Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Weitergabe von auf einer sog. „Steuer-CD” enthaltenen Steuerdaten an saarländischen Landtag. keine Vorabentscheidung über die Eröffnung des Rechtswegs im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Frage, ob die Weitergabe von auf einer sog. „Steuer-CD” enthaltenen Steuerdaten des Antragstellers an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen des saarländischen Landtags die Rechte des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung und Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO verletzten, handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit, für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

2. Der Ausschuss brauchte zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht beigeladen zu werden.

3. Der parlamentarische Auskunftsanspruch des Ausschusses ist grundsätzlich geeignet, das Steuergeheimnis bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beschränken.

4. Zwischen den Daten des Antragstellers und dem Untersuchungsgegenstand des Ausschusses, nämlich Ausmaß, Tragweite und Ursachen eines von der Regierung eingeräumten Fehlverhaltens bei der Auswertung von sog. „Steuer-CD”-Daten, bestand ein hinreichender sachlicher Zusammenhang.

5. Bei Abwägung des Individualinteresses des Antragstellers mit dem parlamentarischen Fragerecht war die Herausgabe der Daten des Antragstellers nicht zu beanstanden. Den Geheimhaltungsinteressen des Antragstellers ist durch die besonderen Geheimhaltungsvorkehrungen des Ausschusses Rechnung getragen, und die Informationsweitergabe ist auch verhältnismäßig.

6. Ein Bedürfnis für eine Vorabentscheidung über die Rechtswegseröffnung besteht in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls dann nicht, wenn das angerufene Gericht den Rechtsweg bejaht; insoweit muss es genügen, wenn mit der Entscheidung in der Sache auch über den Rechtsweg entschieden wird.

 

Normenkette

FGO §§ 114, 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 60 Abs. 1, 3; AO § 30 Abs. 4, § 370; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1, Art. 31; GVG §§ 17a, 17b

 

Tenor

Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Weitergabe von Steuerdaten des Antragstellers an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen des saarländischen Landtags (im Folgenden: Ausschuss).

Der Antragsgegner beteiligt sich am Ankauf sog. „Steuer-CDs”, die Daten zu ausländischen Kapitalanlagebeträgen von im Inland steuerpflichtigen Personen enthalten. U.a. erwarb der Antragsgegner ein Datenpaket von der rheinland-pfälzischen Finanzverwaltung aus dem Jahr 2012. Dieses enthielt Angaben zu Kapitalanlagen von insgesamt 356 saarländischen Steuerpflichtigen bei der Credit Suisse AG. Darunter befanden sich auch Daten des Antragstellers, die einen Wert der Kapitalanlage von rund 203.000 EUR (2002) bzw. rund 86.000 EUR (2010) auswiesen. Die Steuerfahndungsstelle für die Finanzämter des Saarlandes eröffnete im April 2015 wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den Antragsteller ein Strafverfahren für die Jahre 2009 bis 2013 (Bl. 105 f.) und durchsuchte am 1. Dezember 2015 dessen Wohnräume (Bl. 107 f.). Zu einer Änderung von Steuerfestsetzungen kam es (bisher noch) nicht. Das Strafverfahren gegen den Antragssteller ist derzeit noch nicht abgeschlossen.

Ende des Jahres 2015 wurde öffentlich bekannt, dass die Daten der vom Land Rheinland-Pfalz erworbenen „Steuer-CD” von der zuständigen Steuerfahndungsstelle des Saarlandes über Monate bzw. Jahre hinweg nicht ausgewertet und mögliche Steuerstraftatbestände mithin nicht verfolgt worden waren. Daraufhin beschloss der Ausschuss in seiner 86. Sitzung, den Minister für Finanzen und Europa zu ersuchen, „ihm die vollständige Liste der (…) 356 Fälle mit sämtlichen darin befindlichen Daten zur Verfügung zu stellen und dabei jeweils anzugeben, ob der Verdacht der Steuerhinterziehung vorliegt oder nicht” (Bl. 82a). Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller am 29. Dezember 2015 mit, dass er beabsichtige, dem Ausschuss die Daten zur Verfügung zu stellen (Bl. 148). Hiergegen erhob der Antragsteller Einwendungen (Beiakte). Am 14. Januar 2016 schränkte der Ausschuss seinen vormaligen Beschluss ein und forderte nunmehr nur noch die Vorlegung eines Teils der Liste (vgl. Beschluss vom 14. Januar 2016, Bl. 151). Vorgelegt werden sollten diejenigen der 356 Fälle, in denen

  • der Verdacht der Steuerhinterziehung nach § 370 AO bei den Finanzämtern oder der Steuerfahndung vorliegt oder vorgelegen hat oder
  • eine Selbstanzeige nach Datenlieferung eingegangen ist oder
  • ein Steuereinnahmeverlust durch die verzögerte Bearbeitung eingetreten ist.

Gleichzeitig beschloss der Ausschuss eine Geheimschutzordnung zur Wahrung des Steuergeheimnisses bei Beratungen im Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen (Bl. 185 ff.). Dort heißt es insbesondere in der Ergänzung:

„Gewährleistung des Steuergeheimnisses

  1. Über die dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnisse wird nur in ni...

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