Leitsatz

1. § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG steht dem Vorsteuerabzug bei unentgeltlich erbrachten Reiseleistungen nicht entgegen.

2. Das Vorsteuerabzugsverbot aufgrund der Verletzung einkommensteuerrechtlicher Aufzeichnungspflichten bei Geschenken gemäß § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG in seiner bis 18. Dezember 2006 geltenden Fassung war wegen Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 2 und 6 der Richtlinie 77/388/EWG unionsrechtswidrig (Fortführung des BFH-Urteils vom 12. August 2004 V R 49/02, BFHE 207, 71, BStBl II 2004, 1090).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1a Nr. 1, § 25, § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 33 der Anlage UStG, Art. 17 Abs. 2 und 6, Art. 26 6. EG-RL (= EWGRL 388/77)

 

Sachverhalt

Die Klägerin veranstaltete Kaffeefahren, die zumindest teilweise gegen Entgelt durchgeführt wur­den. Sie ging für ein dabei geliefertes Produkt von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Demgegenüber nahm das FA an, dass diese Ware aufgrund seiner Zusammensetzung dem Regelsteuersatz unterlag und versagte zudem den Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für die Durchführung der Kaffeefahrten. Das FG folgte dem in beiden Streitpunkten (Niedersächsisches FG, Urteil vom 19.1.2017, 5 K 303/14, Haufe-Index 11676261).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an dieses zurück. Danach rechtfertigt die Verletzung der einkommensteuerrechtlichen Aufze­ich­nungspflichten für Geschenke keine Versagung des Vorsteuerabzugs und kann auf unentgeltlich erbrachte Reiseleistungen § 25 UStG nicht angewendet werden. In einem zweiten Rechtsgang ist zu prüfen, in welchen Fällen und in welcher Höhe für die Kaffeefahrten Entgelte vereinnahmt wurden. Die Produktbeschaffenheit ist zur Klärung des anzuwendenden Steuersatzes weiter aufzu­klären.

 

Hinweis

1. Kaffeefahrten, mit denen der Unternehmer potenzielle Kunden unterhalten und zum Erwerb dabei angebotener Waren veranlassen will, können sich bei ihrer umsatzsteuerrechtlichen Bewertung als schwierig erweisen.

a) Erfolgt die Kaffeefahrt unentgeltlich, führt sie nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, da sie unternehmerischen Verkaufszwecken dient. Soll die Kaffeefahrt zu steuerpflichtigen Lieferungen führen, ist der Unternehmer daher zum Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für die Durchführung der Fahrten berechtigt.

Abweichendes könnte sich aus der Annahme einer Reiseleistung nach § 25 UStG ergeben, da dann sog. Reisevorleistungen vorlägen, die gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug ­berechtigt sind. Der EuGH legt den Begriff der Reiseleistung sehr weit aus (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 19.12.2018, C-552/17, Alpenchalets Resorts, EU:C:2018:1032, Haufe-Index 12481975), sodass hierunter auch eine Kaffeefahrt fallen kann. § 25 UStG setzt aber zur sog. Margenermittlung eine entgeltlich erbrachte Reiseleistung voraus, sodass diese Vorschrift auf unentgeltlich erbrachte Kaffeefahrten nicht anzuwenden ist.

b) Liegen gegen Entgelt erbrachte Kaffeefahrten vor, dürfte das Entgelt zur Bestreitung der Fahrtkosten häufig nicht ausreichen. § 25 UStG kann grundsätzlich zur Anwendung kommen, wobei sich dann die Frage stellt, wie mit negativen Margen umzugehen ist.

Hierzu musste sich der BFH auch in dem neuen Urteil mangels hinreichender Feststellungen des FG nicht äußern. Sieht man in der Margenbesteuerung vorrangig eine Vereinfachungsmaßnahme, könnte davon auszugehen sein, dass der Vorsteuerausschluss des § 25 Abs. 4 Satz 1 UStGnur bis zur Höhe der Reiseentgelte eingreift und einem weitergehenden Vorsteuerabzug nicht entgegensteht. Eine negative Marge könnte auch einen Vergütungsanspruch des Reiseunternehmers begründen.

2. Die Verletzung der einkommensteuerrechtlichen Aufzeichnungsverpflichtung für Geschenke nach § 4 Abs. 7 Satz 2 EStGführt nicht zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs. Ein derartiges Abzugsverbot hatte § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG a.F. zwar angeordnet. Diese Regelung hat der Gesetzgeber aber mit der Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 7 Nr. 8 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 JStG 2007 aufgegeben. Für Zeiträume vor dieser Neuregelung geht der BFH weiter davon aus, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs aufgrund der Verletzung einkom­mensteuerrechtlicher Aufzeichnungspflichten unionsrechtswidrig ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.12.2018 – V R 52/17

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