Leitsatz (amtlich)

Ablehnung einer Volljährigenadoption, bei der das Motiv im Vordergrund steht, den Anzunehmenden, welcher bereits Pflegeleistungen für den Annehmenden erbringt, stärker an sich zu binden (Fortführung des Senatsbeschlusses OLG München - 31 Wx 049/08 - 19.12.2008 - MDR 2009, 333).

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Entscheidung vom 09.10.2008; Aktenzeichen 7 T 340/08)

AG Regensburg (Aktenzeichen XVI 9/08)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 9. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit notarieller Urkunde vom 11.3.2008 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Annahme des Beteiligten zu 1 (geb. 1953) als Kind durch den Beteiligten zu 2 (geb. 1929). Der Annehmende ist gehbehindert und sitzt im Rollstuhl, er ist ledig und hat keine Kinder. Seit dem Jahre 2004 wird er vom Anzunehmenden - zunächst im Rahmen von dessen Tätigkeit für einen Pflegedienst, seit Oktober 2005 im Rahmen eines privaten Pflegedienstvertrages - betreut. Seit dieser Zeit bewohnt der Anzunehmende mietfrei eine Wohnung im Anwesen des Annehmenden. Für seine Pflegedienste erhält der Anzunehmende vom Annehmenden ein Entgelt in Höhe von 1.750 EUR netto. Am 1.8.2005 hat der Annehmende eine Betreuungsverfügung und eine Vorsorgevollmacht zugunsten des Anzunehmenden errichtet; am 18.5.2006 hat er seine Schwester zu seiner alleinigen Erbin, den Anzunehmenden zu seinem alleinigen Ersatzerben und die Tochter des Anzunehmenden als weitere Ersatzerbin eingesetzt. Die Schwester des Annehmenden ist zwischenzeitlich verstorben.

Das Amtsgericht hörte die Beteiligten zu 1 und 2 persönlich an. Mit Beschluss vom 25.4.2008 lehnte es die Adoption ab. Gegen diesen Beschluss legte der Beteiligte zu 2 Beschwerde ein. Das Landgericht hörte am 18.9.2008 die Beteiligten zu 1 und 2 persönlich an und wies die Beschwerde sodann mit Beschluss vom 9.10.2008 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die sittliche Rechtfertigung der Adoption sei zu verneinen, da nicht zweifelsfrei feststehe, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 bereits bestehe oder zu erwarten sei. Das Eltern-Kind-Verhältnis unter Erwachsenen werde wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand geprägt, wie ihn sich leibliche Eltern und Kinder typischerweise leisten. Erforderlich sei ein soziales Familienband, das seinem Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen ähnele und eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand einschließe. Die Adoption sei dann nicht sittlich gerechtfertigt, wenn die Absicht der Beteiligten von nicht familienbezogenen Motiven getragen sei. Solche dürften zwar eine Rolle spielen, dürften jedoch nicht das Hauptmotiv für eine Adoption darstellen. Auch nach Anhörung der Beteiligten zu 1 und 2 bestünden begründete Zweifel daran, dass zwischen diesen ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits begründet oder für die Zukunft zu erwarten sei. Die Beteiligten würden sich erst seit dem Jahre 2004 kennen und seien in der Folge ein dienstvertragliches Verhältnis eingegangen, aufgrund dessen der Anzunehmende den Annehmenden mit Pflegeleistungen versorge. Zwar sei das Verhältnis der Beteiligten zueinander von starker Sympathie getragen, der Annehmende habe bei der persönlichen Anhörung jedoch angegeben, dass er durch die Adoption den Anzunehmenden an sich binden möchte, um sich die bestehende, vom Annehmenden als "Glücksfall" empfundene Pflegesituation für die weitere Zukunft zu sichern und zu erhalten. Auch die Ersparnis der Erbschaftssteuer spiele bei der Entscheidung, die Adoption zu beantragen, eine Rolle, allerdings eine untergeordnete.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (vgl. BayObLG FamRZ 2005, 131). Ob die Annahme eines Volljährigen als Kind sittlich gerechtfertigt ist, ist Tat- und Rechtsfrage; die Feststellung der einzelnen Tatumstände ist dem Tatrichter vorbehalten. Ein familienbezogenes Motiv muss entscheidender Anlass für die Annahme sein. Spielen mehrere Motive eine Rolle, so muss das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv sein; das Vorliegen weiterer Motive schadet nicht, solange es sich nur um Nebenmotive handelt (vgl. BayObLGZ FamRZ 2005, 546).

Die Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen müssen positiv festgestellt we...

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