Rz. 5

Abs. 1 S. 1 erklärt die für die Steuern geltenden Vorschriften allgemein für entsprechend anwendbar. Die Verjährungsfrist beträgt -abweichend von § 169 Abs. 2 AO- nunmehr einheitlich zwei Jahre. Dies entspricht der Regelung in § 171 Abs. 10 und 10a AO.; zur erstmaligen Anwendung Art. 97 § 15 Abs. 15 EGAO.

Da die Zinsen steuerliche Nebenleistungen sind, finden die meisten Vorschriften der AO nach § 1 Abs. 3 S. 1 AO auf sie ohnehin Anwendung. Da aber nur die Festsetzung von Steuern geregelt ist und § 239 Abs. 1 AO keinen anspruchsbegründenden Charakter hat, kann die Regelung keine Haftung für Zinsen beinhalten.[1]

 

Rz. 6

Anzuwenden sind nach § 239 Abs. 1 S. 1 AO jedenfalls die Vorschriften über die Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung und Änderung.[2] In Betracht kommen alle Änderungsvorschriften einschließlich der Berichtigung nach §§ 129, 164, 165, 172177 AO. § 233a AO enthält in Abs. 5 eine besondere Änderungsvorschrift. §§ 234 Abs. 1 S. 2, 235 Abs. 3 S. 3, 236 Abs. 5 und 237 Abs. 5 AO sehen zur Durchbrechung der Akzessorietät Änderungs-Beschränkungen vor.

 

Rz. 7

Da die Überschrift der Vorschrift und § 239 S. 1 Halbs. 2 AO ausdrücklich auf die Festsetzung abheben, bedarf die Vorschrift einer einschränkenden Auslegung.[3] Die Haftungsvorschriften sind auf die Zinsen grundsätzlich nicht anwendbar.[4] Davon bleibt allerdings die Haftung für Hinterziehungszinsen wegen der ausdrücklichen Regelung in § 71 AO unberührt.[5]

 

Rz. 8

Zinsen können Gegenstand einer Steuerhinterziehung[6] oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung[7] sein. Zinsen und Säumniszuschläge auf Zinsen sind allerdings durch die Sonderregelungen des § 233 S. 2 und des § 240 Abs. 2 AO ausdrücklich ausgeschlossen.

[1] BFH v. 5.10.2004, VII R 76/03, BStBl II 2006, 3; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 239 AO Rz. 4; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 239 AO Rz. 1.
[4] Vgl. §§ 70, 73, 74, 75, 77; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 239 AO Rz. 1; Kögel, in Gosch, AO/FGO, § 239 AO Rz. 6.1.

2.1 Festsetzung der Zinsen (Abs. 1 Halbs. 1)

 

Rz. 9

Die Zinsen werden nach §§ 155ff. AO wie Steuern durch Bescheid festgesetzt. Der Zinsbescheid muss in Form und Inhalt den Anforderungen des § 157 AO genügen.[1] Dieser muss schriftlich oder elektronisch erteilt werden und Art und Betrag der Zinsen (ggf. nach Steuerart, Zeiträumen, also Einzelbeträgen aufgeschlüsselt[2]) und den Zinsschuldner[3] angeben.[4] Von den Steuerfestsetzungen werden jedoch nur diejenigen der Jahressteuern für die Verzinsung herangezogen. Für den Inhalt, die Bekanntgabe und das Wirksamwerden des Zinsbescheids gelten die §§ 119, 122 und 124 AO. Der Widerruf eines zur Post aufgegeben Steuerbescheids vor dessen Zugang ist wirksam.[5] Die Aussetzungszinsen können daher auch in mehreren Bescheiden festgesetzt werden, wenn nur jeder Bescheid den ausgesetzten Steuerbetrag und den Zeitraum angibt.[6] Ein Fehler in der Bezeichnung des Zinsschuldners kann nicht durch spätere Richtigstellung geheilt werden.[7]

 

Rz. 10

Gegenüber Ehegatten ist daher nach § 122 Abs. 7 AO ein zusammengefasster Zinsbescheid zulässig. Wegen der engen Verknüpfung mit der ESt-Erklärung soll bei den Hinterziehungszinsen sogar eine gegenseitige Bevollmächtigung zur Empfangnahme des Zinsbescheids angenommen werden können.[8] Es ist wie beim Steuerbescheid auch unschädlich, wenn in einem Zinsbescheid eine unrichtige Rechtsgrundlage angegeben worden ist.[9] Die Festsetzung der Zinsen auf Steuernachforderungen oder Steuererstattungen soll nach § 233a Abs. 4 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, wobei sie einen eigenen Verwaltungsakt bedeutet.

 

Rz. 11

Nach § 155 Abs. 2 und § 162 Abs. 5 AO kann ein Zinsbescheid schon vor Erlass des Steuerbescheids oder der Stundungsverfügung ergehen.11 Der Zinsbescheid kann auch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung[10] oder vorläufig[11] ergehen; die Drittwirkung der Steuerfestsetzung[12] ist anzuwenden. Der Bescheid kann nach § 129 AO berichtigt oder nach § 172ff. AO aufgehoben oder geändert werden.[13] Die Akzessorietät der Zinsfestsetzung ist durch Anfügung des § 234 Abs. 1 S. 2, § 235 Abs. 3 S. 3, § 236 Abs. 5 sowie des § 237 Abs. 5 AO mit Wirkung ab 30.12.1993 eingeschränkt worden. In diesen Fällen ist aber eine Herabsetzung der Zinsen aus Billigkeitsgründen möglich.

 

Rz. 12

Die Festsetzung der Zinsen steht nicht im Ermessen der (für die Verwaltung der dazu gehörenden Steuer) zuständigen Finanzbehörde, sondern ist stets von Amts wegen durchzuführen.[14] Fehlen dieser Finanzbehörde notwendige Informationen, so hat sie diese einzuholen. Ist etwa ein langjähriges finanzgerichtliches Rechtsbehelfsverfahren über einen Grundlagenbescheid zum ESt-Bescheid anhängig gewesen, so hat das Wohnsitz-FA bei der Folgeänderung des ESt-Bescheids zugunsten des Steuerpflichtigen das Betriebs-FA nach dem ihm bisher unbekannten Beginn de...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge