Entscheidungsstichwort (Thema)

Differenzbesteuerung, Reiseleistungen, ermäßigter Steuersatz, Einheitlichkeit der Leistung, Vermietung einer Ferienwohnung, Beherbergungsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Art. 306 bis 310 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die bloße Überlassung einer von anderen Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein Reisebüro oder eine solche Überlassung einer Ferienwohnung mit zusätzlichen, als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen unabhängig von dem Stellenwert dieser zusätzlichen Leistungen jeweils eine einheitliche Leistung darstellt, die der Sonderregelung für Reisebüros unterliegt.

2. Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass die in der Beherbergung in Ferienunterkünften bestehende Dienstleistung von Reisebüros, die unter Art. 307 der Richtlinie fällt, nicht dem ermäßigten Steuersatz oder einem der ermäßigten Steuersätze im Sinne von Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie unterliegen kann.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 306-310, 98 Abs. 2

 

Beteiligte

Alpenchalets Resorts

Alpenchalets Resorts GmbH

Finanzamt München Abteilung Körperschaften

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 03.08.2017; Aktenzeichen V R 60/16; BFH/NV)

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. August 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21. September 2017, in dem Verfahren

Alpenchalets Resorts GmbH

gegen

Finanzamt München Abteilung Körperschaften

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Alpenchalets Resorts GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Laukemann und durch E. Meilinger,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Gossement und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Art. 306 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Alpenchalets Resorts GmbH (im Folgenden: Alpenchalets) und dem Finanzamt München (Deutschland) wegen der Besteuerung der Bereitstellung von Ferienunterkünften.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach dem zu Titel VIII „Steuersätze”) der Mehrwertsteuerrichtlinie gehörenden Art. 98 Abs. 1 und 2 können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden, die nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III der Richtlinie genannten Kategorien anwendbar sind.

Rz. 4

Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält das „Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte MwSt-Sätze gemäß Artikel 98 angewandt werden können”. Seine Nr. 12 lautet:

„Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Beherbergung in Ferienunterkünften, und Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen;

…”

Rz. 5

Kapitel 3 „Sonderregelung für Reisebüros”) von Titel XII „Sonderregelungen”) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält Art. 306. Dieser bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten wenden auf Umsätze von Reisebüros die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses Kapitels an, soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen.

Diese Sonderregelung gilt nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe c anzuwenden ist.

(2) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Reiseveranstalter als Reisebüro.”

Rz. 6

Art. 307 der Richtlinie sieht vor:

„Die zur Durchführung der Reise vom Reisebüro unter den Voraussetzungen des Artikels 306 bewirkten Umsätze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden.

Die einheitliche Dienstleistung wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.”

Rz. 7

Art. 308 der Mehrwertsteuerrichtlinie laute...

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