Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifikation vororganschaftlich verursachter Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen mit Wirkung ab VZ 2004. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 15/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nach § 14 Abs. 3 KStG (eingefügt durch EURLUmsG vom 3.12.2004) gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger.
  2. Die Qualifikation derartiger Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen durch Einführung von § 14 Abs. 3 KStG mit Wirkung ab VZ 2004 verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Weder ist eine sog. unechte Rückwirkung gegeben noch ist ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG zu bejahen.
 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 3; GG Art. 3

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 06.06.2013; Aktenzeichen I R 38/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Qualifikation vororganschaftlich verursachter Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen im Sinne von § 14 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften, EU-Richtlinienumsetzungsgesetz (EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (Bundesgesetzblatt I – BGBl – 2004, Seite 3330).

Die Klägerin ist ein ehemals gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen. Am 11. Juli 1990 schloss sie mit ihrer Muttergesellschaft, der X-AG einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag. Dieser Vertrag galt nach § 5 des Vertrages ab dem 1. Januar 1991 und konnte erstmals zum 31. Dezember 1995 mit einer Frist von drei Monate gekündigt werden, danach mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf eines jeden Jahres. Mittlerweile wurde der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zum 31. Dezember 2005 durch die X-AG gekündigt.

Die (ehemals) gemeinnützigen Wohnungsunternehmen durften nach dem Wegfall der früheren persönlichen Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG durch das Steuerreformgesetz 1990 beim Übergang in die Steuerpflicht in der letzten steuerlichen Schlussbilanz vor Eintritt in die Steuerpflicht gemäß § 13 Abs. 2 und 3 KStG ihre Wohnungsbestände auf die deutlich höheren Teilwerte aufstocken.

Das Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569) erweiterte § 13 Abs. 3 KStG um die Sätze 2 bis 10, die später um Satz 11 ergänzt wurden (Änderung des UmwStG vom 28. Oktober 1994, BGBl I 1994, 3267). Mit der Ergänzung des § 13 Abs. 3 EStG sollte insbesondere verhindert werden, dass Verluste aus der Wohnungsvermietung ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmer, soweit sie auf Abschreibungen von den hohen Teilwerten beruhen, von anderen Unternehmen berücksichtigt werden, mit denen sie konzernrechtlich verbunden sind (BT-Drs. 12/5016, S. 94).

Diese Regelungen gelten auch für einen Organträger, soweit diesem der Abschreibungsverlust oder der Mietgewinn des Wohnungsunternehmens zuzurechnen ist. Die Steuerbilanz der betroffenen Unternehmen wich dadurch von der Handelsbilanz ab, in der die Buchwerte fortgeführt wurden. Das sich aus der Höherbewertung der Wohnungsbestände in der Steuerbilanz ergebende steuerliche Mehrkapital war bei der Gliederung des vEK in dem Teilbetrag EK 02 auszuweisen. Die Regelung eröffnete damit den Wohnungsbaugesellschaften die Möglichkeit, ihre Steuerbilanzwerte durch die Aufdeckung stiller Reserven ohne steuerliche Folgen aufzustocken. Sie begünstigte die Wohnungsgesellschaften durch die Schaffung von zusätzlichem steuerlichen Abschreibungsvolumen bzw. durch die Verringerung von Veräußerungsgewinnen (vgl. dazu Pache in Hermann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rdnr. 100, 301).

In der steuerlichen Anfangsbilanz zum 1. Januar 1991 setzte die Klägerin die Wohnungsbestände abweichend von der Handelsbilanz mit den Teilwerten an. In der Gliederungsrechnung erfasste die Klägerin das hieraus resultierende steuerliche (Mehr-)Eigenkapital im EK 02. Aus den Ansatzdifferenzen ergaben sich bis zum streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum höhere Abschreibungen in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz. Der Ergebnisausweis in der Steuerbilanz war demgemäß niedriger als in der Handelsbilanz. Die aus dem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag rührende Verpflichtung der Klägerin zur Gewinnabführung richtete sich hingegen ausschließlich nach dem Ergebnis der Handelsbilanz. Die Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz führte deshalb zu einer das steuerbilanzielle Ergebnis übersteigenden Gewinnabführung.

Die Finanzverwaltung hatte derartige Mehrabführungen auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 10. Januar 1981 (BStBl I 1981, 44) bis Ende der achtziger Jahre als Gewinnabführung qualifiziert und nicht als Ausschüttungen besteuert. Abweichend zu der bis dahin geltenden Verwaltungsauffassung bestimmte Abschn. 59 Abs. 4 Satz 3 KStR 1995:

„Eine Mehrabführung ist steuerrechtlich als Gewinnausschüttung zu behandeln; die Ausschüttungsbelastung nach § 27 KStG ist herzustellen.

Im BMF-Schreiben vom 28. Oktober 1997 (BStBl I 1997, 939) bekräftigte...

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