Rz. 18

Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu stellen. Er ist nur zulässig, wenn der jeweilige Beteiligte durch den Tenor des Gerichtsbescheids beschwert ist[1]. Einer Begründung bedarf der Antrag nicht. Als Prozesshandlung kann er nicht unter einer Bedingung gestellt werden.

 

Rz. 19

Der Antrag auf mündliche Verhandlung kann auch gestellt werden, wenn die sachliche Richtigkeit des Gerichtsbescheids anerkannt wird, aber ein prozessuales Recht ausgeübt werden soll. Das FA darf einen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen, um der Klage abzuhelfen und anschließend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären, um den Kläger klaglos zu stellen und ein Urteil zu vermeiden. Ebenso darf ein Kläger nach Ergehen eines Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragen und die Klage mit Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, obgleich dies kostenrechtlich keine Auswirkung mehr hat, wenn schon aufgrund des Gerichtsbescheids der Kläger sämtliche Kosten zu tragen hatte[2].

 

Rz. 20

Wird der Antrag auf mündliche Verhandlung bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, wirkt der Gerichtsbescheid wieder als Urteil. Geht die Rücknahme des Antrags erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung bei Gericht ein, ist das Gericht nicht gehindert, weiterzuverhandeln und eine neue Entscheidung zu verkünden oder zuzustellen. Will der Kläger ein Urteil "verhindern", kann er die Klage mit Einwilligung des Beklagten zurücknehmen[3]. Der Beklagte kann dem Begehren des Klägers abhelfen und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären[4] Soweit es möglich sein soll, den Antrag auf mündliche Verhandlung noch in der mündlichen Verhandlung zurückzunehmen[5], steht dem entgegen, dass die mündliche Verhandlung bereits begonnen hat und ein Urteil auf andere Art und Weise prozessual "verhindert" werden kann. Die Begründungserleichterung des § 90a Abs. 4 FGO kann in der heutigen Zeit als Begründung für diese Ansicht nicht genügen .[6]

 

Rz. 21

Entsteht Streit über die Zulässigkeit des Antrags – bei Fristversäumnis besteht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung[7] –, entscheidet das FG aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil[8], ob der Antrag zulässig ist. Ist er unzulässig, stellt das Gericht im Urteil fest, dass der Gerichtsbescheid als Urteil wirkt. Das FG stellt durch Urteil die Beendigung des Verfahrens aufgrund des Gerichtsbescheids bzw. die Wirkung des Gerichtsbescheids als Urteil fest. Gegenstand eines solchen Urteils ist lediglich die Entscheidung, dass der Kläger die Antragsfrist versäumt hat und ihm insoweit keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist[9]. Der BFH entscheidet in diesem Fall durch Beschluss gem. § 126 Abs. 1 FGO[10]. Ist der Antrag zulässig, kann das durch Zwischenurteil festgestellt oder ggf. durchentschieden werden.

[1] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 9 m. w. N.; Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 60.
[4] Mai, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 41; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 9.
[5] BFH v. 9.5.1990, II R 85/86, HFR 1990, 504, Haufe-Index 423051; Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 64.
[6] S. Rz. 28.

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