Rz. 66

[Autor/Stand] Wird der Schenker Erbe des Beschenkten, sind mindestens zwei, zunächst schenkung- und zuletzt erbschaftsteuerbare, Erwerbsvorgänge geschehen. § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG befreit den späteren Erwerb von Todes wegen von der Erbschaftsteuer, wenn Eltern/Großeltern[2] ihre Kinder/Enkel beerbt und soweit sie dabei Vermögen zurückerworben haben, das sie dem/r vorzeitig Verstorbenen früher per Schenkung übertragen hatten. Die ursprüngliche Vermögensübertragung kann allerdings auch durch sog. Übergabevertrag[3], d.h. regelmäßig in Vorwegnahme der Erbfolge[4] und unter Vereinbarung von – häufig wiederkehrenden – Gegenleistungen, erfolgt sein. Aus erbschaftsteuerlicher Sicht sind dies entgeltliche Erwerbsvorgänge (s. auch § 7 ErbStG Anm. 69 ff.).[5]

 

Rz. 67

[Autor/Stand] Kommt es also konsequent auf die Schenkungsteuerpflicht oder zumindest -steuerbarkeit der früheren Zuwendung nicht an[7], drängt sich die Frage nach der Rechtfertigung der Erbschaftsteuerbefreiung des unverhofften Rückerwerbs der Eltern/Großeltern auf. Erfahrungsgemäß finden in nicht allzu fern liegender Zeit, spätestens mit ihrem Tod, erneute Erwerbsvorgänge statt.[8] Aber kann dies für das stichtagsgeprägte Erbschaftsteuerrecht entscheidend sein, zumal § 27 ErbStG gerade für derartige Letzterwerbe ohnehin eine besondere Steuermäßigung vorsieht?

 

Rz. 68

[Autor/Stand] Finanzverwaltung und BFH lehnen die entsprechende Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG auf Rückschenkungen ab.[10] Deshalb empfiehlt man Vermögensübertragungsverträge vorsorglich mit geeigneten Rückfallklauseln zu versehen.[11] Ob damit allerdings auch die Schenkungsteuerpflicht der ursprünglichen Zuwendung beseitigt werden kann, dürfte fraglich sein; wurde der Schenker als Erbe des Beschenkten mit dem Erbfall Eigentümer und Besitzer des Geschenks (§§ 857, 1922 Abs. 1 BGB), ist die von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verlangte tatsächliche Herausgabe unmöglich.[12]

 

Rz. 69

[Autor/Stand] Voraussetzung für die Erbschaftsteuerbefreiung ist die Identität der früher übertragenen und zurückerworbenen Vermögensgegenstände einerseits und des ursprünglichen Schenkers/Vermögensübergebers und späteren Rückerwerbers andererseits. § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG privilegiert damit offenbar nur den Rückerwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. ErbStG; §§ 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1 BGB)[14]; bei allen anderen Erwerbsvorgängen des § 3 ErbStG ereignet sich kein automatisches "Zurückfallen" derselben Vermögensgegenstände.[15] Auch bei einem Sachvermächtnis erwirbt der Vermächtnisnehmer lediglich einen Anspruch gegen den/die die Sache selbst erwerbenden Erben (§ 2174 BGB).[16] Allerdings erwirbt auch der Nacherbe durch Erbanfall.[17]

 

Rz. 70

[Autor/Stand] Nur wenn und soweit der Schenker/Übergeber selbst den beschenkten Erblasser beerbt, ist das Erfordernis personeller Identität erfüllt.[19] Er muss daher vor Ausführung der Zuwendung alleiniger Eigentümer bzw. Inhaber der jeweils betroffenen Nachlassgegenstände gewesen und später Alleinerbe des Zuwendungsempfängers geworden sein, damit § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG uneingeschränkt greift.

 

Rz. 71

[Autor/Stand] Nur wenn und soweit dieselben, lebzeitig übertragenen Vermögensgegenstände später mit dem Erbfall zurückerworben werden, ist das Erfordernis gegenständlicher Identität erfüllt.[21] Dem mit dem ErbStG 1974 geänderten Wortlaut der Norm folgend, nimmt die Praxis unter ausdrücklicher Verneinung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise[22] einen eher restriktiven Standpunkt ein.[23] Dass das Vermögen jedenfalls wertmäßig zurückfällt, genügt nicht mehr.[24] Im Nachlass anstelle der ursprünglichen Geschenke befindliche Surrogate sind deshalb grundsätzlich erbschaftsteuerpflichtig, es sei denn, sie wären objektiv betrachtet art- und funktionsgleich.[25] In diesem Sinne beschiedene Präzedenzfälle wurden bislang allerdings nicht bekannt. Die Beweislast für die Nämlichkeit des zurückgefallenen Vermögens trägt der Steuerpflichtige.[26] Bei GmbH-Anteilen kann man inzwischen auf die beim Handelsregister zu führenden Gesellschafterlisten zurückgreifen.[27]

 

Rz. 72– 79

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.10.2017
[2] Sie zählen zu den gesetzlichen Erben zweiter und dritter Ordnung (§§ 1925, 1926 BGB). Für eine Gleichstellung von Stiefeltern Geck in Kapp/Ebeling, § 13 ErbStG Rz. 76 m.w.N.; aber: § 13 Abs. 1 Nr. 6 und § 15 Abs. 1 ErbStG.
[3] Zum Begriff Geck in Kapp/Ebeling, § 13 ErbStG Rz. 82.
[4] Hierzu BFH v. 8.12.1993 – II R 61/89, BFH/NV 1994, 373; aber auch BFH v. 25.1.2001 – II R 52/98, BStBl. II 2001, 414 = EStB 2001, 171 m. Komm. Hartmann; Anm. Ebeling, DB 2001, 798; Mößlang, DStR 2001, 575; BFH v. 20.3.2002 – II R 53/99, BStBl. II 2002, 441 = EStB 2002, 266 m. Komm. Hartmann.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.10.2017
[7] S. aber Weinmann in Christoffel/Geckle/Pahlke, § 13 ErbStG Rz. 47.

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