Rn. 6

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Die WK-Pauschbeträge des § 9a EStG dürfen von steuerfreien Einnahmen (§§ 33c EStG) nicht abgesetzt werden (BFH BFH/NV 1988, 150). Erzielt der StPfl in Haupt- und Nebenberuf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, ist freilich bei den Einnahmen aus dem Hauptberuf der ArbN-Pauschbetrag auch dann ohne Kürzung in Ansatz zu bringen, wenn die Nebeneinkünfte ganz oder teilweise nach § 3 Nr 26 EStG steuerfrei sind (BFH BFH/NV 1988, 150; Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9a EStG Rz 11 (November 2023). Auf der anderen Seite zweifelt das FG BdW EFG 2020, 176 zu Recht an, ob einem StPfl, der zwei etwa gleichwertige nichtselbstständige Tätigkeiten ausübt, neben dem Steuerfreibetrag nach § 3 Nr 12 EStG (dort Tätigkeit als Ortsvorsteherin) der volle ArbN-Pauschbetrag zu gewähren ist.

Zur Berechnung des Progressionsvorbehalts sind steuerfreie Leistungen nach § 32b Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst j EStG nicht um den ArbN-Pauschbetrag zu vermindern, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit den Pauschbetrag übersteigende WK abgezogen wurden (BFH BStBl II 2015, 182 zu Elterngeld, dagegen Verfassungsbeschwerde 2 BvR 3057/14; auch s Rn 11).

§ 9a EStG sieht die sog Vollpauschalierung von WK vor. Daneben gibt es in § 9 EStG gesetzliche Pauschalen für bestimmte WK, zB

Die Geltendmachung höherer WK iSv § 9 EStG schließt im Grundsatz die Anwendung des § 9a EStG aus (s Rn 3 und Fissenewert in H/H/R, § 9a EStG Rz 8 (August 2023)).

Die in § 9a EStG festgelegten Pauschalen haben

  • nicht nur Bedeutung für die Ermittlung der Einkünfte iSv § 2 Abs 2 EStG,
  • sondern finden etwa auch bei der Bemessung der Opfergrenze bei Unterhaltszahlungen (§ 33a EStG, s BFH BStBl II 1998, 292)
  • und bei der Berechnung der eigenen Kindeseinkünfte beim Kindergeld (BFH BStBl II 2003, 759; BFH/NV 2005, 693 zu der ab 2012 weggefallenen Einkommensgrenze nach § 32 Abs 4 S 2 EStG und BFH BFH/NV 2013, 639 zur Berechnung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs) Anwendung,

aber auch außerhalb des Steuerrechts:

  • So hat zB § 9a S 1 Nr 1 Buchst a EStG Bedeutung bei der Anwendung des Ausbildungsförderrechts für die Berechnung des anzurechnenden Einkommens gemäß § 21 Abs 1 S 1 BAföG (VG Greifswald vom 23.09.2014, 2 A 109/14).
  • Der WK-Pauschbetrag gilt auch für die Berechnung des sozialversicherungsrechtlichen Netto-Erwerbseinkommens: Eine teilweise Befreiung von der Zuzahlungspflicht auf Antrag nach § 2 Abs 2 Zuzahlungsrichtlinien gemäß der Zuzahlungstabelle der Rentenversicherungsträger hat zu erfolgen, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen den tatsächlichen Netto-Einnahmen und einem fiktiv errechneten Übergangsgeld (§ 46 Abs 1 SGB IX) den Zuzahlungsbetrag nach § 32 Abs 1 S 1 SGB VI täglich nicht erreicht. Einkommenssteuerrechtlich relevante WK, die über den beim LSt-Abzug einzubehaltenden WK-Pauschbetrag hinausgehen, sind insoweit nicht zu berücksichtigen (Hess Landessozialgericht vom 26.10.2012, L 5 R 142/12).

Im Kindergeldrecht sind bei der Frage, ob ein Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG), ua die Einkünfte und Bezüge zu ermitteln. Im Rahmen dieser Einkünfteermittlung sind auch die Pauschbeträge nach § 9a EStG bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in Abzug zu bringen (s etwa FG Nds vom 03.09.2020, 1 K 129/17). Da im Kindergeldrecht das Monatsprinzip gilt, kommen die Pauschbeträge ggfs. nur anteilig zur Anwendung (FG Nds 03.09.2020 aaO; FG MV 28.1.2021, 3 K 126/20).

Die Pauschbeträge für behinderte Menschen, Hinterbliebene und Pflegepersonen (§ 33b EStG) werden uneingeschränkt neben dem ArbN-Pauschbetrag berücksichtigt.

§ 9a EStG ist nach § 8 Abs 1 KStG unter bestimmten Voraussetzungen auch auf unbeschränkt KStPfl anwendbar (Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9a EStG Rz 12 (xxx); Näheres – insbesondere zur alten Rechtslage – bei von Bornhaupt in K/S/M, § 9a EStG Rz A 38); die praktische Bedeutung war bzw ist aber gering (Fissenewert in H/H/R, § 9a EStG Rz 6 (August 2023)).

Der Pauschbetrag gemäß § 9a S 1 Nr 1 Buchst b EStG und außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG gelten nebeneinander (FG D'dorf vom 15.06.2020, EFG 2020, 1295, Rev hiergegen zurückgewiesen durch BFH BFH/NV 2023, 1344; auch s Rn 12).

Zu dem Verhältnis zu Verwaltungspauschalen für alle Erwerbsgruppen s Rn 40.

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