Rz. 184

Nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 Buchst. a i. V. m. Abs. 5 S. 1 UStG schuldet der Empfänger einer stpfl. Werklieferung oder einer nicht unter Abs. 1 fallenden stpfl. sonstigen Leistung bzw. der Empfänger einer Lieferung der in § 3g UStG genannten Gegenstände, die ein im Ausland ansässiger Unternehmer erbringt, die Steuer. § 13b Abs. 7 S. 1 1. Hs. UStG in der ab 30.6.2013 (Rz. 18) geltenden Fassung definiert den im Ausland ansässigen Unternehmer als einen Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte[1] hat.

 

Rz. 185

Ein Unternehmer gilt auch dann als im Ausland ansässig, wenn er dort seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte und im Inland nur einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 13b Abs. 7 S. 1 2. Hs. UStG). Damit reagierte der Gesetzgeber auf das EuGH-Urteil v. 6.10.2011[2], wonach ein Steuerpflichtiger bereits dann im Ausland ansässig ist, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat. Bei der Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen (z. B. statuarischer Sitz; Ort der zentralen Verwaltung; Ort, an dem die Führungskräfte zusammentreffen; Ort, an dem die Unternehmenspolitik bestimmt wird).

 

Rz. 186

§ 13b Abs. 7 S. 2 UStG enthält – ebenfalls in Anpassung an die Rechtsprechung des EuGH – die entsprechende Definition des im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers.

 

Rz. 187

§ 13b Abs. 7 S. 3 UStG enthält – in Anpassung an die Auslegung von Art. 192a MwStSystRL durch Art. 53 MwStVO – Regelungen zur Beteiligung einer Betriebsstätte an der Leistungsausführung. Danach gilt ein Unternehmer, der im Inland eine Betriebsstätte (dazu Abschn. 3a.1 Abs. 3 UStAE sowie BFH v. 23.4.2020, XI R 3/18, BFH/NV 2020, 1204) hat und einen Umsatz nach § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 oder 5 UStG ausführt, hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die inländische Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Nach der vor dem 30.6.2013 geltenden Gesetzesfassung durfte der Umsatz von der inländischen Betriebsstätte nicht ausgeführt worden sein.

 

Rz. 188

Eine Beteiligung der Betriebsstätte am Umsatz liegt regelmäßig dann nicht vor, wenn der Unternehmer für den Umsatz nicht die personelle und technische Ausstattung der Betriebsstätte nutzt. Nicht als Beteiligung i. d. S. gelten nach Verwaltungsauffassung unterstützende Arbeiten durch die Betriebsstätte wie Buchhaltung, Rechnungsausstellung oder Einziehung von Forderungen. Stellt der leistende Unternehmer jedoch die Rechnung unter Angabe der USt-IdNr. der Betriebsstätte aus, gilt die Betriebsstätte als an dem Umsatz beteiligt, sodass der Unternehmer als im Inland ansässig anzusehen ist.[3] Andererseits sieht die Verwaltung einen Unternehmer mit Sitz im Inland, der im Inland einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz vom Ausland aus (z. B. von einer Betriebsstätte) erbringt, selbst dann als im Inland ansässig an, wenn der Unternehmenssitz an diesem Umsatz nicht beteiligt war.[4]

 

Rz. 189

Unternehmer, die ein im Inland belegenes Grundstück besitzen und stpfl. oder stfrei vermieten, sind nach Verwaltungsauffassung insoweit als im Inland ansässig zu behandeln.[5] Die Verwaltungsauffassung wird nach EuGH v. 3.6.2021[6] nicht mehr zu halten sein, es sei denn, der Eigentümer der Immobilie verfügt über eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Zusammenhang mit der Vermietung.[7] Wird ein Unternehmer bei einem deutschen FA umsatzsteuerlich geführt, ist dies allein nach zutreffender Verwaltungsauffassung kein Merkmal für die Ansässigkeit im Inland. Das Gleiche gilt, wenn dem Unternehmer eine deutsche USt-IdNr. erteilt wurde.[8] Bei Organschaftsverhältnissen über die Grenze ist der ausländische Unternehmensteil als im Ausland ansässiger Unternehmer anzusehen, sodass beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Verlagerung der Steuerschuld eintritt.[9]

 

Rz. 190

Maßgebend für die Frage der Ansässigkeit ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 13b Abs. 7 S. 4 UStG). Das gilt auch dann, wenn das Merkmal der Ansässigkeit im Ausland bei Vertragsabschluss noch nicht vorgelegen hat.[10]

 

Rz. 191

Ist es für den Leistungsempfänger zweifelhaft, ob der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Leistungserbringung im Inland ansässig ist, so schuldet der Leistungsempfänger die USt nur dann nicht, wenn ihm der Leistende durch eine Bescheinigung des FA nachweist, dass er kein ausländischer Unternehmer ist (§ 13b Abs. 7 S. 5 UStG). Zweifel im Sinne von § 13b Abs. 7 S. 5 UStG müssen sich auf im Inland erbrachte Umsätze (d. h. Leistungsort im Inland) beziehen. Ohne Inlandsumsatz besteht kein sachliches Interesse an der Erteilung der in § 13b Abs. 7 S. 5 UStG genannten Bescheinigung.[11]

Die Bescheinigung hat der leistende Unternehmer bei dem f...

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