rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigte Besteuerung von Abfindung bei Teilleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der außerordentlichen Einkünfte i. S. des § 34 EStG.
  2. Eine Zusammenballung i. S. des § 34 EStG ist zu verneinen, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen VZ gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.
  3. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn neben der Hauptleistungsentschädigung in späteren VZ aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden.
  4. Werden Zahlungen in drei VZ vorgenommen und sind die einzelnen Teilleistungen nicht geringfügig, so scheidet die ermäßigte Besteuerung einer Abfindung aus.
 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a

 

Streitjahr(e)

2009

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.06.2011; Aktenzeichen IX B 59/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der ermäßigten Besteuerung einer im Streitjahr gezahlten Abfindung zwei in den Vorjahren erhaltene weitere Leistungen entgegenstehen.

Der Kläger war nichtselbstständig bei der …- GmbH tätig. Aufgrund einer Betriebsstilllegung wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2006 beendet. Entsprechend den Vereinbarungen in einem Sozialplan bestand für den Kläger die Möglichkeit, zunächst für 12 Monate in der Transfergesellschaft 1 (TG1) und anschließend längstens für 42 Monate in der Transfergesellschaft 2 (TG2) tätig zu werden. Dem Kläger gelang es, bereits zum 1.11.2007 einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers bzw. die Transfergesellschaft leistete an den Kläger auf der Grundlage des Sozialplanes die folgenden Zahlungen:

2007: 13.814,87 Euro

2008: 2.000,00 Euro

2009: 139.307,32 Euro.

Der Betrag im Jahr 2008 wurde dabei als sog. Sprinterprämie für das vorzeitige Ausscheiden des Klägers aus der TG1 gezahlt (pro Monat 1.000 Euro).

Für das Streitjahr 2009 unterwarf der Beklagte die gezahlte Abfindung von 139.307 Euro der Regelbesteuerung. Er führte in den Erläuterungen zum Steuerbescheid aus, da die Entschädigungszahlung in drei Kalenderjahren zugeflossen sei, komme eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht in Betracht. Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Im Klageverfahren begehren die Kläger die ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung von 139.307 Euro. Sie führen aus, der erste Teilbetrag von 13.814 Euro sei aus Gründen der sozialen Fürsorge gezahlt worden, da der Kläger in der TG 1 mit 90 % seines Nettoeinkommens habe auskommen müssen. Der Arbeitgeber habe daher die dem Kläger zustehenden Beträge so schnell wie möglich auszahlen wollen. Im Verhältnis zu der Zahlung im Streitjahr 2009 stelle die erste Teilzahlung zudem mit 9 % nur einen geringfügigen Teilbetrag dar.

Die Sprinterprämie sei nicht als Abfindungsleistung zu qualifizieren und könne daher in die Wertung, ob eine nur geringfügige Teilleistung vorliege, nicht einbezogen werden.

Die Kläger beantragen,

den Betrag von 139.307 Euro ermäßigt nach § 34 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu versteuern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält daran fest, dass die Zahlung in drei Veranlagungszeiträumen der ermäßigten Besteuerung entgegensteht. Ergänzend führt er aus, dass der Kläger wahrscheinlich im Jahr 2012 noch eine weitere Teilabfindungszahlung erhalten werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die dem Kläger im Streitjahr zugeflossene Abfindungszahlung in Höhe von 139.307 Euro nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu versteuern.

1. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen in Betracht, die gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.

Eine Entschädigung liegt vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. September 2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349, m.w.N.).

Außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG werden in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558). Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt typischerweise vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jew...

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