Leitsatz

Bereits mit der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Guthaben auf den Prepaid-Konten und nicht erst bei der späteren Verwendung dieser Guthaben für Telefonate etc. wird gegenüber den Erwerbern sonstige Leistungen erbracht. Der für die Entstehung der Umsatzsteuer maßgebliche Leistungszeitpunkt ist bei unmittelbar auf das Prepaid-Konto aufgeladenen Guthaben der Aktivierungszeitpunkt und bei Erwerb von Guthabenkarten zur späteren Aktivierung der Erwerbszeitpunkt.

 

Sachverhalt

A schloss mit Kunden Verträge über die Teilnahme am Mobilfunk-Dienst B (sog. Prepaid-Verträge) ab. Der jeweilige Vertrag kam durch Aktivierung des Prepaid-Guthabens durch A (Annahme) zustande. Das durch die Einzahlungen der Kunden (z. B. durch Direkt- oder Online-Aufladungen) entstandene Guthaben auf dem jeweiligen B-Konto des Kunden bei A konnten die Kunden sowohl für entgeltliche Leistungen der A (Telefone, SMS, MMS, mobiles Internet) als auch für entgeltliche Leistungen sog. Drittanbieter (Herunterladen von Klingeltönen etc.) einsetzen.

Auf Basis der abgeschlossenen Prepaid-Verträge überließ A den Kunden einen B-Mobilfunk-Anschluss (sog. Prepaid-Anschluss) mit entsprechender Mobilfunknummer und Starterpaket B Card (mit SIM-Karte) mit der Zugangsberechtigung zum Mobilfunk-Dienst B von A.

Der Leistungsumfang des Kunden war nach den AGB´s abhängig davon, ob sich der Kunde in der Vertragsphase C- oder D befand. In der C-Phase kann der Kunde sein Prepaid-Guthaben uneingeschränkt nutzen. In der D-Phase konnte der Kunde sein noch vorhandenes Prepaid-Guthaben nicht mehr für abgehende Telefonate nutzen. Ein am Ende der D-Phase noch ungenutztes Guthaben war nicht mehr verwendbar (sofern keine Aufladung des Guthabens auf das B-Konto erfolgte).

Nach Auffassung des A sei das eingezahlte Guthaben erst im Zeitpunkt der Verwendung eine Gegenleistung für eine umsatzsteuerlich relevante Leistung. Das ungenutzte und verfallene Guthaben unterliege daher - entgegen der Auffassung des Finanzamts - nicht der Umsatzsteuer.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG Köln hat A bereits mit der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Guthaben auf den Prepaid-Konten und nicht erst bei der späteren Verwendung dieser Guthaben für Telefonate etc. gegenüber den Erwerbern sonstige Leistungen erbracht.

a) Soweit A den Kunden Direktaufladungen auf ihr Prepaid-Konto erlaubt hat, hat A diesen gegenüber bereits mit der Aufladung (und nicht erst bei der späteren Verwendung dieser Guthaben für Telefonate etc.) gegenüber den Erwerbern sonstige Leistungen erbracht. Die entscheidende Leistungshandlung der A ist die Zurverfügungstellung dieser Plattform für den vertraglich vereinbarten Zeitraum im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens durch den Kunden. Ab diesem Zeitpunkt, der mit jeder Aufladung neu beginnt, hat der Kunde unmittelbar die Möglichkeit des Empfangs von Telefonaten, Nachrichten und Datendiensten. Ab diesem Zeitpunkt kann er Anrufe und die weiteren von der Klägerin eröffneten Möglichkeiten aktiv tätigen. Aus diesem Grunde stellt die Einzahlung auf den Prepaid-Konten keinen umsatzsteuerlich unbeachtlichen bloßen Zahlungsmitteltausch dar.

b) Erfolgt die Aufladung nicht durch eine über die A unmittelbar veranlasste Direktaufladung, sondern über den Erwerb einer Guthabenkarte, ist der Aktivierung des Guthabens auf dem Prepaid-Konto noch ein Erwerbsvorgang vorgeschaltet. Die erworbene Guthabenkarte wirkt hier als Gutschein.

Wann bei dem Erwerb eines Gutscheins die umsatzsteuerliche Leistung zu besteuern ist, wird in der nicht einheitlichen Rechtsprechung und Literatur überwiegend wie folgt unterschieden: der Gutschein ist nutzbar für den Bezug

  • verschiedener Leistungen (multifunktional):

    Umsatzsteuer entsteht erst bei Einlösung

  • nur für eine bestimmte Leistung (monofunktional):

    Umsatzsteuer entsteht bereits bei Erwerb der Guthabenkarte.

Im Streitfall handelt es sich um eine monofunktionale Guthabenkarte. Mit ihr kann durch Aktivierung auf dem Prepaid-Konto nur die Leistung der A in Anspruch genommen werden. Im Zeitpunkt des Erwerbs der Guthabenkarte sei daher zumindest eine Anzahlungsbesteuerung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 4 UStG vorzunehmen.

 

Hinweis

Hinsichtlich der Entscheidung des FG Kölns ist die Revisionsentscheidung des BFH abzuwarten (Az beim BFH V R 12/16).

Die Frage, ob der Verkäufer von Telefonkarten (sog. Calling-Karten) eine Vermittlungsleistung oder ein Eigengeschäft erbringt, klärt derzeit der BFH (Az beim BFH V R 4/16; Vorinstanz FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.1.2015, Az. 5 K 5381/13).

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Zwischenurteil vom 16.02.2016, 1 K 927/13

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