes tatsächlich nicht zu einer anderweitigen baulichen Ausnutzung des Kaufgrundstücks gekommen ist.

Der Kaufpreis sollte sich außerdem um die aufzuwendenden Kosten zur vollständigen Erschließung des Grundstücks einschließlich Ausgleichsflächen und Ausgleichsmaßnahmen nach folgenden Grundsätzen mindern:

„Die Höhe dieser Erschließungsaufwendungen steht heute noch nicht fest. Sie werden ermittelt auf der Grundlage der Vorgaben der Stadt H über die Art und den Umfang durch einen zu beauftragenden Fach-Ingenieur für Straßenbau. Entsprechend wird verfahren für etwa notwendige Ausgleichsmaßnahmen und Ausgleichsflächen.

Zu den so ermittelten Aufwendungen zur Sicherstellung der Erschließung einschließlich Ausgleichsmaßnahmen wird ein Zuschlag von 10 % zur Absicherung von Mehraufwendungen hinzugerechnet. Von dem so ermittelten Betrag sind 70 % kaufpreismindernd von dem Kaufpreis abzuziehen.

Die Abrechnung des endgültigen Erschließungsaufwandes zzgl. Leistungen für Ausgleichsflächen und Ausgleichsmaßnahmen erfolgt, sobald die Erschließung endgültig fertig gestellt und gegenüber der Stadt abgerechnet ist.

Nachzahlungen oder Erstattungen sind binnen Monatsfrist nach Vorliegen dieser Voraussetzungen zinsfrei zwischen den Vertragsbeteiligten auszugleichen. Dabei sollen folgende Abrechnungsgrundsätze gelten:

Mehraufwendungen, die sich innerhalb des Zuschlages von 10 % auf die geschätzten Kosten bewegen, gehen allein zu Kosten der Verkäufer;

Mehraufwendungen über den 10 % Zuschlag hinaus gehen allein zu Kosten des Käufers;

Unterschreitungen der Aufwendungen im Verhältnis zu der Kostenabschätzung der Fachingenieure werden im Verhältnis Käufer/Verkäufer je hälftig geteilt. Betragen die geschätzten Erschließungsaufwendungen also z. B. 200.000 DM und der tatsächliche Aufwand nur 180.000 DM, dann sind nur 10.000 DM an Käufer zu erstatten…”

Weiterhin war der Kaufpreis um sämtliche Planungs-, Vermessungs- und Ingenieurkosten zur Realisierung des Bebauungsplans zu mind...

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