1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 401 AO regelt die Befugnis der Finanzbehörde, Anträge an das Gericht auf Festsetzung von Nebenfolgen im selbstständigen Verfahren zu stellen. Dabei kann es sich um den Antrag auf Anordnung von Einziehung oder Verfall sowie auf Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung[1] handeln. § 401 AO ist im Kontext zu § 400 AO zu sehen, in dem die Befugnis der Finanzbehörde zur Beantragung des Strafbefehls geregelt ist. Mit diesem Antrag kann die Finanzbehörde die in § 401 AO beschriebenen Rechtsfolgen der Tat als Nebenfolgen gegen den Beschuldigten beantragen.[2]  In beiden Vorschriften wird klarstellend zu §§ 386, 399 AO die Zuständigkeit des Verfahrensabschlusses in diesen Va­rianten auf die Finanzbehörde delegiert.[3]  Voraussetzung ist jeweils, dass dem Verfahren ausschließlich Steuerstraftaten gem. § 369 AO zu Grunde liegen.[4]

 § 401 AO wurde durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung[5] umfangreich geändert.[6] Der ursprünglichen Unterscheidung in Einziehung und Verfall bedarf es nach der Reform nicht mehr, denn der Begriff der Einziehung erfasst nunmehr einerseits Tatmittel, Tatprodukte und Tatobjekte sowie andererseits Taterträge, die vormals unter den Begriff des Verfalls fielen.[7] Das Gesetz trat am 1.7.2017 in Kraft.[8] Bleibt eine Bestrafung des Täters durch Strafbefehl oder Strafurteil (sog. subjektives Verfahren) aus, in deren Rahmen die Festsetzung von Nebenfolgen möglich ist, so kommt die Anwendung des § 401 AO in Betracht. Danach ist es der Finanzbehörde möglich, Nebenfolgen ohne Bestrafung eines Täters zu beantragen. Voraussetzung ist, dass die Strafverfolgung aus tatsächlichen oder aus Opportunitätsgründen unterbleibt. Will die Finanzbehörde in diesen Fällen die Einziehung oder eine Verbandsstrafe nach § 401 AO beantragen, so spricht man vom objektiven Verfahren.[9]

Die Vorschrift fristet eher ein Schattendasein, findet sie in der Praxis doch nur selten Anwendung. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass ein Großteil der Vermögensvorteile beim Täter regelmäßig nach Aufdeckung der Steuerstraftat über entsprechende Steuerbescheide oder eine Inhaftungnahme[10] abgeschöpft wird. Hat der Täter einen über die festgesetzte Steuer nebst Nebenleistungen (Zinsen) hinausgehenden Vorteil, beispielsweise durch tatsächlich erzielte, höhere Zinsen als in § 235 AO geregelt oder im Falle des Tatlohns für einen Dritten, so kommt die Anordnung der Einziehung von Wertersatz grundsätzlich in Betracht.[11]  Ferner ist das selbstständige Einziehungsverfahren beim Schmuggel denkbar, wenn das umständlichere Verfahren nach § 394 AO vermieden werden soll.[12]

 

Rz. 2

Hat die Finanzbehörde einen Antrag nach § 401 AO an das Gericht gestellt, nimmt sie die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft wahr, sofern nicht das Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumt oder diese vom Antragsgegner beantragt wird.[13]  Im schriftlichen Verfahren bleibt demnach weiterhin allein die Finanzbehörde zuständig. Nach Anberaumung einer Hauptverhandlung geht die weitere Zuständigkeit auf die Staatsanwaltschaft über. In diesem Fall stehen der Finanzbehörde die Rechte aus § 407 AO zu.[14]

[1] Bei der Festsetzung einer Verbandsbuße handelt es sich allerdings seit 1986 nicht mehr um eine Nebenfolge, Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 401 AO Rz. 2 u. 46.
[2] Die Möglichkeiten der Folgen sind in § 407 Abs. 2 StPO abschließend aufgelistet.
[5] G. v. 13.4.2017, BGBl I 2017, 872.
[6] Zusammenfassende Darstellung der Neuerungen bei Korte, wistra 2018, 1.
[7] BT-Drs. 18/9525, 106.
[8] Zur Übergangsregelung siehe § 316h StGB; zur Annahme eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot vgl. Vorlagebeschluss zum BVerfG, BGH v. 7.3.2019, 3 StR 192/18.
[9] Hellmann, in HHSp, AO/FGO, § 401 AO, Rz. 4.
[10] § 71 AO.
[11] Klein/Jäger, AO, 14. Aufl. 2018, § 401 Rz. 13.

2 Einziehung

2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Grundsätzlich wird über die Anordnung der Einziehung bereits im Rahmen des Strafverfahrens mit dessen Abschlussentscheidung, insbesondere bei Strafbefehl oder -urteil, entschieden. In Ausnahmefällen kommt es nicht zu einer abschließenden Bestrafung des Täters, obwohl es ein Bedürfnis für die Anordnung der Einziehung gibt. Kann aber wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so besteht die Möglichkeit, dass auf Einziehung des Gegenstands selbstständig erkannt wird, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im Übrigen vorliegen.[1]

Für die Frage, ob eine Einziehung zu Recht beantragt wird, ist zu trennen nach dem materiellen Recht, geregelt in den §§ 7376b StGB, und den verfahrensrechtlichen Vorschriften. Während die §§ 73 bis 73e StGB die Einziehung von Taterträgen, dem v...

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